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Werden wir Papst? Die deutschen Chancen auf den Papstthron


Nachfolger für Franziskus
Werden wir Papst? Die deutschen Chancen auf den Papstthron


Aktualisiert am 09.03.2025 - 11:35 UhrLesedauer: 4 Min.
Gerhard Ludwig Müller: Er ist der einzige deutsche Kardinal, den Papst Franziskus berufen hat. Hat er Chancen auf den Papstthron?Vergrößern des Bildes
Gerhard Ludwig Müller: Er ist der einzige deutsche Kardinal, den Papst Franziskus berufen hat. Hat er Chancen auf den Papstthron? (Quelle: imago stock&people/imago-images-bilder)
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Ein geschwächter Papst und eine Kirche im Umbruch – die Diskussion um die Zukunft des Vatikans nimmt Fahrt auf. Welche Chancen hätten deutsche Kardinäle, Franziskus nachzufolgen? Experten geben Antworten.

Seit drei Wochen wird Papst Franziskus, das Oberhaupt der katholischen Kirche, in der Gemelli-Klinik in Rom behandelt. Er leidet an einer beidseitigen Lungenentzündung. Sein gesundheitlicher Zustand befeuert die Spekulationen darüber, ob Rom möglicherweise bald eine Papstwahl bevorstehen könnte. Sei es aus dem Grund, dass der Papst zurücktritt oder es zum Schlimmsten kommt und Papst Franziskus verstirbt.

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Es war der deutsche Papst Benedikt XVI., der 2013 den Präzedenzfall mit seinem Rücktritt geschaffen hatte. In der Geschichte der katholischen Kirche war zuvor erst ein einziger Papst zurückgetreten: 1294 hatte Coelestin V. aus freien Stücken abgedankt – und war nach der Leseart einiger Forscher hierfür von Dante in die Hölle verbannt worden.

Nun stellt sich die katholische Welt die Frage, ob demnächst erneut ein deutscher Papst auf dem Stuhl Petri sitzen könnte.

Die sechs deutschen Kardinäle

Insgesamt gibt es derzeit sechs deutsche Kardinäle: Kardinal Walter Brandmüller, Kardinal Walter Kasper, Kardinal Friedrich Wetter, Kardinal Reinhard Marx, Kardinal Gerhard Ludwig Müller und Kardinal Rainer Maria Woelki. Es gibt zwar keine Vorschrift, dass der Papst aus dem Kardinalskollegium gewählt werden muss. Doch seit Urban VI. im Jahre 1378 wurde niemand mehr zum Papst gewählt, der nicht Kardinal war.

Die ersten drei genannten Kardinäle sind jedoch bereits über 90 Jahre alt. Somit sind sie bei einem Konklave nicht mehr stimmberechtigt.

Die Rolle des Alters bei einer Papstwahl

Für das Papstamt gibt es keine offizielle Altersgrenze, dennoch spielt das Alter bei der Wahl eine wichtige Rolle. Der Papst sollte weder zu alt noch zu jung sein. "Es gibt Kardinäle, die meinen, der nächste Papst sollte langfristig eine Strategie entwickeln. Andere wollen sich nicht zu lange festlegen. Deshalb ist die Altersfrage ein zweischneidiges Schwert", erklärt Vatikan-Experte Andreas Englisch im Gespräch mit t-online. "Johannes Paul II. war bei seiner Wahl sehr jung – aber das war eine klare politische Entscheidung, um die Sowjetunion maximal zu provozieren."

Paul II. wurde 1978 zum Papst gewählt. Damals war er 58 Jahre alt. Er war der erste Pole auf dem Papstthron und der erste Nicht-Italiener seit 456 Jahren. Ihm wird eine maßgebliche Rolle bei der Beendigung des Sozialismus in seinem Heimatland zugeschrieben.

"Niemand hat erwartet, dass er über zehn Jahre regieren würde"

Nachdem sein Nachfolger Benedikt XVI. zurückgetreten war, entschieden sich die Kardinäle bei der Wahl 2013 für den ersten Lateinamerikaner auf dem Stuhl Petri. Auch dieses Mal spielte das Alter eine Rolle: "Beim letzten Konklave wurde Franziskus gewählt – mit 76 Jahren. Damals dachten viele, seine Amtszeit würde nur kurz sein. Niemand hat erwartet, dass er über zehn Jahre regieren und die Kirche derart umkrempeln würde", erklärt Englisch.

Mit 76 galt Franziskus schon als ein betagter Kandidat. Dass ein über 90-Jähriger gewählt werden könnte, gilt unter Experten als ausgeschlossen. Unter dieser Altersgrenze finden sich unter den deutschen Kardinälen nur noch drei Männer: Kardinal Reinhard Marx, Kardinal Gerhard Ludwig Müller und Kardinal Rainer Maria Woelki.

Doch diese drei Kardinäle haben nach Ansicht des Vatikan-Experten Englisch keine Aussichten auf das Amt. Aus dem deutschsprachigen Raum sieht er nur bei Kardinal Christoph Schönborn Potenzial, aber seine Kandidatur steht nicht mehr zur Debatte. "Schönborn wäre ein möglicher Kandidat gewesen – er galt lange als einer der einflussreichsten Kardinäle, nicht nur im deutschsprachigen Raum, sondern auch international, sogar in Japan. Über Jahre hinweg war er ein regelrechter Star in der Kirchenhierarchie. Aber er ist schlicht zu alt, inzwischen im Ruhestand. Hätte er noch im Rennen sein können? Ohne Zweifel. Doch diese Möglichkeit ist nun vorbei", so Englisch.

Kardinal Schönborn war von 1995 bis 2025 Erzbischof von Wien. Am 22. Januar 2025 hatte Papst Franziskus sein Rücktrittsangebot als Erzbischof von Wien angenommen.

Video | Hier schlummern die Geheimnisse des Vatikan
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Quelle: t-online

"Deutschland steht aktuell nicht im Fokus"

Auch der Vatikanexperte Marco Politi sieht in keinem der deutschen Kardinäle einen vielversprechenden Kandidaten. "Kardinal Woelki hatte große Schwierigkeiten innerhalb Deutschlands, insbesondere wegen seines Umgangs mit Missbrauchsfällen. Er gilt als konservativ und steht den Reformen von Papst Franziskus skeptisch gegenüber", erklärt er die Lage im Gespräch mit t-online.

Auch der Name von Marx falle im Vatikan kaum noch. "Nicht wegen mangelnder Qualifikation – er ist sowohl reformorientiert als auch wirtschaftlich versiert und leitet den Wirtschaftsausschuss im Vatikan", betont der Autor, der erst kürzlich das Buch "Der Unvollendete. Franziskus' Erbe und der Kampf um seine Nachfolge" veröffentlicht hat. "Aber Deutschland steht aktuell nicht im Fokus. Man hatte mit Benedikt XVI. bereits einen deutschen Papst. Jetzt liegt die Aufmerksamkeit eher auf Europa oder Italien", so Politi, der als einer der renommiertesten Vatikanexperten gilt und über 50 Jahre hinweg die Pontifikate von Paul VI. bis Franziskus begleitet hat.

"Der Unvollendete"
"Der Unvollendete" (Quelle: Verlag Herder)

"Der Unvollendete. Franziskus' Erbe und der Kampf um seine Nachfolge"

"Es knirscht im Gebälk der Welt. Auch im Gebälk der katholischen Kirche knirscht es." Das neue Buch von Bestsellerautor Marco Politi voller Insider-Infos zum schwelenden Konflikt im Vatikan.

Kardinal Müller in der Opposition

Der einzige deutsche Kardinal, den man als "papibili" – also buchstäblich als papstfähig – bezeichnen könnte, sei Müller. "Das Paradoxe ist, dass der einzige deutsche Kardinal, den Papst Franziskus ernannt hat, Kardinal Ludwig Müller ist – ein ausgesprochener Kritiker der päpstlichen Reformen", sagt Politi. Papst Franziskus habe Müller als Präfekt der Glaubenskongregation eingesetzt, aber bereits nach fünf Jahren entlassen – "in einer kurzen Audienz, die überraschend endete".

Müller sei schon früh in die Opposition zum Papst geraten. "Er hält Franziskus für zu autoritär und lehnt seine zentralen Reformen ab: die Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene, die Segnung homosexueller Paare, die Debatte über das Frauen-Diakonat oder die Weihe verheirateter Männer zu Priestern."

"Sicher ist nur, dass es keinen Franziskus II. geben wird"

Im Vatikan herrsche zwar ein "erbitterter Bürgerkrieg" zwischen konservativen und reformistischen Kräften, sagt Politi, doch die Ultrakonservativen seien nicht in der Mehrheit. Der Ausgang eines möglichen Konklaves sei unberechenbar. "Sicher ist nur, dass es keinen Franziskus II. geben wird. Man sucht eher nach einem Kompromisskandidaten, der die Reformen nicht stoppt, aber vorsichtig weiterführt. Die ultrakonservativen Kardinäle machen etwa 30 Prozent aus, die Reformer 20–25. Die restlichen 40–50 Prozent sind eine breite Mitte."

Diese Mitte fürchte vor allem eine Protestantisierung der Kirche. "Sie sieht, dass Reformkirchen wie die der Anglikaner trotz modernerer Strukturen leer bleiben. Diese Mitte wird im nächsten Konklave entscheidend sein", so die Prognose von Politi.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Andreas Englisch
  • Gespräch mit Marco Politi

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