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Richard David Precht rechtfertigt Aussagen über Annalena Baerbock


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Nach Angriff auf Baerbock
Precht: "Wieso dürfen Männer keine Frauen kritisieren?"


Aktualisiert am 28.04.2023Lesedauer: 4 Min.
Annalena Baerbock: Die Außenministerin ist viel in der Welt unterwegs.Vergrößern des Bildes
Annalena Baerbock: Die Außenministerin wählt gegenüber Russland und China oft deutliche Worte. (Quelle: IMAGO/Florian Gaertner)

Richard David Precht verteidigt in der aktuellen Podcast-Folge von "Lanz & Precht" seinen Angriff auf Außenministerin Baerbock. Der Fernsehphilosoph fühlt sich missverstanden.

Der Philosoph Richard David Precht hat in dem aktuellen Podcast "Lanz & Precht" (Ausgabe 86) seine Äußerungen über Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) relativiert. "Besteht das Gebot der Stunde nicht darin, in einer ohnehin aufgeheizten Weltlage so stark wie möglich zu deeskalieren und weitere Konfrontationen zu vermeiden?", fragte Precht im Gespräch mit dem TV-Moderator Markus Lanz.

Er störe sich vor allem an der Sprache Baerbocks. "Ich glaube, dass wir da viel falsch machen, und daher ist meine Kritik und die eine oder andere flapsige Bemerkung gekommen", erklärte er weiter. "Letztlich geht es mir nicht um die Person Annalena Baerbock, die ich in meinem Leben nie getroffen habe."

Precht hatte sich in dem Podcast vergangene Woche mit deutlichen Worten über Baerbock geäußert und war damit in die Kritik geraten. Er hatte gesagt: "Dann habe ich das Gefühl, also, wenn ich ganz ehrlich sein darf, dass ich immer denke, was für ein Unfall, dass diese Frau Außenministerin geworden ist. Die hätte doch unter normalen Bedingungen im Auswärtigen Amt nicht mal ein Praktikum gekriegt", sagte der Philosoph. "Da ist diese gerade mal etwas über 40-jährige junge Frau, die in ihrem Leben noch nichts geleistet hat, und droht diesem Land (Anm. d. Red.: China), das 600 Millionen Menschen aus der Armut rausgeholt hat." Das einzige, was an ihr grün sei, sei die "Farbe hinter ihren Ohren".

Die Entrüstung in den sozialen Medien war groß, viele warfen Precht Sexismus vor. In der aktuellen Folge des Podcasts sind Precht und Lanz um Erklärungen bemüht. Doch Einsicht für die Kritik gibt es nicht.

"Als Außenministerin kann man kaum grüne Politik machen"

"Es gibt viele Minister, die nicht hochgradig fachlich qualifiziert sind. Die Frage ist nur, ob es beim Auswärtigen Amt nicht gut wäre, grundsätzlich jemanden mit größerer diplomatischer Erfahrung zu haben", so Precht im aktuellen Podcast, der am Freitag erschien. Baerbock ist Politikwissenschaftlerin mit einem Abschluss in Völkerrecht.

Als Beispiel für einen "ausgezeichneten Außenminister" nennt Precht Frank-Walter Steinmeier. "Ich finde es schade, dass die Fertigkeit des diplomatischen Sprechens keine wichtige Qualifikation mehr ist." Precht sagt zwar auch, dass das Amt der Außenministerin sehr fordernd ist und dass Fehler passieren könnten. Er wünsche sich aber Politiker wie Steinmeier oder Hans-Dietrich Genscher als Außenminister, denen solche Fehler seiner Ansicht nach nicht passieren würden.

Precht hält es generell für falsch, dass die Grünen in der aktuellen Regierung das Auswärtige Amt übernommen haben. "Als Außenministerin kann man kaum grüne Politik machen. Vor allem keine Umweltpolitik, dem Markenkern der Grünen." Lanz sagt daraufhin, Baerbock habe das Ministerium aufgrund der Beliebtheitswerte gewollt. Außenminister sind in der Bevölkerung oft beliebt, auch die Grünen-Politikerin hat hohe Zustimmungswerte.

Dabei wog in den Koalitionsverhandlungen der Ampel für die Grünen vor allem das Argument schwer, dass die Klimakrise international bekämpft werden müsse. Deshalb erweiterte Baerbock das Auswärtige Amt um das Themenfeld der Klimaaußenpolitik. Das aber diskutierten Lanz und Precht nicht.

Precht kritisiert Baerbocks China-Äußerungen

Precht wiederholte zudem seine Kritik an der in seinen Augen "undiplomatischen Sprache" Baerbocks. "Wir befinden uns im Krieg mit Russland", hatte die Außenministerin im Januar in einer Fragerunde in Straßburg gesagt. Laut dem Philosophen hätte Russland das als "indirekte Kriegserklärung" auffassen können. Völkerrechtlich gesehen war Baerbocks Aussage keine Kriegserklärung, und Lanz intervenierte an dieser Stelle. "Du weißt, dass die russische Propaganda das nimmt. Es ist ein gefundenes Fressen“, sagte der ZDF-Moderator.

Baerbock hatte ihre Aussage im Nachgang selbst relativiert. Zwar sind sich die Außenministerin und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nicht immer einig, etwa im Ton gegenüber Wladimir Putin oder im Dialog mit China – Precht fordert allgemein eine gemäßigtere Sprache gegenüber diesen Staaten. Im Angesicht des russischen Angriffskrieges in der Ukraine sind die moderate Sprache von Scholz und eine offensivere Dialektik von Baerbock auch zwei Seiten einer Medaille.

Auch die Formulierung "strategischer Rivale" in Bezug auf Peking ist keine Erfindung von Baerbock – wie Precht es suggeriert –, sondern das Ergebnis von Absprachen innerhalb des transatlantischen Bündnisses. Aber an diesen Stellen bleibt das Gespräch zwischen Lanz und Precht oberflächlich.

"Weil er ein alter weißer Mann ist"

Die beiden Podcast-Kollegen wehren sich außerdem gegen den Vorwurf, dass die Kritik von Precht an Baerbock sexistisch gewesen sei. Die SPD-Politikerin Sawsan Chebli hatte etwa über den Philosophen geschrieben: "Er ist ein eitler Mann, der nach Aufmerksamkeit sucht und es scheinbar nicht erträgt, dass eine starke Frau mit klarem Profil deutsche Außenministerin ist."

Precht kontert mit dem Argument, dass er früher auch die Sprache Steinmeiers als die eines "Ersatzpapstes" kritisiert habe. "Darüber hat sich niemand aufgeregt, weil er ein alter weißer Mann ist", sagte Precht. Einen alten weißen Mann könne man schon ein wenig angehen. "So", stimmte Lanz zu. "Du hast doch nicht Annalena Baerbock als Frau kritisiert." Precht schloß die Frage an: "Wieso dürfen Männer keine Frauen kritisieren?"

Aber das ist für viele Kritikerinnen und Kritiker wahrscheinlich nicht der Punkt. Precht habe mit seinen Aussagen die Denkweise der Menschen bedient, die Frauen in hohen Positionen wie Baerbock im Netz als "Frauchen" oder "Annalenchen" bezeichnen, schrieb etwa die Journalistin Nicole Diekmann in ihrer Kolumne für t-online.

Damit hat Precht vor allem bei vielen Frauen ins Wespennest gestochen, denen oft mit Respektlosigkeit begegnet wird, wie auf Twitter unter dem Hashtag #Precht zu lesen ist. Als Antwort darauf bringt der Philosoph ein Argument, welches eigentlich keines ist: Seine Mutter sei eine Feministin der ersten Stunde.

Verwendete Quellen
  • Podcast "Lanz & Precht": Ausgaben 85 und 86
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