Tötung von Soleimani Linke zeigt Merkel an – wegen Drohnenangriff
"Beihilfe durch Unterlassen zum Mord" – so lautet die Strafanzeige, die Politiker der Linken gegen Mitglieder der Bundesregierung gestellt haben. Grund ist die Tötung des iranischen Generals Soleimani.
Bundestagsabgeordnete der Linken haben im Zusammenhang mit der Tötung des iranischen Generals Ghassem Soleimani Strafanzeige gegen Mitglieder der Bundesregierung beim Generalbundesanwalt gestellt. Gegen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Mitglieder ihrer Regierung gebe es einen Tatverdacht wegen "Beihilfe durch Unterlassen zum Mord" an Soleimani sowie an dem Vizechef der irakischen Volksmobilisierungskräfte, Abu Mahdi al-Muhandis, heißt es in der am Donnerstag gestellten Anzeige der acht Abgeordneten. Sie lag der Deutschen Presse-Agentur vor.
Hintergrund sind Berichte und Erklärungen, wonach Datenströme für US-Drohnenangriffe über den US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz laufen. Soleimani war am 3. Januar in der Nähe des Flughafens Bagdad mit Raketen getötet worden, die von einer US-amerikanischen Reaper-Drohne aus abgefeuert wurden. Er war Kommandeur der iranischen Al-Kuds-Brigaden. Genannt werden in der Anzeige auch die Tötung eines Flughafenmitarbeiters, der zufällig in der Nähe war, sowie vier weiterer Menschen in der Fahrzeugkolonne.
Es geht um Daten in deutschen Militärbasen
Zuständige deutsche Bundesminister hätten es "offenbar bislang unterlassen", sich durch "geeignete Maßnahmen" zu vergewissern, dass über das Datennetz Ramstein keine völkerrechtswidrigen Drohnenangriffe gesteuert werden, so die Linke-Politiker in der Anzeige. Äußerungen, wonach Kampfdrohnen von Ramstein "weder gestartet noch gesteuert" würden, gingen am Thema vorbei.
Beantragt werden umgehende Ermittlungen. Namentlich genannt werden Außenminister Heiko Maas (SPD), Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU).
Völkerrechtsverletzungen von deutschem Staatsgebiet
Die Abgeordneten verweisen auf eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 19. März 2019, das die zentrale Rolle Ramsteins bei der Weiterleitung von Drohnen-Daten beleuchtet und die sachliche Richtigkeit angenommen hat. Die Bundesregierung habe sicherzustellen, dass vom deutschen Staatsgebiet aus keine Völkerrechtsverletzungen ausgehen.
"Eine Steuerung von US-Kampfdrohnen unmittelbar aus den Einsatzgebieten im Nahen und Mittleren Osten heraus erfolgt nicht", heißt es in der Anzeige. "Es ist stattdessen davon auszugehen, dass die Steuerbefehle für den US-Drohnenangriff über eine Satelliten-Relaisstation auf deutschem Staatsgebiet – auf der US-Airbase in Ramstein in Rheinland-Pfalz – weitergeleitet wurden, da dies aufgrund der Erdkrümmung derzeit der einzige Weg ist, über den die US-Kräfte aus den USA heraus Steuersignale für Reaper-Drohnen im Irak übertragen und die korrespondierenden Signale sowie Sensordaten der Drohnen empfangen können."
"Beihilfe durch Unterlassen"
Die gezielte Tötung in Bagdad sei strafrechtlich als heimtückischer Mord mit gemeingefährlichen Mitteln zu werten, so die Linke-Politiker. Der Angriff sei außerhalb eines internationalen bewaffneten Konflikts und auch nicht zur Abwehr gegenwärtiger Gefahren für Leib und Leben erfolgt. "Zu dieser tatbestandsmäßigen, rechtswidrigen Haupttat haben die angezeigten Mitglieder der Bundesregierung Beihilfe durch Unterlassen geleistet", heißt es.
Von einem "Doppelstandard" bei der Beachtung internationalen Rechts sprach Alexander Neu, Linke-Obmann im Verteidigungsausschuss und einer der Unterzeichner. "Völkerrechtsbrüche nicht-westlicher Drittstaaten anzuprangern, aber selbst bewusst die Augen vor dem Missbrauch deutschen Staatsgebietes für US-amerikanische Militäreinsätze zu verschließen, ist pure Heuchelei", kritisierte er. "Das deutsche Ramstein ist ein Dreh- und Angelpunkt für die globale Gewaltpolitik der USA."
- Nachrichtenagentur dpa