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Papst Franziskus' Trauerfeier: ein Protest gegen die Selbstverliebtheit


Abschied von Franziskus
Ich glaube nicht an Gott, doch das hat mich beeindruckt


Aktualisiert am 26.04.2025 - 19:16 UhrLesedauer: 2 Min.
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Im Video: Donald Trump und seine Frau Melania bei der Trauerfeier von Papst Franziskus. (Quelle: t-online)
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In der heutigen Welt wirkt die Trauerfeier für Papst Franziskus wie ein Anachronismus. Doch das Schauspiel weckt ein viel zu oft vergessenes Gefühl.

Aus Rom berichtet Philipp Heinemann

Wir leben in einer Welt, die durch und durch technologisch ist. Eine Welt, in der besondere Augenblicke und Momente nicht mehr in der eigenen Erinnerung festgehalten werden, sondern auf Instagram oder TikTok.

In einer solchen Welt mag die Trauerfeier für Papst Franziskus wie ein Schauspiel vergangener Jahrhunderte wirken. Es mag auf den ersten Blick ein Anachronismus sein, wenn ältere Männer in Kirchengewändern auf Lateinisch beten und singen.

Wer aber das Glück hatte (und ich hatte es), in den vergangenen Tagen und Stunden in Rom zu sein, der fängt eher an zu zweifeln – und zwar an seinem Unglauben, an seiner Begeisterung für den Fortschritt und an die Sinnhaftigkeit der sich immer schneller drehenden Welt.

So suggestiv wie keine Politikerveranstaltung

Ich bin selbst vor etwa zwei Jahren aus der katholischen Kirche ausgetreten. Aus einem einfachen Grund: Ich glaube nicht an Gott. Und doch muss ich gestehen, nie zuvor etwas Beeindruckenderes erlebt zu haben als die Trauerfeier für Papst Franziskus in Rom.

Was sich auf dem Petersplatz abspielte, war mehr als eine Zeremonie voller festgefahrener Riten. Vor der grandiosen Fassade fand ein Spektakel statt, das so suggestiv war, dass Staatslenker vor Neid erblassen müssten, wenn sie an ihre kleinkarierten Amtseinführungen oder Reden in ordinären Sportarenen zurückdenken.

Es war ein stiller, kraftvoller Protest gegen die Hektik und die Oberflächlichkeit unserer Zeit. Gegen die Selbstbezogenheit. Gegen die Unbescheidenheit. Da verstummten sogar selbstverliebte Populisten wie Donald Trump, Viktor Orbán oder Javier Milei. Und wenn sie noch einen Funken Verstand besitzen, dann keimte vielleicht auch in ihnen ein kleiner Gedanke, der die eigene Wichtigkeit infrage stellt.

Denn es ging – so habe ich es zumindest wahrgenommen, und die Gesichter der Menschen um mich herum auf der Via della Conciliazione vor dem Petersdom deuteten an, dass viele Ähnliches zu denken – nicht darum, die Macht der katholischen Kirche zu demonstrieren. Oder die Weisheit des verstorbenen Papstes. Die Atmosphäre vor Ort erzeugte ein Gefühl: Demut.

Wen stellen wir in den Mittelpunkt?

Ab und an sollten wir uns doch bewusst werden, dass wir nur kleine Lebewesen auf einem winzigen Planeten im riesigen Universum sind. Und dass es dort vielleicht doch mehr gibt als Himmelskörper, die wir mit unseren Raketen, Satelliten und Raumstationen erforschen. Vielleicht meinte Papst Franziskus dieses Gefühl, als er im vorigen Jahr in einer Predigt sagte: "Demut ist alles. Sie bewahrt uns vor dem Bösen und vor der Gefahr, seine Komplizen zu werden."

Man kann über die katholische Kirche denken, was man will – und es gibt gute Gründe für Kritik, auch für Kritik am verstorbenen Papst. Aber hier habe ich gespürt, was in unserer ichbezogenen Welt aus Selfies, Posts und Selbstdarstellung so oft verloren geht: Wer bin ich, dass ich mich so oft in den Mittelpunkt stelle und nicht andere? Das ist die Lektion, die ich von Franziskus erhalten habe.

Verwendete Quellen
  • Eigene Meinung und Beobachtungen
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