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Drastischer Anstieg der Rüstungsexporte sorgt für Unmut


"Es gibt klare Festlegungen"
Drastischer Anstieg deutscher Rüstungsexporte sorgt für Unmut

Von dpa
11.07.2019Lesedauer: 4 Min.
Patrouillenboote für Saudi-ArabienVergrößern des Bildes
Vorbereitung eines Schiffs für den Export: Breit diskutiert werden auch immer wieder der Export von Schiffen und U-Booten aus Deutschland. (Quelle: imago-images-bilder)

Drei Jahre lang sind die Rüstungsexporte kontinuierlich gesunken. Jetzt gibt eine Trendwende – und Zweifel, ob die Genehmigungspraxis der Bundesregierung mit dem Koalitionsvertrag vereinbar ist.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier hat die sprunghafte Zunahme der Rüstungsexporte auf die lange Hängepartie bei der Regierungsbildung nach der Wahl 2017 zurückgeführt. Dadurch sei ein Entscheidungsstau entstanden und der Anstieg daher "nur scheinbar überraschend", sagte der CDU-Politiker in Washington.

Den Vorwurf der Opposition, die Regierung verstoße mit Exportgenehmigungen für am Jemen-Krieg beteiligte Länder gegen den Koalitionsvertrag, wies Altmaier zurück. "Es gibt klare Festlegungen im Koalitionsvertrag, die von beiden Seiten eingehalten werden", sagte er.

Exporte im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt

Das Wirtschaftsministerium hatte mitgeteilt, dass von Januar bis Juni Rüstungsexporte im Wert von 5,3 Milliarden Euro genehmigt wurden. Das ist mehr als doppelt so viel wie im Vorjahreszeitraum und schon mehr als im gesamten vergangenen Jahr (4,8 Milliarden Euro). Zwischen 2016 und 2018 waren die Rüstungsexporte kontinuierlich gesunken.

Unter den zehn wichtigsten Empfängerländern sind mit Ägypten an Nummer 2 (801,8 Millionen Euro) und den Vereinigten Arabischen Emirate auf Platz 6 (206,1 Millionen Euro) zwei Länder, die am Jemen-Krieg beteiligt sind. Union und SPD hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag im März 2018 eigentlich vorgenommen, Exporten an die "unmittelbar" am Jemen-Krieg beteiligten Staaten einen Riegel vorzuschieben. Bereits vorgenehmigte Lieferung wurden allerdings ausgenommen. Die VAE führen zusammen mit Saudi-Arabien eine Kriegsallianz an, die die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen bekämpft.

Heckler & Koch macht mehr Gewinn mit Nicht-Nato-Staaten

Ein bekannter Waffenhersteller ist Heckler & Koch. Das Unternehmen hat mit dem Geschäft mit Staaten außerhalb der Nato wieder mehr Umsatz gemacht als zuvor. Der Anteil an den Gesamterlösen des Unternehmens stieg 2018 von etwa zwei auf sieben Prozent, wie aus dem Konzernabschluss hervorgeht. Die Firma begründet diese Entwicklung mit der "Abarbeitung eines Altvertrags sowie der Auslieferung nicht genehmigungspflichtiger Güter in den Rest der Welt".

Seit 2016 macht die Firma nach eigenen Angaben nur noch Neugeschäft mit "Grünen Ländern", also Nato-Staaten oder gleichgestellte Länder. Brasilien und Indien zum Beispiel fielen dadurch weg. Die Firmenspitze hat aber stets betont, dass man Verpflichtungen aus Altverträgen nachkommen werde. Die Zahlen verdeutlichen, dass solche Verträge noch immer eine relevante Größe sind bei den H&K-Geschäften.

Unmut bei SPD und Opposition

Das Thema Waffenexporte Die Regierungsbildung nach der Bundestagswahl hatte ein halbes Jahr gedauert. In der Übergangszeit blieben viele politisch heikle Anträge liegen. Allerdings hatte es in den ersten neun Monaten nach Amtsantritt der neuen Regierung noch keinen Anstieg gegeben.

Die Halbjahreszahlen sorgen nicht nur in der Opposition, sondern auch bei der SPD für Unmut. Der SPD-Rüstungsexperte Thomas Hitschler kritisierte vor allem, dass immer noch Rüstungsgüter an Staaten geliefert werden, die am Jemen-Krieg beteiligt sind. "Ich sehe keine vertretbare Grundlage für Rüstungsexporte in diese Region", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Die Exportgenehmigungen an die VAE seien nicht akzeptabel. "Die Formulierungen im Koalitionsvertrag sind eindeutig", betonte Hitschler. Er forderte ein "verbindliches und restriktives Rüstungsexportgesetz, das eine klare und eindeutige Rechtsgrundlage schafft".

Verletzung der Rüstungsexportrichtlinien vorgeworfen

Der Grünen-Außenexperte Nouripour kritisierte den drastischen Anstieg der Rüstungsexporte scharf: "Diese Rekordzahlen führen alle Bekenntnisse einer restriktiven Rüstungsexportpolitik ad absurdum", sagte er. "Besonders die Lieferungen an Ägypten und die VAE, die Teil der Kriegsallianz im Jemen sind verstoßen gegen Koalitionsvertrag und Rüstungsexportrichtlinien."

Ähnlich äußerte sich die Linke. "Die Bundesregierung verletzt nicht nur die Rüstungsexportrichtlinien und den eigenen Koalitionsvertrag. Vielmehr heizen die deutschen Rüstungsexporte Kriege wie in Libyen oder im Jemen an", sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sevim Dagdelen. "Die Profite der Rüstungsschmieden und geopolitische Interessen sind der Bundesregierung offenbar wichtiger, als die Beilegung von Konflikten und Beendigung von Kriegen."

Insgesamt war der Anteil der Exporte an sogenannte Drittstaaten außerhalb von Nato und Europäischer Union mit 40 Prozent aber relativ gering – in den vergangenen Jahren lag er über 50 Prozent. Das liegt aber vor allem daran, dass ein Drittel des Exportvolumens auf einen EU- und Nato-Partner entfallen: Ungarn, das Rüstungsgüter für 1,76 Milliarden Euro erhält.

Deutschland unterstützt besonders die Aufrüstung von Ungarn

Die Statistik zeigt erstmals, wie stark sich Deutschland an der Aufrüstung der ungarischen Streitkräfte durch die rechtsnationalen Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban beteiligt. Der will die Ausgaben für die ungarischen Streitkräfte verdoppeln und damit das Nato-Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichen.

Unter anderem hat Krauss-Maffei Wegmann (KMW) im vergangenen Dezember einen Vertrag zur Lieferung von 44 neugefertigten Kampfpanzern Leopard 2 A7+ und 24 neugefertigten Panzerhaubitzen 2000 unterzeichnet. Außerdem soll Ungarn Bergepanzer des Typs "Wisent 2" und Panzerschnellbrücken vom Typ "Leguan" in Deutschland geordert haben.

Die Bundesregierung hatte sich erst vor zwei Wochen strengere Regeln für die Genehmigung von Rüstungsexporten gegeben. Das Kabinett beschloss eine Verschärfung der fast 20 Jahre alten Ausfuhr-Richtlinien, und schob damit unter anderem der Lieferung von Kleinwaffen in Länder außerhalb von Nato und EU einen Riegel vor.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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