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Bundestagswahl: Rot-Rot-Grün? Die linken Parteien senden ein fatales Signal


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Tagesanbruch
Die linken Parteien senden ein fatales Signal

  • Annika Leister
MeinungVon Annika Leister

Aktualisiert am 07.09.2021Lesedauer: 5 Min.
Annalena Baerbock (Grüne) und Olaf Scholz (SPD): Ihre Parteien würden gerne nur zu zweit regieren – dazu reicht es derzeit aber nicht.Vergrößern des Bildes
Annalena Baerbock (Grüne) und Olaf Scholz (SPD): Ihre Parteien würden gerne nur zu zweit regieren – dazu reicht es derzeit aber nicht. (Quelle: Britta Pedersen/dpa)
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Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

gerade schließt sich eine Tür für Deutschland. Konkreter müsste man sagen: Olaf Scholz schließt eine Tür. Nicht ganz, aber doch so weit, dass eigentlich niemand mehr durchkommt.

Denn die Chance auf ein Bündnis aus SPD, Grünen und Linken nach der Wahl ist so gut wie dahin. Gestorben schon vor dem 26. September. Das ist eine schlechte Nachricht – selbst für all jene Wähler, die bei keinem von den potenziellen Partnern ihr Kreuzchen setzen werden.

Warum?

16 Jahre lang hat die Union mit Angela Merkel an der Spitze regiert, zwölf davon mit der SPD an ihrer Seite. Die Arbeitsteilung lautete: Die Sozialdemokraten liefern die Inhalte, CDU und CSU gewinnen die Wahlen.

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Was CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet gerade immer wieder vorgeworfen wird, gilt dabei eigentlich für das ganze Land: Die Bundesrepublik ist in dieser Zeit fast durchgehend im Schlafwagen gefahren. Bitte keine Experimente, nur keine allzu großen Veränderungen – diesen Auftrag konnte Angela Merkel aus den Wahlergebnissen ziehen. Und diesem Auftrag folgte sie.

Wenn man so will, hat Merkel die Deutschen die ganze Zeit dösen lassen. Natürlich gab es Krisen, und das nicht zu knapp. Aber Merkel hat dann immer vermittelt: Kein Grund zur Sorge, ich kümmere mich.

Wie viel dann doch liegen geblieben ist, hat nicht nur, aber eben auch die Corona-Krise offengelegt. Um nur einige von vielen Missständen zu nennen: Viele systemrelevante Berufe werden schlecht bezahlt – von der Kassiererin über den Lkw-Fahrer bis zu den Pflegekräften. Zu viele Stellen in den Gesundheitsämtern sind nicht besetzt, Schulen schlecht ausgestattet, Behörden nicht ansatzweise digital für die Zukunft gerüstet. Es mangelt an transparenten Vergabeverfahren ebenso wie an bezahlbarem Wohnraum für Familien und schlecht Verdienende. Die Liste ließe sich beliebig erweitern.

Ein rot-rot-grünes Bündnis würde viele dieser Punkte adressieren. Schon allein deshalb, weil es sich um Themen handelt, die diese Parteien wirklich umtreiben.

Einen höheren Mindestlohn etwa fordert die Linke genauso wie Grüne und SPD. Auch wenn es um Stopper für Mietpreise geht, sind die Vorschläge ähnlich. Alle drei nehmen auch den Bildungssektor, die Absicherung von Kindern und den Klimaschutz in den Fokus. Und sie wollen vor allem Entlastungen für die Bezieher geringer und mittlerer Einkommen.

Wie "unter einem Brennglas" zeige Corona die Missstände in der Gesellschaft – das war eine der beliebtesten Floskeln in der Jahrhundertkrise. Man müsse radikal neu denken nach der Pandemie, das war die Ansage aus allen Ecken des politischen Spektrums.

Doch nun, wo das Schlimmste der Krise vorerst vorbei zu sein scheint, steht fest: Das radikale Neudenken ist krachend gescheitert. Was die Sache für die linken Parteien besonders bitter macht: Es liegt vor allem an ihnen selbst.

Da ist etwa die Linke, der Ideologie doch wichtiger ist. Sie schwadroniert unter anderem über die Abschaffung der Nato, aber wehrt sich gegen einen Realitätscheck. Mit so wenig Pragmatismus kann man die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt nicht regieren. Da hilft es auch wenig, wenn sich die Partei wie am Montag mit einem "Sofortprogramm" für eine Regierung mit SPD und Grünen bewirbt. Denn klar wurde bei aller Symbolik in den letzten Tagen auch: Von manchen unrealistischen Vorstellungen, wie der Forderung nach einem Aus für Auslandseinsätze der Bundeswehr, wird sie sich am Ende mit großer Sicherheit nicht trennen.

So macht die Linke es Olaf Scholz leicht, das rot-rot-grüne Projekt zu begraben, bevor es überhaupt Koalitionsverhandlungen geben kann. Dass der Mann, der in der SPD als Konservativer gilt, keine Koalition mit der Linkspartei will, ist in Berlin längst kein offenes Geheimnis mehr. Zuerst verlangte Scholz ein Nato-Bekenntnis von der Linken – und schob dann noch weitere Forderungen und einige Kritik hinterher.

In einem Instagram-Video signalisierte der Kanzlerkandidat nun sogar: Eher als mit den Linken in eine Regierung würde er wieder in eine große Koalition gehen. Ganz so, als würde das Motto für die Zeit nach der Wahl schon jetzt lauten: alter Stillstand mit neuen Köpfen.


Zum vorerst letzten Mal

Neue Corona-Beschlüsse haben die Gesundheitsminister der Länder bereits am Montagabend verabredet: Schulklassen sollen nicht mehr komplett in Quarantäne geschickt werden, nur noch die direkten Sitznachbarn und engsten Kontakte von Infizierten müssen im Schulbetrieb in Selbstisolation. Auffrischungsimpfungen soll es unkompliziert außerdem auch für Personal in Pflege- und Gesundheitseinrichtungen sowie für interessierte Bürger über 60 Jahren geben.

Heute geht es weiter. Der Bundestag tagt vermutlich zum letzten Mal vor der Wahl am 26. September. Auf der Tagesordnung stehen unter anderem eine Debatte über neue Parameter für Corona-Maßnahmen und ein Beschluss zum umstrittenen Vorstoß der großen Koalition, der Arbeitgebern das Erfragen des Impfstatus bei ihren Beschäftigten erlauben soll – unter anderem in Kitas, Schulen, Pflege- und Obdachlosenunterkünften.

Vermutlich wird die Sitzung ohne Peter Altmaier stattfinden müssen. Der Wirtschaftsminister wurde am Montagabend mit dem Rettungswagen in ein Berliner Krankenhaus gebracht. An dieser Stelle: gute Genesung!


Scholz in der Wahlarena, Baerbock mit Promi-Support

Heute ab 20.15 Uhr stellt sich SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz den Fragen des Publikums in der ARD-Wahlarena. Annalena Baerbock stand schon tags zuvor im Kreuzverhör, heute wird ihr Termin entspannter: Mit der Berliner Spitzenkandidatin Bettina Jarasch spricht sie am Nachmittag zum Thema "Beste Bildung". Mit von der Partie: "Tatort"-Schauspielerin und Ex-MTV-Moderatorin Nora Tschirner.


Steinmeier auf der Suche nach der Zukunft

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) reist mit seiner Frau Elke Büdenbender für drei Tage nach Schweden. Neben einem Treffen mit dem schwedischen Ministerpräsidenten und der Oberbürgermeisterin von Stockholm stehen die Einweihung des höchsten aus Holz gebauten Gebäudes in Europa auf dem Programm sowie Gespräche mit Wirtschaftsvertretern zu den Themen Wasserstoff und Batterietechnologie.

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Was lesen?

Armin Laschet gilt vielen als nicht kanzlertauglich. Unser Reporter Tim Kummert hat Laschet mehrere Wochen im Wahlkampf begleitet und musste dabei oft an ein Lied von Max Raabe denken: "Ich bin nur gut, wenn keiner guckt." Reicht das, um Kanzler zu werden? Das erfahren Sie hier.


Vor der Kamera verkörperte er oft kaltblütige Gangster und kleine Ganoven. Dennoch war Jean-Paul Belmondo für viele das Gesicht des französischen Kinos. Nun ist der legendäre Schauspieler tot. Aber die Würdigungen und Erinnerungen für einen ganz Großen reißen nicht ab.


Der Streik der Lokführergewerkschaft ist vorerst beendet. Eine Einigung mit der Bahn aber scheint noch weit entfernt. Trotzdem gibt es für GDL-Chef Claus Weselsky jetzt nur noch eine Option, kommentiert meine Kollegin Saskia Leidinger hier.


Wie kann die Impfmüdigkeit überwunden werden? Der Leipziger Immunologe Stephan Borte erklärt hier im Gespräch mit meiner Kollegin Christiane Braunsdorf, warum in seinem Bundesland die Impfquote so niedrig ist und welche Möglichkeiten er für Impfmuffel sieht – bis hin zu Strafen für Ungeimpfte.

Was amüsiert mich?

Die stillen Streikleiden der Verwandten

Ihre

Annika Leister
Redakteurin Politik
Twitter: @AnnLei1

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Mit Material von dpa.

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