"Widerspricht dem letzten Willen" Witwe lehnt geplante Helmut-Kohl-Stiftung ab
Um das geistige Erbe des verstorbenen Ex-Kanzlers Helmut Kohl wird weiter gestritten. Der Bundestag will im Namen Kohls eine politische Stiftung gründen. Seine Witwe Maike ist jedoch strikt dagegen.
Die Gründung einer Bundeskanzler-Helmut Kohl-Stiftung wird in der geplanten Form und zum jetzigen Zeitpunkt von der Witwe Maike Kohl-Richter abgelehnt. "In meiner Funktion als Erbin und Witwe Helmut Kohls habe ich dem Vorhaben nicht zugestimmt", schrieb sie am Donnerstag auf ihrer Internetseite. "Das Vorhaben widerspricht dem letzten Willen meines Mannes."
Der Bundestag wollte am Donnerstagabend die Gründung der Stiftung beschließen. Schon bei der ersten Beratung des entsprechenden Gesetzentwurfs war dafür eine breite Mehrheit deutlich geworden. Vorbilder sind die Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung oder die Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung.
Beabsichtigter Beitrag der Stiftung
Zweck der Stiftung soll es laut Gesetzentwurf sein, "das politische Wirken Dr. Helmut Kohls für Freiheit und Einheit des deutschen Volkes, für den Frieden in der Welt, für die Versöhnung mit den europäischen Nachbarstaaten und die europäische Integration zu wahren". So solle ein Beitrag zum Verständnis der Zeitgeschichte und der weiteren Entwicklung der Bundesrepublik geleistet werden.
Die Stiftung soll zur Erforschung, Stärkung und Weiterentwicklung des europäischen Integrationsprozesses im globalen Umfeld beitragen. Zudem solle sie Kenntnisse zu den heutigen und künftigen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen in Deutschland, Europa und der Welt vertiefen und erweitern.
Kanzler zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung
Kohl war von 1982 bis 1998 Kanzler und von 1973 bis 1998 CDU-Vorsitzender gewesen. Sein Name steht für die Wiedergewinnung der deutschen Einheit und den Ausbau der europäischen Integration, aber auch für die 1999 aufgedeckte CDU-Spendenaffäre.
Kohls Witwe schrieb, die Konstruktion der Stiftung entspreche zu diesem Zeitpunkt nicht den Vorstellungen ihres Mannes. "Die CDU hat sich von meinen Bedenken und Vorstellungen, die ich über viele Jahre mit meinem Mann besprochen habe und wir gemeinsam entwickelt haben, (bisher) nicht beeindrucken lassen."
Kohl als "Spielball der Politik"
Kohl-Richter kritisierte weiter: "Die CDU riskiert damit sehenden Auges, dass Helmut Kohl zum Spielball der Politik und neuer Mehrheitsverhältnisse wird: Man muss das Stiftungsgesetz – was jederzeit mit einfacher Regierungsmehrheit möglich ist – nur immer wieder entsprechend anpassen und die Gremien entsprechend umbesetzen.
In einer elfseitigen Pressemitteilung von Kohl-Richters Anwälten wird "das unbedingte "Durchprügeln" der Stiftungsidee im Hauruckverfahren in dieser Legislaturperiode" kritisiert. Die CDU hätte zunächst einmal den Spendenkomplex aufarbeiten und "ihr Verhältnis zu Helmut Kohl klären müssen, wofür die Verantwortlichen aber – erkennbar – jede Bereitschaft und jegliche Offenheit und (menschliche) Sensibilität vermissen lassen".
Ihre Mandantin habe "schlicht Zweifel, dass eine objektive Aufarbeitung von Helmut Kohls Leben und Politik im Rahmen der geplanten Stiftungskonstruktion jedenfalls zu diesem Zeitpunkt und unter diesen Voraussetzungen gelingen kann und auf gutem, klarem Fundament steht", schrieb die Anwaltskanzlei weiter. "Wie soll unsere Mandantin darauf vertrauen, dass die geplante, angeblich (wie erkennbar nicht) politisch unabhängige Stiftung nicht doch auf Linie der sogenannten Spendenaffäre nur wieder die Fortsetzung des politischen Kampfes gegen Helmut Kohl und seine Politik ist?"
- Nachrichtenagentur dpa