Regierung in Thüringen Ramelow will Regelwerk für Landtagsmehrheiten ohne AfD
Die Verhältnisse im Thüringer Landtag sind schwierig, die Ministerpräsidentenwahl wird heikel. Nun macht Bodo Ramelow der Brombeer-Koalition einen Vorschlag.
Thüringens geschäftsführender Ministerpräsident Bodo Ramelow zeigt sich im Streit um eine Vereinbarung zwischen seiner Linke-Fraktion mit der Brombeer-Koalition aus CDU, BSW und SPD kompromissbereit. Er schlage eine Art Regelwerk vor, an das sich die vier Fraktionen angesichts der Patt-Situation und einer starken AfD im Landtag halten sollen, sagte Ramelow der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Er sprach von einem Pflichtenheft, das nicht zwingend von den Parteien abgeschlossen werden müsse.
CDU will keine schriftliche Vereinbarung
Es könnte auch von den parlamentarischen Geschäftsführern von CDU, BSW, SPD und Linke schriftlich vereinbart werden, so sein Vorschlag. "Lassen Sie uns ein verbindliches Verfahren definieren." Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Andreas Bühl, lehnte eine schriftliche Vereinbarung erneut ab. Nach Angaben von Linke-Fraktionschef Christian Schaft ist ein Treffen zu der Linke-Forderung nach einer Vereinbarung mit den Brombeer-Koalitionären am kommenden Montag geplant.
"Die CDU muss sich bewegen. Sie will mit Mario Voigt den nächsten Ministerpräsidenten stellen. Wir brauchen jetzt eine Lösung" so Thüringens langjähriger Regierungschef. Es gehe darum, dass sich die vier Fraktionen bei der Ministerpräsidentenwahl am 12. Dezember, aber auch bei anderen wichtigen Entscheidungen in den kommenden Jahren im Landtag "nicht von der AfD treiben lassen".
Ramelow will Erpressungsversuche mit der AfD ausschließen
Kern eines "Pflichtenhefts der demokratischen Parteien im parlamentarischen Raum" sollte seiner Meinung nach sein, dass sich die Koalitionsfraktionen und die Linke verpflichten, der anderen Seite nicht mit Abstimmungen zusammen mit der AfD zu drohen. "Es geht um den Verzicht von wechselseitigen Erpressungsversuchen mit Hilfe der AfD." Dadurch würden "destruktive Spielchen der AfD" ins Leere laufen.
Hintergrund sind die schwierigen Mehrheitsverhältnisse im Thüringer Landtag: Erstmals stellt die AfD in einem Landesparlament mit 32 Abgeordneten die stärkste Fraktion. Die Koalitionäre von CDU, SPD und BSW kommen auf 44 von 88 Abgeordneten im Parlament und sind damit auf mindestens eine Stimme der Opposition angewiesen. Die Linke, die wie die AfD Opposition ist, hat zwölf Abgeordnete.
Ramelow sieht in seinem Vorschlag eine Konkretisierung des Konsultationsverfahrens, das im Koalitionsvertrag von CDU, BSW und SPD steht. Danach sollen alle Fraktionen bei Gesetzen vor der Einbringung in den Landtag über Eckpunkte informiert werden und eine Stellungnahme abgeben können. "Es geht um den ausdrücklichen Verzicht, dass die AfD bei Entscheidungen das Zünglein an der Waage sein kann." Es gehe nicht um eine Tolerierung der Koalition durch die Linke und damit eine Mitverantwortung. Das wollten beide Seiten nicht.
Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion verwies auf das vorgesehene Konsultationsverfahren. Bühl: "Darüber hinaus braucht es keine schriftliche Vereinbarung. Es liegt jetzt an der Linken, sich klar zu ihrem Stimmverhalten bei der Ministerpräsidentenwahl zu bekennen, damit die AfD keine weiteren Spiele mit der Demokratie treiben kann." Die Linke habe über Jahre auf staatspolitische Verantwortung gedrängt. "Das ist aber keine Einbahnstraße."
Ramelow hatte mit einer rot-rot-grünen Minderheitskoalition seit 2020 regiert. Diese hatte für ein Jahr einen Stabilitätspakt mit der CDU geschlossen. Danach wurde vor wichtigen Entscheidungen wie dem Landeshaushalt regelmäßig miteinander verhandelt.
- Nachrichtenagentur dpa