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Starlink | Gespräche abgebrochen: Deutschlands Angst vor Elon Musk


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Zu große Risiken?
Bundeswehr beendet Gespräche mit Elon Musk


04.02.2024Lesedauer: 5 Min.
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Elon Musk, der fast reichste Mann der Welt: Sein Einfluss gilt als Sicherheitsrisiko. (Quelle: IMAGO/Beata Zawrzel)

Elon Musks Satelliten revolutionieren die Kriegsführung. Doch sein Einfluss gilt als Sicherheitsrisiko. Verhandlungen mit der Bundeswehr sind gescheitert.

In einer Nacht im September 2022 entging die russische Schwarzmeerflotte möglicherweise dem folgenschwersten Angriff seit Beginn der Invasion. Unbemannte Drohnenboote des ukrainischen Militärs sanken vor der Halbinsel Krim wirkungslos zum Meeresboden, zerstörten sich selbst oder strandeten orientierungslos an der Küste. Ukrainische Kommandeure hatten sie mit Sprengladungen auf ihre Ziele angesetzt – und mussten die Erfahrung machen, dass die Technologie, die ihnen bis dahin einen großen Vorteil im Kampf gegen die russischen Invasoren verschafft hatte, nicht so zuverlässig ist, wie zunächst angenommen.

Musk nahm Tod von Zivilisten in Kauf

Die Rede ist vom Satellitensystem Starlink des US-Investors Elon Musk, das schnelles Internet auch in entlegenste Gegenden bringen kann. Kurz nachdem die russischen Truppen zu Kriegsbeginn mit Cyberangriffen die Kommunikationssysteme ihrer Feinde ausgeschaltet hatten, war Musk in die Bresche gesprungen und hatte das System für die Ukraine zunächst kostenlos aktiviert. Seitdem wurde es zum zentralen Bestandteil der ukrainischen Verteidigung, mittlerweile bekommt Musk dafür Geld von der amerikanischen Regierung.

Doch vor der Krim, an besagtem Tag im September vor zwei Jahren, endete überraschend die Verfügbarkeit. Musk sagte, sein Unternehmen wolle nicht an einer Eskalation des Krieges beteiligt sein. Möglicherweise hatte er auch US-Sanktionen im Sinn, die die russisch besetzten Gebiete betreffen. Die Folge war allerdings, dass die Schwarzmeerflotte weiter Raketen auf ukrainische Städte abfeuern konnte und viele Zivilisten starben. Musk nahm das in Kauf.

Unberechenbar, unzuverlässig?

Seitdem ist die Diskussion um die Sicherheitsrisiken entbrannt, die von privaten Dienstleistern in militärischer Kriegsführung ausgehen, insbesondere von Starlink. Denn obwohl unbestritten ist, dass Musks Unternehmen die bislang fortschrittlichste und zuverlässigste Satelliten-Infrastruktur für schnelles Internet anbietet, ist es nicht zuletzt der erratische Führungsstil des Multimilliardärs (geschätztes Vermögen: rund 210 Milliarden US-Dollar), der ihn und seine Unternehmen zunehmend unzuverlässig wirken lässt. Zuletzt berichteten Medien über einen exzessiven Drogenkonsum, der dieses Verhalten befeuere.

In der Vergangenheit hatten Tweets von Musk über seinen Autobauer Tesla Gerichtsprozesse zur Folge; bei seinem Weltraumunternehmen SpaceX bestand er auf einem Raketenstart, der absehbar scheitern würde; im sozialen Netzwerk Twitter griff er nach seiner Übernahme nicht nur vielfach persönlich und willkürlich in die Moderation der Tweets ein – er baute das Netzwerk auch derart radikal zum heutigen "X" um, dass es zum Einfallstor für Desinformationskampagnen jeglicher staatlicher und nicht staatlicher Akteure wurde, denen kaum noch Grenzen gesetzt werden.

Das deutsche Interesse

All das hat das Vertrauen der Sicherheitsbehörden und der Politik in ihn nicht eben gefestigt. In den USA befasste sich der Senat mit den Risiken, die von der Zusammenarbeit mit ihm und SpaceX ausgehen könnten. Das US-Pentagon ging dazu über, selbst Starlink-Terminals in der Ukraine zu betreiben, um die Abhängigkeiten zu reduzieren.

Und t-online erfuhr jetzt: Auch die Bundeswehr hat einer Kooperation mit dem Unternehmen vorerst eine Absage erteilt – und das, obwohl angesichts der zentralen Rolle der Technologie in der ukrainischen Verteidigung durchaus Interesse bestand.

Knapp drei Monate nach Kriegsbeginn, im Mai 2022, hatte sich der Leiter des Cyber Innovation Hub der Bundeswehr (CIHBw) noch nahezu euphorisch öffentlich an den Starlink-CEO gewandt. In einem Twitter-Posting schrieb er: "Hey @elonmusk, Deutschland hier. Lassen Sie uns Starlink für die deutschen Streitkräfte ausprobieren. Ich warte auf Ihren Anruf. Lassen Sie uns das umsetzen." Kurze Zeit später bestätigte das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) der Nachrichtenseite "golem.de", die Innovationseinheit solle das System für private Kommunikation von Soldaten testen.

"Austausch" über militärische Dienstleistungen

Doch dabei blieb es nicht, wie sich nur eine Woche später im Bundestag herausstellte. Es gehe zwar nicht darum, bestehende kritische Infrastruktur zu ersetzen, teilte das Ministerium einem Linken-Abgeordneten mit. Überprüft werden solle allerdings, "ob z. B. mittels Starlink die Arbeitsbereitschaft und Reaktionsfähigkeit bei Krisen- und Katastrophenfällen deutlich beschleunigt und dadurch Echtzeitanwendungen stabilisiert werden können". Nur: Mit dem Unternehmen stand das BMVg damals noch gar nicht in Kontakt.

Das änderte sich anschließend. Entsprechende Informationen von t-online bestätigte ein Sprecher des BMVg auf Anfrage der Redaktion. "Zwischen dem Unternehmen Starlink und dem BMVg erfolgte ein Austausch über die Produktpalette und hinsichtlich Dienstleistungen für militärische Satellitenkommunikation", heißt es in der schriftlichen Antwort. Folgeaktivitäten hätten sich daraus nicht ergeben. "Es gibt derzeit keine konkreten Projekte mit Starlink."

Möglichkeiten für die Bundeswehr

Das lag allerdings offenbar nicht daran, dass die Technologie der deutschen Truppe mit dem System inkompatibel wäre, wie zunächst aus bundeswehrnahen Kreisen kolportiert wurde.

Das Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik (FHR) testete 2022 beispielsweise erfolgreich, dass Starlink für Passivradarsysteme "nicht nur für die Zieldetektion und -klassifizierung, sondern auch für dauerhafte Fernerkundungsanwendungen" anwendbar sei, wie aus dem kürzlich veröffentlichten Jahresbericht zu wehrwissenschaftlicher Forschung hervorgeht. Noch Mitte 2023 trafen sich Bundeswehrvertreter auch mit Unternehmen, um die Möglichkeiten auf Starlink basierender "telechirurgischer Einsatzunterstützung" zu diskutieren.

Grundsätzlich, heißt es nun dazu aus dem Ministerium, sei auch der Test des Cyber Innovation Hubs zum Ergebnis gekommen, "dass sogenannte Kleinstsatellitenkonstellationen in generischen Szenarien aus den Bereichen Katastrophenhilfe und Betreuungskommunikation aus technischer Sicht in der Lage sind, entsprechende Datenverbindungen an Land und auf hoher See herzustellen und aufrechtzuerhalten". All das führte aber nicht zu einer Einigung mit Musk.

Skepsis gegenüber Musk

Nach dem gelungenen Test mit den Starlink-Geräten kam es laut Informationen von t-online zunächst zu Verhandlungen zwischen dem Unternehmen und der Bundeswehr. Doch die Bundeswehrvertreter und Musks Leute konnten sich in zentralen Punkten nicht einigen. Die Verhandlungen endeten ergebnislos.

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Ohnehin sind Vorbehalte in den Regierungsparteien gegen eine mögliche Zusammenarbeit groß. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses und Spitzenkandidatin der FDP bei der Europawahl, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, sagte t-online: "Hier muss man grundsätzlich extrem alarmiert sein, weil es um hochsensible Bereiche geht." Musk könne in den Ukrainekrieg eingreifen und habe das nach eigener Aussage bereits getan. "Die Bundeswehr darf sich bei kritischen Technologien niemals in derartige Abhängigkeiten begeben."

Hoffnung auf IRIS²

Der SPD-Verteidigungspolitiker Kevin Leiser vertritt eine ähnliche Position. "Im sensiblen militärischen Bereich sollten wir auch künftig eigene Infrastruktur einsetzen", sagte er t-online. Schließlich betreibe die Bundeswehr ohnehin eigene Kommunikationssatelliten. Er plädiere deshalb für eine souveräne europäische Lösung, auch in weniger kritischen Bereichen. "In Europa gibt es das Satellitenprojekt IRIS², das ab 2027 flächendeckendes Internet bereitstellen will."

Tatsächlich verfolgt die Europäische Union mit IRIS² ein Programm, das eine Zusammenarbeit mit Starlink in zivilen sicherheitsrelevanten Bereichen ab 2027 weitgehend unnötig machen könnte. Die Anbindung der Bundeswehr an das Projekt wird derzeit lediglich geprüft.

Die Vertragsverhandlungen mit einem Konsortium, angeführt von Airbus Defence and Space, verzögerten sich allerdings zuletzt, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der CDU-Fraktion im Bundestag hervorgeht. Eigentlich sollte die Vergabe für das Projekt bereits im Januar erfolgen.

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