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Deutsche Stars outen sich – diesen Befreiungsschlag sollten wir feiern


Meinung
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Was heute wichtig ist
Diesen Befreiungsschlag sollten wir feiern

MeinungVon Anna Aridzanjan

Aktualisiert am 05.02.2021Lesedauer: 6 Min.
Lieben, wen wir wollen. Sein, wer wir sind. Das wünschen sich doch alle Menschen.Vergrößern des Bildes
Lieben, wen wir wollen. Sein, wer wir sind. Das wünschen sich doch alle Menschen. (Quelle: Cavan Images/imago-images-bilder)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

heute kommentiere ich für Sie die Themen des Tages:

WAS WAR?

Was für ein Befreiungsschlag! Was für eine Aktion! 185 deutsche Stars aus Film und Fernsehen haben sich in einer beispiellosen Kampagne geoutet: als schwul, lesbisch, bisexuell, transgeschlechtlich, nicht-binär oder queer. Sie sind Kommissare beim "Tatort", spielen große Rollen in deutschen Netflix-Serien, stehen seit Jahren auf den bedeutendsten Bühnen Deutschlands oder bekleiden wichtige Ämter innerhalb der Filmbranche. Und sie alle eint die Erfahrung, ausgegrenzt zu werden und die eigene Orientierung und Identität verstecken zu müssen.

Doch lassen Sie uns erst einmal die vielen Fragen beantworten, die vielleicht in den Köpfen von einigen von Ihnen umherschwirren. Während den meisten Menschen die Begriffe schwul, lesbisch und bisexuell etwas sagen, wissen vielleicht noch nicht ganz so viele, was jetzt genau transgeschlechtlich, nicht-binär oder queer bedeutet.

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Das Adjektiv transgeschlechtlich (oder kurz: trans) bedeutet, dass ein Mensch ein anderes Geschlecht hat als jenes, das ihm bei der Geburt zugewiesen wurde. "Jungs haben einen Penis, Mädchen eine Vagina", so das geläufige Wissen – doch dies ist eben nicht immer der Fall. Und so kann einem Mann im Laufe seines Lebens klar werden, dass er eben nicht die Frau ist, für die die ganze Welt ihn gehalten hat.

Nicht-binär zu sein heißt, sich in der Zweigeschlechtlichkeit "Mann oder Frau" nicht wiederzufinden und die eigene Identität anders zu definieren. Die Existenz nicht-binärer Menschen sprengt vielleicht noch die Vorstellungskraft einiger Leute, doch das ist bei Weitem kein neumodischer Trend: Menschen, die sich nicht als eindeutig männlich oder weiblich sehen, gab es tatsächlich schon immer und in nahezu allen Kulturen.

Queer ist für viele Menschen der Oberbegriff dafür, dass man mit der eigenen sexuellen Orientierung oder der geschlechtlichen Identität nicht in die gesellschaftlich vorgefertigten Schubladen passt. So können sich Lesben und Schwule genauso als "queer" bezeichnen wie eben auch transgeschlechtliche Menschen oder jene, die nicht-binär sind.

Gut, jetzt kennen wir uns besser aus, aber was genau soll dieses öffentliche Outing bezwecken, fragen Sie sich vielleicht. Die Antwort ist: Es soll uns die Augen öffnen und in der Kulturbranche endlich die Fesseln sprengen, unter denen viele queere Filmschaffende leiden. Mit der eigens gegründeten Initiative #actout veröffentlichten die Stars ein Manifest und gaben dem Magazin der "Süddeutschen Zeitung" Interviews, aus denen eines klar wird: Wie sehr sie ihr wahres Ich und ihr Leben noch verstecken und geheim halten müssen, um Zuschauer nicht abzuschrecken, ihre Karrieren nicht zu gefährden oder nicht diskriminiert zu werden.

Das ist ein riesiger Schritt, und der verdient es, gefeiert zu werden. Lassen Sie uns allen mutigen Menschen applaudieren, die sich ein Outing trauen. Dass es nun so viele deutsche Promis sind, hat noch einmal eine größere Symbolkraft und Vorbildfunktion. Auch für jene unter uns, die keine Promis oder Stars sind und denen diese Aktion Kraft und Hoffnung gibt, dass eines Tages bestimmte Orientierungen oder Geschlechter nicht mehr abgelehnt, verlacht oder bekämpft werden.


"Sorry seems to be the hardest word" sang schon der große Elton John in den 1970ern, also: "Entschuldigung scheint das schwierigste Wort zu sein". Und es stimmt: Der menschliche Stolz kann riesig sein. Die Einsicht, falsch zu liegen, ist dafür häufig umso kleiner. Daher ist es zwar unfassbar ärgerlich, aber kaum verwunderlich, dass Menschen ungern für Fehltritte um Verzeihung bitten, noch dazu öffentlich.

Oft gibt es neben der Weigerung, sich zu entschuldigen, noch eine andere Form des Trotzes: Die "Nonpology", also die "Nicht-Entschuldigung". Sie haben diesen Effekt sicher schon mal beobachtet: Menschen bauen Mist, werden kritisiert und sind gezwungen, sich zu erklären und um Entschuldigung zu bitten – doch genau da hakt es: Fehlt die Einsicht, ist die Entschuldigung eine "Nonpology" und gibt nur vor, Reue zu zeigen.

Woran man eine "Nonpology" erkennt?

  • Wenn die Person in ihrer Erklärung zunächst wortreich betont, es eigentlich nur gut gemeint zu haben und sicher missverstanden wurde.
  • Wenn sie nicht zugibt, Menschen verletzt zu haben, sondern nur bedauert, dass sich Menschen verletzt gefühlt haben.
  • Wenn die Verantwortung an andere abgeschoben wird, statt eigene Fehler zuzugeben.
  • Wenn durchscheint, dass die öffentliche Kritik die Person härter trifft als die eigenen Fehler und deren Konsequenzen.

Nicht-Entschuldigungen gibt es im Privaten ebenso wie in der Öffentlichkeit. Politiker beherrschen sie aus dem Effeff, genauso wie Unternehmen, Institutionen und Promis. Der jüngste Anlass war die WDR-Sendung "Die letzte Instanz", in der sich Prominente einstimmig dafür aussprachen, bestimmte rassistische Begriffe weiterhin nutzen zu wollen – unter anderem Begriffe, mit denen Sinti und Roma seit Jahrhunderten ausgegrenzt und verfolgt werden. Nach Ausstrahlung der Talkrunde entbrannte eine öffentliche Diskussion. Einige der berühmten Talkgäste entschuldigten sich, und zwar ehrlich. Andere gaben eine "Nonpology" ab. Und dann ist da noch der berühmteste Gast der Sendung: Thomas Gottschalk. Von ihm hörte man bis jetzt: nichts. Unsere Kolumnistin Lamya Kaddor ist von ihrem Kindheitshelden maßlos enttäuscht. Sie schreibt in ihrem starken Meinungstext: "Thomas Gottschalk hat die Betroffenheit lächerlich gemacht. Er mag beim Z-Wort bloß an etwas zum Essen denken, andere verbinden mit dem Z-Wort den Holocaust, den Porajmos, den Völkermord an den Sinti und Roma."


War da nicht noch was? Ach ja, Corona! Sehen Sie mal, so lange haben wir es jetzt in diesen Zeilen ohne das omnipräsente Virus ausgehalten. Aber totschweigen können wir die Seuche ja nun leider nicht. Selbst Angela Merkel nicht, die sich gestern im digitalen Bürgerdialog den Fragen und der Kritik von Familien stellte. Die Kanzlerin zeigte Verständnis und gab den Eltern sogar das eine oder andere Versprechen, hat mein Kollege Lars Wienand notiert. Dann wollen wir mal sehen, ob sie die auch einhalten kann.


Weil sich die kaum kontrollierbaren Virusmutationen weiter ausbreiten, lassen immer mehr Länder gar keine Touristen mehr einreisen. Lesen Sie in dieser Übersicht meiner Kollegin Sandra Simonsen, welche Länder jetzt ihre Grenzen wieder schließen.


WAS STEHT AN?

Brrrr, da kommt etwas auf uns zu! Deutschland steht am Wochenende eine Extrem-Wetterlage bevor, die sehr selten so auftritt: Während Norden und Osten viel Schnee und polarkalte Luft erwarten dürfen, könnte der Süden Deutschlands von frühlingshaften Temperaturen überrascht werden. Warum wir aber keine Panik vor einem apokalyptischen Winterchaos haben sollten, hat unsere Wetter-Kolumnistin Michaela Koschak für Sie eingeordnet.

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Corona-Schnelltests für den Hausgebrauch sind jetzt zwar erlaubt, doch es gibt noch einige Hürden. Unter anderem gibt es nach Angaben von Experten noch keine zertifizierten Produkte. Lesen Sie hier, warum Sie sich von irreführender Werbung nicht blenden lassen sollten.


"Noch vor zehn Jahren hatten die Themen Klimaschutz und soziale Verantwortung der Unternehmen in vielen Konzernen den Stempel 'überflüssiges Gutmenschentum'", sagt Ingo Speich, Aktionärsvertreter bei der Deka Bank. Genau das aber ändert sich jetzt – so wie heute auf der digitalen Hauptversammlung von Thyssenkrupp: Erstmals stimmen die Aktionäre dieses Jahr darüber ab, wie sehr sich die Anstrengungen des Vorstands für mehr Nachhaltigkeit auf das Salär in der Führungsetage niederschlagen. Kurz und bündig bedeutet das: Wer sich nicht ums Klima schert, kriegt auch keinen Bonus. Wie genau das mit den Millionengehältern der Konzernbosse läuft, hat mein Kollege Florian Schmidt hier aufgeschrieben.


WAS LESEN UND ANSCHAUEN?

Täglich ärgern wir uns über den langsamen Impffortschritt in Deutschland. Aber stehen wir im internationalen Vergleich wirklich so schlecht da? Meine Kollegen Philip Friedrichs und Adrian Röger zeigen Ihnen in einer Animation, wo wir wirklich stehen.


#NieMehrCDU? Der Hashtag kam in Mode, nachdem der YouTuber Rezo sein berühmt-berüchtigtes Video "Die Zerstörung der CDU" veröffentlicht hatte. Jetzt trendet der Begriff wieder bei Twitter – aus einem ganz bestimmten Grund: Die Bundesregierung hat ihren Gesetzentwurf zur Urheberrechtsreform vorgelegt. Und wie erwartet ist keiner so recht glücklich damit. Mein Kollege Ali Roodsari hat die Einzelheiten.


WAS AMÜSIERT MICH?

Ich will heute zwei Szenen mit Ihnen teilen:

Diese innovative und futuristische Fahrradgarage aus Japan (das Land, das uns technologisch mindestens 100 Jahre voraus ist!).

Und diese jungen Frauen, die zur Melodie der BBC-Nachrichtensendung eine derart mitreißende Tanz-Choreografie entwickelt haben, dass ich sofort mitmachen will. Das Video habe ich mir gerade ungefähr 20 Mal hintereinander angesehen. Als nächstes bitte so etwas für das Intro der Tagesschau!

Und damit wünsche ich Ihnen einen beschwingten Tag. Bleiben Sie gesund, alles Gute! Morgen kommt der Wochenend-Tagesanbruch von meinen Kollegen Florian Harms und Marc Krüger.

Ihre

Anna Aridzanjan
Senior Redakteurin Audience Development

Was denken Sie über die wichtigsten Themen des Tages? Schreiben Sie es uns per Mail.

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