Jahrhundert-Raub im Grünen Gewölbe Auf diese Schätze hatten es die Diebe in Dresden abgesehen
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Von Diebesgut von unschätzbarem Wert ist die Rede: Die Verantwortlichen in Dresden bangen nach dem Einbruch in das Grüne Gewölbe um einzigartige Kunstschätze. Versichert sind die Stücke nicht.
Es sind Juwelen, die in der Fachwelt so bekannt sind, dass sie als absolut unverkäuflich gelten. Beim spektakulären Jahrhundert-Einbruch in die Dresdener Schatzkammer hatten es die Täter auf Juwelengarnituren vom ersten König von Sachsen abgesehen. Die Ensembles aus Knöpfen, Schnallen, Hutzier, Orden, Achselschleifen oder Stockknöpfen sind mit Brillanten, Diamanten, Rubinen, Smaragden oder Saphiren besetzt.
Doch was haben die Einbrecher damit vor? Droht nun, dass die einzigartigen Schmuckstücke zerlegt werden, um Steine einzeln zu verkaufen? In den Kunstwerken stecken Tausende Diamanten und andere Edelsteine, es geht um massives Gold und Silber. "Es wäre eine schreckliche Vorstellung", sagte die Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Marion Ackermann. Die Kunsthistoriker fürchten, die Diebe oder deren Auftraggeber könnten aus Einzelteilen Geld machen wollen.
Dirk Syndram, Direktor des Grünen Gewölbes, sagt: "Was wir haben, ist ein unschätzbarer kultureller Wert, eine Art Weltkulturerbe. Es gibt nirgendwo in einer anderen Sammlung in Europa eine Juwelengarnitur, die in dieser Qualität erhalten wurde." Es gebe keinen vergleichbaren Diebstahl. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer erklärte, ohne das Grüne Gewölbe könne man Sachsens Geschichte nicht verstehen: "Die Werte, die hier zu finden sind, wurden von den Menschen in unserem Freistaat über viele Jahrhunderte hart erarbeitet."
Die Museumsexperten wollen keine Zahlen nennen, welchen Wert die Sammlung hat. "Können wir nicht, weil es unverkäuflich ist", sagt Ackermann. Von einem Schaden in Höhe von einer Milliarde Euro sprechen Medien. Versichert ist das Museum nicht. "Der Freistaat versichert seine Werke nicht selbst", so Ackermann. Werden die Juwelen nicht wiedergefunden, bleibt die Staatliche Kunstsammlung auf dem Verlust sitzen.
Die Generaldirektorin will jetzt, dass alle Welt sieht, was die Täter aus dem Grünen Gewölbe entwendet haben. "Es ist uns wichtig, dass das Bewusstsein dafür da ist und diese Stücke nicht in den Handel gehen können." Doch als die Pressekonferenz mittags acht Stunden nach der Tat lief, wusste sie noch gar nicht, was alles fehlt. "Es hat keiner von uns die Situation sichern können." Damit die Spurensicherung ihrer Arbeit nachgehen konnte, konnte das Museum zunächst gar keine Bestandsaufnahme machen. Am Abend war zumindest klar: "Zum Glück ist nicht alles von diesen drei Ensembles mitgenommen worden." Es seien "doch eine ganze Menge Objekte noch da", so Ackermann
Eine Vitrine hatten die Täter morgens gegen 5 Uhr zerstört, Aufbewahrungsort von rund hundert Schmuckstücken. Bilder einer Überwachungskamera zeigen die Täter bei ihrem Werk. Doch was war in der Vitrine?
Im Museum liegt der größte blaue Saphir der Welt
Jeweils 37 Teile zweier Garnituren hatten unter dem Sicherheitsglas gelegen, 20 Teile einer anderen Garnitur. In dem Museum gibt es zehn erhaltene Juwelengarnituren von Friedrich August I. (August der Starke). Zu ihnen gehört der mit 541 Karat größte blaue Saphir der Welt.
Im Museum lagern viele einzigartige Stücke: Für den von 1701 bis 1708 geschaffenen "Hofstaat zu Delhi am Geburtstag des Großmoguls Aureng-Zeb" wurden auf einem Quadratmeter 4.909 Diamanten verarbeitet, 160 Rubine, 164 Smaragden, ein Saphir und 16 Perlen. Das Stück gilt als Hauptwerk europäischer Juwelierkunst des Barocks. 132 filigrane Figuren und 32 Geschenk-Gegenstände in emailliertem Gold sind dort arrangiert.
Im Museum steht etwa auch der "Mohr mit Smaragdstufe", eine 58 Zentimeter hohe Statue eines jungen Mannes aus dem Jahr 1723. Unter den mit Edelsteinen besetzten Prunkschalen ist das 1704 geschaffene "Bad der Diana" die prächtigste. Die aus Elfenbein geschnitzte Göttin der Jagd sitzt am hinteren Ende einer Schale aus Chalzedon, die reich mit Gold, Silber, Diamanten, Perlen und Email verziert ist. Zu den Berühmtheiten im Grünen Gewölbe gehört aber etwa auch ein Kirschkern. Der Kirschkern mit "185 geschnitzten Köpfen", ist eine weltberühmte Miniaturschnitzerei, ein Schmuckanhänger aus dem 16. Jahrhundert.
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Sachsens Kurfürst August der Starke (1670–1733) ließ die Schatzkammer zwischen 1723 und 1730 anlegen. Heute wird sie in zwei Abteilungen präsentiert. Der historische Teil befindet sich im Erdgeschoss des Residenzschlosses in den authentisch wiederhergestellten Räume der Sammlung. Eine Etage weiter oben zeigt das Neue Grüne Gewölbe besondere Einzelstücke.
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa