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Was macht Wagenknecht? Machtkampf in der Linken – Spekulationen um Rücktritt


Was macht Wagenknecht?
Machtkampf in der Linken – Spekulationen um Rücktritt

dpa, Christiane Jacke, Basil Wegener

Aktualisiert am 08.06.2018Lesedauer: 4 Min.
Katja Kippink (l.) und Sahra Wagenknecht: Zwischen Parteivorsitzender und Fraktionschefin kriselt es schon länger. Nun machen erneut Gerüchte um einen Rücktritt Wagenknechts die Runde.Vergrößern des Bildes
Katja Kippink (l.) und Sahra Wagenknecht: Zwischen Parteivorsitzender und Fraktionschefin kriselt es schon länger. Nun machen erneut Gerüchte um einen Rücktritt Wagenknechts die Runde. (Quelle: Gregor Fischer/dpa-bilder)
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Ein schwerer Machtkampf plagt die Linke. Ausgetragen unter den zwei Frontfrauen der Partei: Sahra Wagenknecht und Katja Kipping. Auf dem Parteitag könnte es nun knallen.

Die Linke läuft derzeit wieder zur Höchstform auf. Zumindest was ihr Talent zu dramatischen innerparteilichen Kämpfen angeht. Die Fehde zwischen Parteiführung und Fraktionsspitze – vor allem zwischen Fraktionschefin Sahra Wagenknecht und Parteichefin Katja Kipping – ist passend zum Parteitag aufgeblüht. Sie liefern sich erbitterte öffentliche Auseinandersetzungen, kämpfen um die Macht und den Kurs der Linken.

Wagenknecht dementiert Bericht über Rücktritt

Der Bundesparteitag in Leipzig an diesem Wochenende soll eigentlich einige Dinge klären und etwas Ruhe einkehren lassen – so hoffen zumindest manche in der Partei. Doch danach sieht es nicht wirklich aus. Die Gräben könnten womöglich noch tiefer werden. Am Freitag sieht sich Wagenknecht sogar genötigt, einen Medienbericht über ihren womöglich bevorstehenden Rücktritt zu dementieren. "Nein, da ist nichts dran. Ich weiß nicht, wie sie darauf kommen."

Für den Bundestagswahlkampf hatte sich die Führungsriege ein bisschen Frieden verordnet. Doch nach der Wahl brachen die Konflikte wieder aus, und zwar heftig. Denn die Zukunft der Partei ist ungewiss: Bei der Wahl wanderten mehrere hunderttausend Wähler zur AfD ab. Bei Arbeitern und Arbeitslosen schwindet die Zustimmung. Die Kernwählerschaft der Linken bröckelt.

Streit um Flüchtlinge und Migration

Seitdem tobt ein Streit um die Flüchtlings- und Migrationspolitik. Wagenknecht mahnt, die Linke erreiche bestimmte Milieus nicht mehr. Ein Kurs der offenen Grenzen für alle sei weltfremd und verprelle viele Bürger, die sich mit ihren Nöten nicht ernstgenommen fühlten. Einen unbeschränkten Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt etwa dürfe es nicht geben. Kipping dagegen meint, die Linke müsse die "Bastion der Flüchtlingssolidarität" sein. Ihr Co-Parteichef Bernd Riexinger versucht es beim Parteitag mit Appellen an das Gemüt der Linken: Es gehe bei der Flüchtlingsfrage um das Selbstverständnis der Partei, ja, um "ihr Herz und ihre Seele, ihre Funktion und ihre Bedeutung". Also um alles irgendwie.

Kipping und Riexinger werfen Wagenknecht vor, sich in der Asylfrage von linken Positionen zu entfernen und rechten Parolen anzunähern. Wagenknecht wiederum hält das für infam. Es geht giftig zu.

Für Streit sorgt auch, dass Wagenknecht eine linke Sammlungsbewegung gründen will. Kipping und Riexinger sehen das als Gefahr für die Partei, beklagen sich über Alleingänge von Wagenknecht. Die wiederum beschwert sich über eine schlechte Führung der Partei. Das Wagenknecht-Lager schimpft öffentlich über gezielte Mobbing-Aktionen gegen ihre Ikone.

Im vergangenen Oktober eskalierte der Streit: Bei einer Fraktionsklausur in Potsdam versuchten Kipping und Riexinger damals, sich Mitbestimmung im Fraktionsvorstand zu sichern. Wagenknecht drohte mit Rücktritt. Krisengespräche fanden in einem gläsernen Konferenzraum quasi vor laufenden Kameras statt.

Beide Seiten überziehen sich ständig öffentlich mit gegenseitigen Vorwürfen. Direkt kommunizieren sie dagegen so gut wie gar nicht miteinander. Vor allem Kipping und Wagenknecht schüren das Feuer. Ihre jeweiligen Co-Vorsitzenden in der Partei und der Fraktion, Riexinger und Dietmar Bartsch, stehen eher im Hintergrund.

Fernduell der Vorsitzenden

Unmittelbar vor dem Parteitag liefern sich Kipping und Wagenknecht ein Fernduell. Kipping sagt, sie wolle nach der Versammlung keine internen Querelen zur Flüchtlingspolitik mehr dulden. "Die Frage wird dort geklärt, und danach sind alle aufgerufen, dass man einen Strich unter die bisherigen Auseinandersetzungen ziehen möge und nach vorne schaut." Und: Wer die Partei schädige, der wecke "Löwenmutter-Reflexe" in ihr.

Wagenknecht wiederum erklärt, die eigentlich strittigen Fragen, zur Arbeitsmigration etwa, stünden beim Parteitag gar nicht zur Abstimmung. "Trotzdem versuchen die Parteivorsitzenden jetzt öffentlich den Eindruck zu erwecken, die Annahme dieses Leitantrags wäre für mich eine vernichtende Niederlage", klagt sie. "Das zeigt doch nur, dass es ihnen gar nicht um inhaltliche Klärung geht, sondern wieder nur um innerparteiliche Machtpolitik. Das ist genau das Herangehen, das die Linke schon seit Monaten schwächt."

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Wird es knallen bei dem dreitägigen Parteitag, der bis Sonntag dauert? Wahrscheinlicher ist, dass alles so bleibt, wie es ist, und der Konflikt ungelöst bleibt. Das, was zur Abstimmung steht, verstehen beide Seiten unterschiedlich. Wagenknecht und Bartsch haben bereits erklärt, eine Debatte dieser Art lasse sich nicht einfach per Mehrheitsbeschluss auf einem Parteitag abbinden. Zum Start dort zeigt sich: Viele Delegierte sind genervt von den Kämpfen an der Spitze.

Spannend dürfte es bei den Wahlen am Samstag werden – die Führung wird in Leipzig neu aufgestellt. Für Kipping und Riexinger sind bisher zwar keine Gegenkandidaten in Sicht. Interessant wird aber, welches Ergebnis sie einfahren. Quasi stellvertretend kommt es auf der Ebene darunter zum Posten-Wettbewerb. Für den Job als Bundesgeschäftsführer gibt es zwei Kandidaten: den Wunsch-Mann der Parteispitze, Sachsen-Anhalts Vize-Landeschef Jörg Schindler, und den Thüringer Ex-Bundestagsabgeordneten Frank Tempel, der überraschend antritt und dem eher eine Nähe zum Bartsch-Lager nachgesagt wird.

Offiziell kommt von allen Beteiligten der Ruf, der Parteitag müsse einen Schlussstrich unter die bisherigen Streitigkeiten setzen. Hinter den Kulissen befürchten manche Spitzenleute aber, dass die Konfrontationen künftig eher mehr als weniger werden.

Es ist unklar, wie lange Kipping und Riexinger noch an der Spitze der Partei stehen werden. Nach den Parteiregularien soll nach acht Jahren Schluss sein – das wäre für die beiden in zwei Jahren. Eine strikte Grenze ist das aber nicht. Kipping hält sich offen, ob sie danach weitermachen will. Mancher Parteikollege vermutet, dass sie perspektivisch eher auf den Fraktionsvorsitz schielt. Das könnte den Konkurrenzkampf zwischen Wagenknecht und ihr noch verstärken.

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