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Tagesanbruch: Thomas-Cook-Pleite – das erste große Brexit-Opfer


Meinung
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Was heute wichtig ist
Touristen werden zu Opfern des britischen Nationalismus

  • Peter Schink
MeinungVon Peter Schink

Aktualisiert am 24.09.2019Lesedauer: 4 Min.
Insolvenz von Thomas Cook. Leere Schalter am Flughafen in Kopenhagen.Vergrößern des Bildes
Insolvenz von Thomas Cook. Leere Schalter am Flughafen in Kopenhagen. (Quelle: Martin Sylvest/imago-images-bilder)
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Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages. Heute in Stellvertretung für Florian Harms:

WAS WAR?

Die Nachricht erreichte mich beim Frühstück. Ein Kollege schrieb mich an, wie es denn jetzt weitergehe. Er habe Tickets für ein Spiel der "London Games" der NFL Football League gekauft – die exklusiv von Thomas Cook vermarktet werden. Thomas Cook ist insolvent, seine Reise nach London fällt aus. Etwa 600.000 Touristen teilen das gleiche Schicksal.

Was ist passiert? Die Gründe für die Insolvenz sind vielschichtig: Der älteste Reiseveranstalter der Welt, hatte schon länger Probleme, verursacht durch schlechtes Management. Der Konzern hat die Digitalisierung verschlafen, war der Konkurrenz der Branche nicht gewachsen.

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Auch wenn es hart ist, aber Insolvenzen gehören zur Marktwirtschaft dazu. Nun sitzen 21.000 Angestellte auf der Straße. Die weiteren Auswirkungen sind noch gar nicht abzusehen. Die Pleite könnte noch deutlich größere Kreise ziehen: Türkische Hoteliers fürchten, dass in diesem Jahr mehr als 600.000 Touristen wegbleiben. Kreuzfahrtschiffen werden Passagiere fehlen, weil die oft mit Thomas Cook angeflogen kamen. Und andere Reiseanbieter bauen ebenfalls auf Flügen von Thomas Cook oder Condor auf.

Indirekt ist die Pleite auch eine Folge des drohenden Brexits. In den vergangenen Monaten sind deutlich weniger Briten gereist (und weniger ausländische Touristen kamen nach Großbritannien). Das brachte die Finanzen von Thomas Cook zusätzlich durcheinander.

Das könnte ein Weckruf für die britische Regierung sein. Doch die hat sich hoffnungslos in den Brexit verrannt. In Populismus und Nationalismus. Thomas Cook ist bereits die dritte Brexit-Insolvenz, nach der Fluggesellschaft Flybmi und dem Stahlkonzern British Steel. So haben sich die Briten den Brexit nicht vorgestellt.

Man merkt ihr die Last, die Frustration, die Angst an. Fast fünf Minuten lang wirft Greta Thunberg in New York den Erwachsenen vor, nichts getan zu haben. Untätig geblieben zu sein. Obwohl Wissenschaftler schon lange Zeit vor den Folgen unseres Lebensstils warnen. "Ihr habt meine Kindheit mit Euren leeren Worten gestohlen", sagt sie.

Ich kann mich nicht daran erinnern, dass jemals eine Konferenz der Vereinten Nationen mit einer solchen Wut eröffnet wurde.

Wenn man selbst zu den Angesprochenen gehört, blickt man verschämt zu Boden. "How dare you" ("wie könnt Ihr es wagen") lautete Ihr zentraler Vorwurf bei der Weltklimakonferenz in New York. Wenn Sie diese Generation verstehen wollen, empfehle ich Ihnen, die Rede in voller Länge anzusehen.

Wenig später antwortet ihr Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Rede: "Wir alle haben den Weckruf der Jugend gehört." Doch die Worte wirken nicht mehr. Nicht nach Gretas Wutrede, nicht nach den enttäuschenden Beschlüssen des Klimakabinetts.

Gehen wir also vier Tage zurück. Bei der Vorstellung der Klimapläne sagt die Kanzlerin: "Das unterscheidet Politik von Wissenschaft und auch von ungeduldigen jungen Menschen. Politik ist das, was möglich ist."

So gesehen sind Merkels Worte in New York hohl. Sie sollen wohl heißen: Die Politik hat verstanden ... und dann versuchen wir einen Kompromiss zu finden, der niemandem weh tut.

Merkel hat die Jugend nicht verstanden. Viel schlimmer noch: Sie versteht es nicht, die Handlungsspielräume zu nutzen, die sich durch deren Druck ergeben haben.


WAS STEHT AN?

Zwei spannende Entscheidungen:

Der britische Supreme Court verkündet am Mittag, ob Premierminister Boris Johnson das Parlament in eine fünfwöchige Zwangspause schicken durfte. Brexit-Gegner hatten den "Shutdown" zur Grundsatzfrage erhoben. Gefährdet Johnson die britische Demokratie? Da Großbritannien keine Verfassung ähnlich der unseren hat, ist das so genannte "Common Law" entscheidend – zu dessen Grundsätzen gehört auch der Parlamentarismus. Heißt: Die letzte Hoheit über die Gesetzgebung hat das Parlament. Nicht die Regierung.

Egal, wie das Gericht entscheidet: Dem Parlament bleiben schon heute nur noch 37 Tage, um den Brexit zu regeln. Das ist schon jetzt unmöglich, ohne Verwerfungen. Womit wir wieder am Anfang dieses Newsletters wären.


Die Grünen-Fraktion im Deutschen Bundestag hat heute ebenso zu entscheiden. Wollen sich die Abgeordneten weiter von Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter führen lassen. Oder von Kerstin Kappert-Gonther und Cem Özdemir. Die Kampfkandidatur kommt für die Grünen in Zeiten des Höhenflugs, nach gewonnenen Wahlen und hervorragenden Umfragewerten.

Wieso also diese Beschäftigung mit sich selbst? Die Fraktion sei unzufrieden mit dem blassen Erscheinungsbild der beiden Vorsitzenden, heißt es. Zu wenig eigene Akzente, die Fraktion bleibe unter ihnen hinter ihren Möglichkeiten zurück.

Die Chancen für Kappert-Gonther und Özdemir stehen nicht schlecht. Schon vor zwei Jahren erhielten Göring-Eckardt und Hofreiter nur 67,7 bzw. 66,1 Prozent.

Das Problem der Grünen: Teil ihres Erfolgs ist auch ihre Geschlossenheit. So konnten sie in den vergangenen Jahren die Themen nach vorne stellen, statt mit Personalstreitigkeiten in Erscheinung zu treten.

Mit diesem Frieden könnte es jetzt wieder vorbei sein. Für die Partei ein großes Risiko.


WAS LESEN ODER ANSCHAUEN?

2.283 Rollen Schmalspurfilm haben die Macher von Open Memory Box in den vergangenen sechs Jahren digitalisiert. Private Aufnahmen von 107 Familien in der DDR, von 1947 bis 1990. Nun steht das gesamte Material online, zum Durchklicken. "Fernsehturm" steht da, oder "Hochzeit", oder "Grenze". Alltag in der DDR, recht ungefiltert.


"Soziale Medien sind für mich ein ganz großes Übel. Mir fehlen die Worte. Wie dort miteinander umgegangen wird, so stumpf, asozial, sinnlos", sagt Fußballprofi Sandro Wagner, der einst für den FC Bayern und die deutsche Nationalmannschaft spielte. Er verzichtet auf Twitter, Instagram und Co. Im Gespräch mit meinem Kollegen Robert Hiersemann erzählt Wagner, der aktuell in China spielt, welche Gefahr er in den sozialen Medien sieht: "Ich sehe die Gefahr, dass unsere Kinder immer dümmer und letztlich auch unglücklicher werden. Weil sie falschen Vorbildern hinterhereifern, die eine glattgeleckte Glamour-Welt vorheucheln."


DIE GUTE NACHRICHT

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Jupp Heynckes und Joachim Löw hatten den Titel schon. Jetzt also Jürgen Klopp. Er ist zum Weltfußballtrainer des Jahres gewählt worden. Damit dürfte er endgültig im Olymp des Fußballs angekommen sein. Wohl verdient, kann man da wohl sagen.


WAS AMÜSIERT MICH?

Natürlich haben Busfahrer einen Grund, warum sie schlechte Laune haben.

Morgen schreibt Florian Harms den Tagesanbruch. Bis dahin wünsche ich einen angenehmen Dienstag.

Ihr

Peter Schink
Stellvertretender Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Twitter: @peterschink

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