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Greta Thunberg und der Klimawandel: Umweltschutz muss man sich leisten können


Meinung
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Was heute Morgen wichtig ist
Umweltschutz muss man sich erst einmal leisten können

MeinungVon Ana Grujić

Aktualisiert am 10.12.2019Lesedauer: 4 Min.
Greta Thunberg bei der Klimakonferenz in Madrid: Die 16-Jährige hat mit ihrem Streik fürs Klima die weltweiten Friday-for-Future-Demonstrationen ausgelöst.Vergrößern des Bildes
Greta Thunberg bei der Klimakonferenz in Madrid: Die 16-Jährige hat mit ihrem Streik fürs Klima die weltweiten Friday-for-Future-Demonstrationen ausgelöst. (Quelle: Juan Medina/reuters)

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

mein Name ist Ana Grujić. Wenn ich nicht wie heute Florian Harms als Tagesanbruch-Autorin vertrete, bin ich Redakteurin bei t-online.de. Ich freue mich, die Themen des Tages für Sie kommentieren zu dürfen.

WAS WAR?

Ich muss Ihnen etwas gestehen: Ich fand Greta Thunberg blöd. Manchmal muss ich daran zurückdenken, wenn ich die junge Schwedin bei öffentlichen Auftritten, wie gestern auf der UN-Klimakonferenz, sehe. Die junge Frau ist das Gesicht des modernen Klima-Aktivismus – und war mir damit zunächst unsympathisch.

Der Klimaschutz und ich haben eine schwierige Vergangenheit. Als Kind wollte ich am liebsten die ganze Welt retten: Delfine von Fischernetzen befreien, die Rodung des Regenwaldes aufhalten und Wildkatzen vor der Ausrottung bewahren. Doch je älter ich wurde, desto mehr stellte ich fest: So einfach wird das mit der Weltenrettung nicht. Umweltschutz muss man sich erst einmal leisten können. Um den Planeten zu retten, braucht man Geld – auch in der eigenen Geldbörse. Dass nachhaltige Produkte mehr kosten, ist eine banale Erkenntnis. Für mich war sie als Kind sehr ernüchternd.

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Eine Schulfreundin, ihrerseits überzeugte Klimaschützerin, meinte mal zu mir: "Du shoppst bei H&M? Ich kaufe mir ja lieber weniger Produkte als nur den Ramsch dieser Modeketten." Persönlicher Verzicht war für sie der Weg, um das Klima zu retten. Sie kam gar nicht auf die Idee, dass ich mir ohnehin keine teuren Dinge leisten konnte – schlicht, weil mir dafür das Geld fehlte. Ich fand ihren Satz überheblich und dachte damals: Schau an, so ignorant sind die Umweltschützer. Von da an war das Thema "Klimakrise bekämpfen" uninteressant für mich. Ich war wütend und spottete über Ökos wie meine Schulfreundin, die sich ihren Lifestyle nur leisten konnten, weil sie Geld hatten.

Und dann kam Greta. Die 16-jährige Greta Thunberg streikt für das Klima und begeistert seit über einem Jahr viele Millionen Menschen auf der ganzen Welt für den Kampf gegen die Klimakrise.

Und ich? Ich wartete. Darauf, dass Greta Thunberg anfing zu argumentieren wie meine Schulfreundin. Dass sie mir erklärte, dass mein persönlicher Verzicht das Klima rette. Gleich würde sie mir dieses oder jenes Produkt andrehen wollen, mit dem ich der Umwelt etwas Gutes tue – darauf wartete ich die ganze Zeit. Doch all das passierte nie. Greta Thunberg gibt in der Regel keine einzelnen kleinen Anweisungen zum Besten, wie wir Verbraucher unser Leben ändern sollen. Wahrscheinlich ist genau das ein Geheimnis ihres Erfolgs.

Stattdessen sagt sie: "Es sind die Leiden der vielen, die für den Luxus der wenigen bezahlen." Thunberg benannte die Umweltzerstörung als das, was sie ist: ein systematisches, gigantisches Problem, verursacht von reichen Ländern. Unter den Folgen werden die ärmeren Menschen in den nächsten Jahren als Erste leiden müssen – und wenig später dann wir alle. Je mehr ich über sie las, je mehr Videos ich sah, desto sicherer wurde ich: Greta Thunberg hat recht. Und noch eines wurde mir klar: Sie ließ sich nicht von ihrem richtigen Standpunkt abbringen. Üble Beschimpfungen oder der Versuch, sie als kleines Kind abzukanzeln: Greta Thunberg blieb standhaft in ihrer Meinung, dass es große Veränderungen braucht.

Ich könnte Ihnen jetzt erzählen, dass ich durch diese Erkenntnis mein inneres Umweltschützer-Kind entdeckt habe. Dass ich jeden Freitag zu "Fridays-for-Future"-Demos gehe und auf dem Nachhauseweg Klimaleugnern ins Gesicht spucke. Das wäre zwar ein schönes Ende für diesen Text, aber: Es wäre gelogen.

Wahr ist: Greta Thunberg und ihre Ideen sind nicht das, was ich von einer Umweltaktivistin erwartet hätte. Bei der Klimakonferenz in Katowice sagte sie selbst: "Ich habe gelernt, dass man nie zu klein ist, um etwas zu verändern" Vielleicht dachte auch sie am Anfang ihres Streiks nicht, dass sie mit ihrer ernsten Art und ihrer Standhaftigkeit Millionen Menschen motivieren würde, an eine wirkliche Veränderung zu glauben. Sie hat es aber geschafft.


WAS STEHT AN?

In Finnland herrscht ab heute das Matriarchat – zumindest ein bisschen. Präsident Sauli Niinistö vereidigt Sanna Marin als Ministerpräsidentin. Mit 34 Jahren wird sie die jüngste Trägerin dieses Amtes weltweit sein. Die Vorsitzenden ihrer Koalitionspartner sind übrigens auch alle weiblich.


Wenn jemand in Österreich ohne Grund etwas Dummes anstellt, fragt man ihn gern: "Ist dir fad im Schädel?" Immer, wenn mir einfällt, dass Großbritannien die EU verlassen möchte, denke ich unweigerlich an diesen Spruch. Es bewegt sich wieder etwas in Großbritannien: Parlamentswahlen stehen an. Unser Brexit-Experte Stefan Rook ist in den kommenden Tagen vor Ort und berichtet über die Irrungen und Wirrungen rund um Boris Johnson.


"Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren": Am 10. Dezember feiert die Welt, dass die Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verabschiedeten. 71 Jahre ist das mittlerweile her. Und so klar, wie der erste Artikel verfasst ist, ist es beschämend, dass die Menschen immer noch Gründe finden, sich zu bekriegen.


Auch in Oslo und Stockholm wird heute gefeiert, dort werden die Nobelpreise verliehen. Der äthiopische Ministerpräsident Abiy Ahmed erhält die Medaille für seine Befriedung des Grenzkonflikts mit Eritrea. Ihm sei auch an dieser Stelle herzlich gratuliert, genauso wie allen anderen Preisträgern. Allen, außer Peter Handke.


WAS LESEN?

Der Handel mit Wildtieren ist weltweit ein Milliardengeschäft. Auch Deutschland und Europa sind längst zu wichtigen Umschlag- und Zielplätzen geworden. Das zeigt eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen. Mein Kollege Tim Blumenstein hat die Hintergründe für Sie zusammengefasst.


Jeden dritten Tag eine Tote: Im Jahr 2018 wurden 122 Frauen von ihren Lebenspartnern oder Ehemännern umgebracht. Die Kollegen von "Zeit Online" haben die Hintergründe zu den Morden recherchiert. Das Ergebnis ist eine erschreckende Übersicht über Gewalt gegen Frauen.

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WAS AMÜSIERT MICH?

Man muss immer aufpassen, was man sich wünscht.


Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag. Morgen schreibt wieder Florian Harms den Tagesanbruch für Sie.

Ihre

Ana Grujić
Redakteurin t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Twitter: @AnaSagt

Mit Material von dpa.

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