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Affenpocken: WHO arbeitet an Umbenennung


Nach Kritik von Forschern
Affenpocken sollen umbenannt werden

Von afp, dpa, jro

15.06.2022Lesedauer: 3 Min.
WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus: Vorschläge für neue Namen für das Virus sollten sobald wie möglich erfolgen.Vergrößern des Bildes
WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus: Vorschläge für neue Namen für das Virus sollten sobald wie möglich erfolgen. (Quelle: Denis Balibouse/reuters)
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Zu Unrecht wird der Ausbruch des Affenpockenvirus mit afrikanischen Ländern in Verbindung gebracht – das sagt eine Gruppe internationaler Forscher. Die WHO reagiert auf die Kritik.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) arbeitet daran, den Namen des Affenpockenvirus zu ändern. Vorschläge für neue Namen sollten so bald wie möglich erfolgen, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus am Dienstag vor Journalisten in Genf. Zuvor hatten 30 Wissenschaftler einen "nicht diskriminierenden" und "nicht stigmatisierenden" Namen gefordert.

Die WHO will zudem die Ausrufung eines internationalen Gesundheitsnotstands wegen der zunehmenden Verbreitung der Affenpocken prüfen. "Der Affenpocken-Ausbruch ist ungewöhnlich und beunruhigend", sagte Tedros.

Mensch-zu-Mensch-Übertragung untypisch für Virus

Auslöser der Namensdebatte war eine Veröffentlichung im Wissenschaftsforum "Virological". Darin kritisiert eine internationale Gruppe aus 30 Forschern vor allem die Unterteilung der bekannten Virusvarianten in ausschließlich zwei Abstammungslinien, eine "westafrikanische" und eine "zentralafrikanische".

Der gegenwärtige Ausbruch in europäischen Ländern könne jedoch nicht eindeutig auf Afrika zurückgeführt werden, argumentieren die Wissenschaftler, auch weil das Virus vorher kaum überwacht wurde. Zudem sei die gehäufte Übertragung von Mensch-zu-Mensch ein neuartiges Phänomen – untypisch für die älteren Varianten, die seit Jahrzehnten in afrikanischen Ländern auftreten.

Die Wissenschaftler schlagen deshalb vor, Varianten feingliedriger zu identifizieren und einen neuen Namen für das Virus einzuführen. Die Forscher sehen darin die Chance, "mit dem Namen Affenpocken und den historischen Assoziationen, die mit diesem Namen verbunden sind, zu brechen". Sie fordern die Medien dazu auf, in der Berichterstattung über den Ausbruch in europäischen Ländern nicht weiter Bilder von Infizierten auf dem afrikanischen Kontinent zu verwenden.

Irreführender Name – Virus vor allem unter Nagern verbreitet

Tatsächlich stehen die gegenwärtigen Bezeichnungen im Widerspruch zu den von der WHO schon 2015 formulierten Richtlinien zur "Benennung neuer menschlicher Infektionskrankheiten". Darin empfiehlt die WHO, weder Tierarten noch geografische Orte als Namensgeber zu verwenden.

Bis Mai waren das Virus und die Krankheit, beide sollen umbenannt werden, zwar fast ausschließlich aus Afrika bekannt, aber der Name war ohnehin schon irreführend: Das Virus wurde 1958 in Dänemark zwar erstmals bei Affen in einer Versuchsanstalt nachgewiesen. Allerdings dürfte es nach heutigen Erkenntnissen eher unter kleinen Nagetieren verbreitet sein. Die Affen gelten nur als Fehlwirt. In ihm ist eine Weiterentwicklung unmöglich und/oder von ihm aus kann der Erreger nicht von einem Endwirt aufgenommen werden.

WHO erwägt, "Gesundheitliche Notlage" auszurufen

Zur gegenwärtigen Infektionslage erklärte WHO-Chef Tedros, die Situation erfordere eine "koordinierte Reaktion" der gesamten Welt. Internationale Experten "werden uns helfen, das Virus besser zu verstehen". Die nun erwogene "Gesundheitliche Notlage mit internationaler Tragweite" – so der offizielle Begriff – wird laut WHO-Regularien bei einem "ernsten, plötzlichen, ungewöhnlichen und unerwarteten" Gesundheitsproblem ausgerufen, das sich in andere Länder ausbreiten kann. Mehr dazu lesen Sie hier.

Bisher wurden der WHO mehr als 1.600 Affenpocken-Fälle in 39 Ländern gemeldet. Darunter befinden sich 32 Länder, in denen es vor Mai keine bekannten Fälle gegeben hat. In diesen 32 Ländern gab es den Angaben zufolge bisher keinen durch die Krankheit ausgelösten Todesfall. In sieben weiteren afrikanischen Ländern, in denen seit Jahrzehnten Infektionen gemeldet werden, wurden bislang 72 Todesfälle registriert.

Deutschland erwartet 40.000 Dosen Pockenimpfstoff

Bei Affenpocken handelt es sich um eine weniger gefährliche Verwandte der seit etwa 40 Jahren ausgerotteten Pocken. Die Krankheit beginnt mit hohem Fieber und entwickelt sich schnell zu einem Hautausschlag mit Krustenbildung. Mehr zu den Symptomen lesen Sie hier.

Die Europäische Union sicherte sich bereits rund 110.000 Impfdosen gegen die Affenpocken. Das Vakzin ist für die Pocken zugelassen, soll aber auch gegen Affenpocken wirksam sein. Das Bundesgesundheitsministerium rechnet für Mittwoch mit einer Lieferung von 40.000 Dosen Pockenimpfstoff.

Die WHO veröffentlichte ihrerseits vorläufige Richtlinien für die Verabreichung von Impfstoffen gegen das Virus. Zum jetzigen Zeitpunkt empfiehlt sie demnach keine "Massenimpfung". Die Entscheidung, Impfstoffe zu verabreichen, müsse "auf der Grundlage einer Risiko-Nutzen-Bewertung von Fall zu Fall getroffen werden", erklärte die Organisation.

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