Kommt jetzt der "Orkxit"? Schottische Inseln erwägen Unabhängigkeit von Großbritannien
Auf den Orkney-Inseln wird über eine mögliche Unabhängigkeit von Großbritannien diskutiert. Es soll entschieden werden, ob man künftig zu Norwegen gehören könnte.
Auf den Orkney-Inseln vor der Nordküste Schottlands gibt es Rufe nach einer möglichen Loslösung von Großbritannien. Nun wird den Mitgliedern des Gemeinderats der Insel ein Antrag zur Untersuchung "alternativer Regierungsformen" vorgelegt. Als eine mögliche Lösung gilt, ein selbstverwaltetes Gebiet Norwegens zu werden. Die Färöer-Inseln, die ein selbstverwaltetes Territorium Dänemarks sind, dienen dabei als Vorbild.
Kommt der "Orkxit"?
Gemeindevorsteher James Stockan betonte im Gespräch mit BBC Radio Scotland die historisch engen Beziehungen zu dem skandinavischen Land. Britische Medien sprachen am späten Sonntagabend – in Anlehnung an den Brexit getauften EU-Austritt Großbritanniens – von einem möglichen "Orkxit" im Nordatlantik.
Die Forderung kommt aufgrund von Problemen mit der Finanzierung durch die britische und schottische Regierung. Die sei nicht fair, so Stockan in der BBC. Man habe zu kämpfen, etwa weil die gesamte Fährenflotte erneuert werden müsste. Die Inselgruppe fühle sich von den Regierungen in London und Edinburgh betrogen. Die finanziellen Zuwendungen seien deutlich geringer als auf den weiter nördlich gelegenen Shetlandinseln oder den Äußeren Hebriden im Westen von Schottland. "Wir können so nicht weitermachen", so Stockan.
2017 wurde über eine mögliche Selbstverwaltung abgestimmt
Das Orkney-Archipel, das aus etwa 70 Inseln besteht, ist seit 1472 ein Teil von Schottland. Die Inselgruppe direkt über der Nordspitze des schottischen Festlands wurde als Sicherheit für die Mitgift bei der Hochzeit der dänischen Königin Margarethe mit dem schottischen König James III. an Schottland verpfändet.
"Auf der Straße in Orkney fragen mich die Leute, wann wir die Mitgift zurückgeben, wann wir wieder zu Norwegen gehören", sagte Stockan. Es gebe eine große kulturelle Verbindung mit den nordischen Ländern. Es leben rund 22.000 Menschen auf den Orkneys.
Mögliche Regierungsformen seien auch ein Kronbesitz wie etwa die Inseln im Ärmelkanal, die über eigene Gesetze verfügen und direkt der britischen Krone unterstehen, oder ein Überseegebiet wie Gibraltar oder die Falklandinseln.
Stockan: Wollen beste Position für künftige Generationen finden
Der Gemeinderat soll an diesem Dienstag über den Antrag diskutieren, der keine konkrete Lösung festlegt. Stockan forderte die Ratsmitglieder auf, seine Idee zu unterstützen, um mehr finanzielle Sicherheit und wirtschaftliche Möglichkeiten für die Bewohner der Inseln zu schaffen. Gleichzeitig warnte er, dass es viel Personalaufwand brauche, um die verschiedene Optionen zu prüfen und die Öffentlichkeit zu konsultieren. "Der Rat wird entscheiden, ob er diesen Antrag unterstützt, und dann werden wir uns Zeit nehmen, denn wir wollen das nicht emotional angehen", sagte er. "Wir wollen die beste Position für künftige Generationen und unseren Platz in der Welt finden."
Erst 2017 hatte der Rat der Orkney-Inseln in einer Abstimmung eine "stärkere Stimme" gefordert, jedoch nicht die vollständige Unabhängigkeit von Großbritannien befürwortet.
- bbc.com.uk: "Orkney council to look at proposals to become territory of Norway" (englisch)
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa