NS-Verbrechen Verurteilte KZ-Sekretärin Irmgard F. mit 99 Jahren gestorben

Als 96-Jährige kam Irmgard F. wegen Beihilfe zum Massenmord vor Gericht. Das Urteil des Landgerichts Itzehoe wurde im vergangenen Jahr rechtskräftig. Nun ist die frühere Sekretärin tot.
Die wegen Beihilfe zum Massenmord verurteilte frühere KZ-Sekretärin Irmgard F. ist tot. Sie starb bereits am 14. Januar im Alter von 99 Jahren, bestätigte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Itzehoe. Zuvor hatten mehrere Medien über ihren Tod berichtet.
Im Dezember 2022 hatte das Landgericht Itzehoe die mittlerweile Verstorbene wegen Beihilfe zum Mord in 10.505 Fällen und dazu noch in fünf Fällen des versuchten Mordes zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Dieses Urteil wurde im August vergangenen Jahres vom Bundesgerichtshof bestätigt.
Stenotypistin im KZ Stutthof bei Danzig
Der Prozess gegen Irmgard F., der im Herbst 2021 beginnen sollte, verzögerte sich zunächst, da sie vor dem ersten Termin aus ihrem Seniorenheim nach Hamburg geflüchtet war. Das Gericht ließ die damals 96-Jährige daraufhin für fünf Tage in Untersuchungshaft nehmen.
Zwischen Juni 1943 und April 1945 arbeitete Irmgard F. als junge Frau im Alter von 18 bis 19 Jahren als Stenotypistin in der Kommandantur des Konzentrationslagers Stutthof bei Danzig. Nach Überzeugung der Gerichte ging fast die gesamte Korrespondenz des Lagers über ihren Schreibtisch. Sie galt außerdem als enge Vertraute des Lagerkommandanten Paul Werner Hoppe.
Irmgard F. wurde vorgeworfen, durch ihre Arbeit zur Tötung der Häftlinge beigetragen zu haben, sei es durch lebensfeindliche Bedingungen im Lager, Todestransporte oder Hinrichtungen in Gaskammern. Laut dem Dokumentationszentrum Arolsen Archives waren während der Zeit des Konzentrationslagers Stutthof und seiner 39 Außenlager etwa 110.000 Menschen aus 28 Ländern inhaftiert worden; fast 65.000 überlebten dies nicht.
Hilfe bei der systematischen Tötung von Inhaftierten
Durch ihre Tätigkeit habe sie den Verantwortlichen des Lagers bei der systematischen Tötung von Inhaftierten Hilfe geleistet, so die Gerichte weiter. Auch unterstützende Tätigkeiten könnten rechtlich als Beihilfe zum Mord angesehen werden. Irmgard F. habe durch ihre Dienstbereitschaft sowohl physische als auch psychische Beihilfe geleitet, erklärte der Bundesgerichtshof.
Die Bundesrichter stellten fest, dass Irmgard F., basierend auf den Erkenntnissen des Landgerichts Itzehoe, sehr genau über das Geschehen im Lager informiert gewesen sei: Von ihrem Arbeitsplatz aus konnte sie einen Teil des Geländes überschauen, den Schornstein des Krematoriums sehen und war sich über den elenden Zustand der Gefangenen bewusst.
Bereits zu Beginn ihrer Tätigkeit habe die Sekretärin erkannt, dass die Haupttäter um Lagerkommandant Hoppe verbrecherisch handelten. Durch ihre treuen Dienste habe sie sich mit ihnen solidarisiert und somit neutralisierte sie nicht mehr nur administrative Aufgaben, sondern trug aktiv zur Aufrechterhaltung dieses unmenschlichen Systems bei.
- Nachrichtenagentur dpa
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