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Treffen zwischen Merkel und Söder: Diese Bilder sprechen für sich


Meinung
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Was heute wichtig ist
Bitte mehr Respekt, Herr Söder!

  • Peter Schink
MeinungVon Peter Schink

Aktualisiert am 15.07.2020Lesedauer: 6 Min.
Angela Merkel und Markus Söder im Schlosspark auf Herrenchiemsee: Diese Bilder bleiben haften.Vergrößern des Bildes
Angela Merkel und Markus Söder im Schlosspark auf Herrenchiemsee: Diese Bilder bleiben haften. (Quelle: Peter Kneffel/dpa)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages, heute stellvertretend für Florian Harms:

WAS WAR?

Es war ein schillernder Termin, den Bundeskanzlerin Angela Merkel da wahrgenommen hat gestern in Bayern. Nicht die Wagner-Festspiele in Bayreuth (die in diesem Jahr ausfallen), sondern eine Kabinettssitzung der bayerischen Landesregierung zog die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich. Im Spiegelsaal des Schloss Herrenchiemsee wurde getagt. Die Kulisse: extra aufgezogen für die angereiste, bald scheidende Kanzlerin.

Doch die Reise Merkels verdient zunächst einmal Respekt. Den Terminplanern im Kanzleramt wird auch klar gewesen sein, dass das Schloss für Markus Söder die perfekte Kulisse bieten würde. Bilder aus dem Spiegelsaal, Kutschfahrt und Schifffahrt gemeinsam mit der Kanzlerin – da muss Söder gar nicht mehr sagen, wozu er das alles inszeniert. Die Bilder sprechen für sich. Da kommt einer, der Kanzler können möchte.

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Die Kanzlerin hätte nicht fahren müssen, hätte die Kulisse verweigern können. Hat sie aber nicht.

Aus Merkels Blickwinkel ist die Reise ein logischer Schritt: Sie hält sich in der Nachfolge-Debatte neutral. Sie behandelt jeden potentiellen Kanzlerkandidaten mit Respekt. Söder bekommt seine Bühne. Niemand kann sagen, sie hätte ihn benachteiligt. Er wird belohnt, für seine gute Arbeit (fand in seinem Artikel gestern auch der Kollege Tim Kummert). Merkel drückte es vor den mitgereisten Journalisten in Herrenchiemsee so aus: "Bayern hat einen guten Ministerpräsidenten und der hat mich heute eingeladen. Mehr werden sie dazu von mir nicht hören." Freundlich, neutral, respektvoll.

Respekt ist ein großes Wort, und ein mehrdeutiges.

1. Der grundsätzliche Respekt

Zunächst einmal gibt es da den Respekt vor anderen Menschen, vor der Würde des Gegenübers. Sie kennt keine Abstufung, gilt vorbehaltlos. Wir begegnen anderen Menschen respektvoll. Ein Wert, eine Haltung, die Merkel oftmals nahezu zelebriert. Auch gestern.

Bei Söder dagegen kam solcher Respekt in der Vergangenheit gerne mal zu kurz. Noch vor zwei Jahren schwadronierte er über Asyltourismus. Ein andermal ließ er Kruzifixe in allen Behörden verordnen. Wieder ein andermal musste er einen Tweet löschen, in dem er gegen den damaligen Nationalspieler Mesut Özil keifte.

Poltern mit Kalkül, das war lange Söders Methode. Heute klingt das anders.

2. Der institutionelle Respekt

Dann gibt es den Respekt vor dem Amt, vor der Institution. Das Kanzleramt gehört definitiv in diese Kategorie: Das Amt verdient es, respektvoll behandelt zu werden, weil von dort aus die Geschicke des Landes gelenkt werden.

Auch da hat sich Söder verändert. Die Zeiten, in denen er die Politik der Kanzlerin angegriffen hat, sind vorbei. Mehr noch: Seitdem er öffentlich als Merkel-Nachfolger gehandelt wird, gibt er den Landesvater, dessen Corona-Politik für das ganz Land als Vorbild dient.

3. Der beurteilende Respekt

Die dritte Kategorie des Respekts nennt man in der Wissenschaft den "beurteilenden Respekt". Es ist der Respekt, der relativ ist. Den man sich erarbeiten muss, den man aber auch verlieren kann.

Die Geschichte der Bundesrepublik kennt in der Bewerbung auf das Kanzleramt eine Vielzahl von Geschichten, die in diese Kategorie fallen. Zum Beispiel die Troika aus Gerhard Schröder, Rudolf Scharping und Oskar Lafontaine. Sie starteten 1994, um den damaligen Kanzler Helmut Kohl vom Thron zu stoßen. Es gelang ihnen nicht, sich genug Ansehen zu erarbeiten – zu wenig nahmen ihnen die Wähler ab, das sie das Land besser lenken könnten. Vier Jahre später war das bei Gerhard Schröder anders, er hatte sich den Respekt erarbeitet. Und Helmut Kohl hatte selbigen verspielt.

Bis zur Bundestagswahl 2021 ist es noch lange hin. Wer auch immer der Kandidat wird, hat noch viel Zeit, sich den entsprechenden Respekt zu erarbeiten. Oder ihn zu verspielen. Söders Umfragewerte sind beeindruckend, aber das ist nur eine Momentaufnahme. Eigentlich gilt deshalb in der Politik, wer zu früh die Bühne betritt, hat schon verloren. Angela Merkel selbst hat durch ihre frühzeitige Rückzugsankündigung bereits eine mögliche Nachfolgerin verschlissen: Annegret Kramp-Karrenbauer.

Ob der gestrige Termin mit der Kanzlerin für Söder geeignet war, Respekt für das wichtigste Amt der Republik zu erlangen? Ich bezweifle es. Zu pompös, zu inszeniert war die Szenerie mit Kutsche, Schloss und Schifffahrt. Ein durchsichtiges Manöver. Eines muss Söder noch lernen: Respekt vor dem Wähler heißt, die Aufgabe wirklich mit allem Ernst ausfüllen zu wollen. Klar, schöne Fotos gehören in der Politik dazu. Aber höchstens als Beiwerk, nicht als Hauptsache.

Wie viel Respekt Söder sich bis zur Bundestagswahl 2021 erarbeiten kann, muss die Union zum Jahreswechsel entscheiden. Wir Wähler können getrost bis zum nächsten Herbst warten. Bis dahin vergeht noch viel Zeit für die Kanzleranwärter (und Anwärterinnen?) aller Parteien. Die sollen sie haben. So viel Respekt muss sein.


WAS STEHT AN?

Frank-Walter Steinmeier sucht als Bundespräsident auf oft ungewöhnliche Weise Kontakt zu den Menschen im Land. Er nutzt die Aufmerksamkeit, die das Amt mit sich bringt. Das ist gut so. Heute erweist er einer Bevölkerungsgruppe Respekt (den grundsätzlichen!), die in der Corona-Krise kaum Beachtung fand. Mehr als 1,8 Millionen Menschen. Die geschuftet haben, die gleichzeitig kaum die nötige Beachtung fanden. Die Schulabgänger des Jahres 2020.

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Will der Gesetzgeber den Artikel 3 des Grundgesetzes ernst nehmen, muss er bei sich selbst anfangen. Bei der Zusammensetzung der Parlamente. Dort entstehen die Gesetze, die unser Leben prägen. Also auch die Gleichberechtigung fördern.

Mir erscheint, der einzige Nachteil für die AfD durch das Paritätsgesetz besteht darin, dass die Partei dem Artikel 3 genüge tun muss: Sie muss Frauen und Männer gleichstellen. Das wird nicht reichen als Argument gegen das Paritätsgesetz.


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WAS AMÜSIERT MICH?

Einigkeit demonstrieren wollten Söder und Merkel am Chiemsee. Aber im Süden das Landes ist die Mundart manchmal speziell. Da kann es schon zu Missverständnissen kommen.

Ich wünsche Ihnen einen gesunden Start in den Tag. Morgen schreibt der Chef vom Dienst Luis Reiß an dieser Stelle.

Ihr

Peter Schink
Stellvertretender Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Twitter: @peterschink

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