Forscher warnen Grönland-Eis schmilzt viel schneller als angenommen
400 Milliarden Tonnen Eis sind in Grönland innerhalb eines Jahres geschmolzen – viel mehr als bisher gedacht. Forscher fanden die Ursache fernab der riesigen Eisgletscher.
Das Grönland-Eis schmilzt viel schneller als angenommen: 400 Milliarden Tonnen hat die Eisdecke im Jahr 2012 verloren. Das ist viermal so viel wie noch bei Messungen rund zehn Jahre zuvor. Wissenschaftler der Universität in Ohio haben ihre Ergebnisse nun in einer Studie in dieser Woche veröffentlicht.
Dabei nahm das Forscherteam Satellitendaten eines gemeinsamen Projekts der Nasa und des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, sowie die Messwerte lokaler Klimastationen unter die Lupe. Das Ergebnis: In Grönland schmilzt das Eis viel dramatischer als bislang angenommen – und könnte so zum Hauptverursacher für steigende Meeresspiegel werden.
Grönland ist nach der Antarktis die zweitgrößte dauerhaft vereiste Fläche der Welt. Forscher untersuchten bislang hauptsächlich den Eisverlust an den großen Gletschern im Nordwesten und Südosten der Insel. Fotos von riesigen Gletschern, die ins Wasser brechen und dort langsam schmelzen, bestimmen die Medienberichterstattungen über Folgen des Klimawandels für die Region.
Schmelze bald auch ohne Wetterphänomene
Die Studie kommt nun aber zu der Erkenntnis, dass der bisher eher unbeachtete Südwesten des Landes erheblich zum Anstieg des Meeresspiegels beiträgt. Zwar gibt es dort kaum Gletscher, das Eis taut dafür im Inneren des Landes und fließt über Flüsse südwärts in den Ozean. Die Forscher befürchten, dass das Schmelzen der Eisschicht zum Teil bereits unumkehrbar ist. Das Schmelzwasser sorgt dabei nicht nur für einen höheren Meeresspiegel, sondern bringt auch die Strömungsverhältnisse im Ozean durcheinander. Die wiederum bestimmen das Klima in Europa.
Ausgelöst wird die Schmelze durch ein natürliches Wetterphänomen über dem Nordatlantik, die sogenannte "Nordatlantische Oszillation"(NAO). Dort herrscht ein ständiger Luftdruckausgleich zwischen der kalten Atlantikluft und dem Azorenhoch im Süden des Ozeans. Durch die steigende Erderwärmung werden dessen Auswirkungen dramatisch verschärft, so die Forscher.
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In einem oder zwei Jahrzehnten werde die globale Erwärmung auch ohne Hilfe des NAO zu Schmelzraten wie im Sommer 2012 führen, warnen die Wissenschaftler. Schmilzt das gesamte Eis auf Grönland, steigt der Meeresspiegel um bis zu sieben Meter.