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Krieg mit Russland: Hoffnung für die Ukraine


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Tagesanbruch
Hoffnung für die Ukraine

  • Peter Schink
MeinungVon Peter Schink

Aktualisiert am 16.03.2022Lesedauer: 4 Min.
Sonnenblumenfeld in der WestukraineVergrößern des Bildes
Sonnenblumenfeld in der Westukraine. (Quelle: imago-images-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

was für ein Satz: "Ich denke, wir sollten bis Mai, Anfang Mai, ein Friedensabkommen haben." Gesagt hat ihn der ukrainische Präsidentenberater Olexii Arestowitsch, in einem landesweit von mehreren TV-Sendern ausgestrahlten Video. Als ich das diese Woche beim Frühstück las, war ich sofort wieder mittendrin. Woher nimmt der Mann diese Zuversicht? Warum hält die ukrainische Regierung solche Sätze für zielführend? Haben die Informationen, die wir nicht haben? Oder soll die Aussage Druck auf die Verhandlungen mit Russland ausüben?

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Solche Fragen sind müßig. Was genau Arestowitsch damit bezweckt, bleibt im Unklaren. Nur das Offensichtliche scheint hervor: Anfang Mai wäre in sieben Wochen, und das weckt Hoffnung auf ein Ende des Sterbens. Die Zuversicht ist, was die Ukraine aufrecht hält. Was die Menschen dort dazu bringt, nicht aufzugeben. Das ganze Land lebt und kämpft mithilfe der Hoffnung. Da sind solche Sätze, so wenig glaubwürdig sie derzeit auch erscheinen, lebensnotwendig.

Aber kann es Hoffnung auf Frieden überhaupt geben? Der russische Präsident Wladimir Putin hat bislang nicht zu verstehen gegeben, dass er Frieden will. Im Gegenteil: Er hat jeden Weg dahin mit unerfüllbaren Forderungen verbarrikadiert. Während seine Emissäre nahezu täglich mit den Unterhändlern aus Kiew verhandeln, gibt es aus Moskau keinerlei Nachrichten, die auf einen Sinneswandel Putins hindeuten.

Worauf also können wir hoffen? Auf die Kraft des ukrainischen Militärs? Auf den Druck der Wirtschaftssanktionen? Auf einen Zerfall des inneren Zirkels des Kremls? Die Hoffnung sagt uns, irgendeines dieser Szenarien möge eintreten, egal welches. Der Psychologe Charles Richard Snyder ging so weit zu sagen, der Mensch sei in der Lage zu hoffen, allein in der Erwartung, es werde sich irgendein Weg zum Ziel finden.

Einzig und allein ist die Hoffnung also in der Entschlossenheit begründet, sich auf ein Ziel zuzubewegen. Wir brauchen Mut und Zuversicht. Ohne sie ist alles nichts, dann mündet die Hoffnung schnell in Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung (aber da sind wir noch lange nicht).

Hoffnung manifestiert sich auch in Symbolen und Bildern – weil wir Menschen oft bildlich denken. Nach dem Einmarsch in der Stadt Henitschesk bei Cherson konfrontierte eine Frau russische Soldaten mit den Worten: "Nehmt Sonnenblumensamen und gebt sie in eure Taschen, damit zumindest Sonnenblumen wachsen, wenn ihr hier alle sterben werdet." Schnell wurde daraufhin die Sonnenblume weltweit zum Symbol für den Widerstand der Ukrainer.

Mut machen, das soll die gestrige Vorhersage von Arestowitsch. Man muss ihr nur Glauben schenken. Doch die Kraft des menschlichen Willens ist nicht zu unterschätzen. Das bekommen die russischen Soldaten letztlich in der Gegenwehr der Ukrainer zu spüren.

Gleiches gilt für viele andere Nachrichten der vergangenen Stunden.

  • Ukrainische Truppen melden Geländegewinne in der Region um Mykolajiw. Einen russischen Vorstoß bei Mariupol wollen sie zurückgeschlagen haben.
  • Die Regierungschefs von Polen, Tschechien und Slowenien sind mit dem Zug (!) zu Vermittlungsbemühungen nach Kiew gereist. Und trafen Präsident Selenskyj.
  • Der russische Oligarch Roman Abramowitsch soll Putin gebeten haben, den Krieg zu beenden.
  • Kremlsprecher Dmitri Peskow räumt bei einer Pressekonferenz ein, dass es Probleme in der russischen Wirtschaft gibt.

Es bewegt sich viel. Allein daraus lässt sich Hoffnung schöpfen. Ist sie berechtigt? Das zu wissen, ist unmöglich.

Doch das Gegenteil, die Hoffnungslosigkeit, ist keine Alternative. Aus ihr erwächst nichts. Deshalb hoffen wir. Solange es Gespräche zwischen beiden Seiten gibt, solange der wirtschaftliche Druck hoch ist, solange die russischen Truppen militärisch kaum vorwärtskommen, können wir hoffen. Selbst wenn der Weg zum Frieden derzeit in dichtem Nebel liegt.


Eindeutiges Signal im US-Kongress

Der Krieg in der Ukraine beschäftigt den US-Kongress. Wolodymyr Selenskyj wird um 14 Uhr unserer Zeit dort eine Videoansprache halten. Ich persönlich kann mich nicht erinnern, dass ein Staatsoberhaupt eines Landes, das sich im Krieg befindet, dort in den vergangenen Jahrzehnten gesprochen hätte.

Seine Botschaft an die USA und die Welt steht schon vorher fest: Steht uns bei und helft uns, diesen Krieg zu stoppen. Putin wird das genauso wenig erfreuen wie umstimmen. Der Schulterschluss ist vielmehr ein Signal an die restliche Welt: Die USA stehen fest an der Seite der Ukraine. Wer sich auf die andere Seite stellt, bekommt ein Problem. In Peking und anderswo wird man die Zeichen zu deuten wissen.


99 Tage ist die Regierung von Olaf Scholz heute im Amt. Morgen ist also traditionell Zeit, die 100-Tage-Zwischenbilanz zu ziehen. Die vergangenen Tage und Wochen überlagern viel, und zeigen zugleich, dass die wichtigsten Protagonisten der Regierung auch in der Lage sind, die richtigen Antworten auf eine Krise solchen Ausmaßes zu geben. Die Zufriedenheit der Wählerinnen und Wähler zeigt sich in den Umfragewerten, für kuschelige Sekt-Stimmung bleibt der Regierung aber keine Zeit. Die Koalitionäre sind nicht zu beneiden.


Was lesen

Völlig unklar ist bislang, wie viele ranghohe Regierungsmitglieder und Militärs von Putins Einmarschplänen wussten. Einige russische Investigativ-Journalisten zeichnen nun nach Gesprächen mit Informanten im Kreml ein verheerendes Bild. Der innerste Zirkel um Putin blieb außen vor, vor Rücktritten schrecken bislang aber alle zurück. "Die Welt" hat die Originalquellen zusammengefasst und hinter die Bezahlschranke gestellt, die Originaltexte von Farida Rustamova und Andrey Pertsev sind frei zugänglich (englisch).


Gerald Knaus ist einer der einflussreichsten Experten beim Thema Migration in Europa. Er plädiert bei "Zeit Online" für eine groß angelegte Verteilung der Flüchtlinge auf ganz Europa. Unrealistisch? Vielleicht.


Bald könnte es für Putin ernst werden: Am Mittwoch läuft die Frist für eine Zinszahlung über 100 Millionen Dollar ab. Überweist er das Geld nicht, droht eine Staatspleite. Aber was heißt das eigentlich, fragt mein Kollege Mauritius Kloft.


Die Protestaktion der TV-Redakteurin Marina Owsjannikowa könnte zum Vorbild für andere werden. Meine Kollegin Liesa Wölm beantwortet die wichtigsten Fragen rund um den Fall.


Was mich amüsiert

Wenn unser Karikaturist richtig liegt, geht Putin bald der Treibstoff aus.

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Ich wünsche uns allen einen Mittwoch mit hoffnungsvollen Nachrichten. Morgen schreibt unser US-Korrespondent Bastian Brauns an dieser Stelle.

Ihr

Peter Schink
Stellvertretender Chefredakteur t-online.de

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