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Ärger für die Ampelregierung? Eine Partei hadert besonders mit ihrer Rolle


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Eine Partei hadert besonders mit ihrer Ampelrolle

Von Michael Freckmann

13.02.2022Lesedauer: 4 Min.
Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner: Jede der Regierungsparteien musste in den ersten Wochen ihrer Amtszeit mit Enttäuschungen umgehen.Vergrößern des Bildes
Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner: Jede der Regierungsparteien musste in den ersten Wochen ihrer Amtszeit mit Enttäuschungen umgehen. (Quelle: photothek/imago-images-bilder)

Die Ampel ist im Regierungsalltag angekommen. Doch wer setzt sich bisher am meisten durch und welche Partei hat die leidensfähigsten Anhänger? Alle drei Koalitionspartner stehen unter Druck.

"Mehr Fortschritt wagen": Der Slogan der Ampelparteien zum Start ihrer Regierung klang zupackend, schillernd, angelehnt an Willy Brandts sozialliberale Koalition der 1970er-Jahre mit ihrem Slogan "mehr Demokratie wagen". Das war im Dezember.

Welche Art von Fortschritt es eigentlich sein soll, ist bisher nicht immer genau ausbuchstabiert worden. Sozialer, ökologischer oder technischer Fortschritt stehen oft nebeneinander, manchmal auch gegeneinander.

Erste Enttäuschungen für alle Parteien

Und so sind unterschiedliche Interessenlagen innerhalb der Regierung bereits jetzt an der Tagesordnung. Alle mussten bereits Enttäuschungen hinnehmen.

► In der Ukraine-Krise und gegenüber Nord Stream 2 tut sich die SPD schwer, eine einheitliche Linie zu finden. Zu groß ist die Nähe zu Russland, insbesondere von ostdeutschen Parteigranden und nicht zuletzt durch den Einfluss von Altkanzler Schröder.

► Bei den Grünen mussten der neue Klimaschutzminister Habeck und die Außenministerin Baerbock zuletzt dabei zusehen, wie die EU-Kommission die Atomenergie zu einer grünen Energie erklärt hat. Viel schwerer wog aber noch, dass Habeck die KfW-Förderung für energieeffiziente Gebäudesanierung abrupt stoppen musste.

► In der Corona-Krise und der Frage der Impfpflicht hat der dritte Koalitionspartner, die FDP, Probleme, sich mit ihren beiden Partnern abzustimmen. Dies führte dazu, dass die Ampel nicht in der Lage war, einen gemeinsamen Gesetzentwurf einzubringen. Stattdessen soll die Frage nun als Gewissensfrage, und damit ohne Fraktionszwang, diskutiert werden. Die Uneinigkeit wird kaschiert.

In Umfragen macht sich schon bemerkbar, dass die Wähler die Durchsetzungsfähigkeit der einzelnen Koalitionspartner sehr unterschiedlich beurteilen. Der Einfluss der FDP wird am stärksten eingeschätzt, derjenige der SPD am schwächsten. So hat die Regierungspartei mit den geringsten Stimmenanteilen offenbar in den Augen der Wähler den größten Einfluss auf die Politik, während die Kanzlerpartei den geringsten hat.

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FDP-Wähler bleiben skeptisch

Anders sieht es in den Augen der Anhänger der Parteien aus. Die Sympathisanten von SPD und Grünen drücken gegenüber der Arbeit der Regierung große Zustimmung aus. SPD-Wähler sind zu 68 Prozent mit Scholz' Kabinett zufrieden, Grünen-Wähler zu 67 Prozent. Weit dahinter stehen die Wähler der Freien Demokraten. Sie können nur zu 42 Prozent etwas mit der Arbeit der Ampelregierung anfangen.

Die FDP-Anhänger liegen damit in etwa auf Höhe der Stimmung der Gesamtbevölkerung. Gleichzeitig sind sie mit ihrer eigenen Regierung ähnlich stark zufrieden, wie die Anhänger der oppositionellen Linken. Der Vergleich zum Januar zeigt, dass sich dieser Trend noch verschärft hat. Die Unzufriedenheit in der Gesamtbevölkerung ist innerhalb eines Monats um 20 Prozent gestiegen. Die Skepsis in der FDP-Wählerschaft sogar um 23 Prozent.

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Manchem liberalen Wähler ist wohl doch etwas unbehaglich bei dem Gedanken, mit Parteien zusammenzuarbeiten, die lange zum anderen Lager gehörten. Es reicht offenbar nicht, im Koalitionsvertrag viele rot-grüne Wahlversprechen abgewehrt zu haben und jetzt Wächter über die Finanzen zu sein.

Grünen droht vehementer Widerstand

Nun scheint es in der FDP ein Bedürfnis zu geben, der eigenen Basis Eigenständigkeit zu signalisieren. Der Vorstoß des FDP-Generalsekretärs, dem RKI-Chef Wieler das Vertrauen zu entziehen, weil dieser die Dauer des Genesenenstatus verkürzt hat, macht dies deutlich. Auch die Ankündigung von Finanzminister Lindner, die EEG-Umlage auf den Strompreis bereits früher zu streichen, kann so verstanden werden. Der FDP dürfte dabei im Gedächtnis sein, dass bei der letzten Wahl der größte Teil ihrer Wähler, der von einer anderen Partei kam, von der CDU zu ihr gewechselt sind. Diese Wähler können auch jederzeit wieder zurückgehen.

Auch die Grünen haben eine große Fallhöhe, da sie im Wahlkampf als Veränderungspartei aufgetreten sind. Dies gilt besonders für klimapolitische Fragen. Klimaschutzminister Habeck hat bereits angekündigt, dass für die Erreichung der Klimaziele noch viele weitere Reformen notwendig seien. Dies betrifft die Themen, welche die größten gesellschaftlichen Veränderungen und damit verbunden auch die vehementesten Widerstände mit sich bringen dürften.

Und wenn die Grünen zukünftig wieder zu alten Umfragehöhenflügen zurückwollen, dürfen sie nicht nur die Interessen ihrer jetzigen Wähler bedienen. Sie müssen auch in diesen Fragen eine Brücke zu den Wertkonservativen in der Gesellschaft schlagen, um bei Wahlen weiter in das bürgerliche Lager vordringen zu können.

Und nicht zuletzt die SPD scheint zu erkennen, dass es nicht reicht, den Kanzler zu stellen und sich als reine Verwalterin der Macht zu gebärden. So kann sie zwar Konflikten aus dem Weg gehen, doch muss die Partei im Profilierungswettbewerb mit den Koalitionspartnern und einer Merz-CDU mit unbegrenzter Beinfreiheit inhaltlich erkennbar sein.

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Nicht zuletzt dürfte ihr linker Flügel einen zurückhaltenden Kurs kaum mitmachen. So haben die Jusos in der Bundestagsfraktion schon erklärt, demnächst ein eigenes Netzwerk gründen zu wollen. Die Notwendigkeit zur inhaltlichen Profilierung der SPD gilt besonders vor dem Hintergrund der Konkurrenz zu den Grünen. Denn beide streiten bei den nächsten Wahlen um die linke Mitte der Wählerschaft.

Auch wenn es bereits bei anderen neu ins Amt gekommenen Regierungen vorgekommen ist, dass nach der Euphorie des Startes erst einmal Ernüchterung einsetzt, muss diese Stimmungsabkühlung den Parteien doch zu denken geben. Denn in diesem Jahr stehen, so etwa in Nordrhein-Westfalen, wichtige Landtagswahlen an. Vor allem jedoch müssen die drei Ampelpartner erst noch beweisen, dass diese neue Koalition in Berlin wirklich auf Dauer tragen kann.

Verwendete Quellen
  • Infratest-dimap: Deutschlandtrends Januar und Februar 2022
  • Forschungsgruppe Wahlen: Politbarometer Januar 2022
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