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Flut und Afghanistan: Katastrophen, die Union und Laschets Angst vor dem Absturz


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Flut und Afghanistan
Die Katastrophen, die Union und Laschets Angst vor dem Absturz

Eine Analyse von Tim Kummert

Aktualisiert am 17.08.2021Lesedauer: 4 Min.
Armin Laschet im Wahlkampf: Gerät die Union ins Wanken?Vergrößern des Bildes
Armin Laschet im Wahlkampf: Gerät die Union ins Wanken? (Quelle: imago-images-bilder)
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Erst die Flutkatastrophe, jetzt der missglückte Afghanistan-Abzug: Kann die Union die großen Krisen noch bewältigen? Oder zerbricht gerade das Vertrauen in die Partei?

In der CDU erzählt man sich in diesen Tagen eine Anekdote über Harold Macmillan, den ehemaligen Premierminister von Großbritannien. Als der britische Politiker von einem Journalisten gefragt wurde, was die größte Herausforderung seiner Regierungszeit sei, antwortete Macmillan: "Events, my dear boy, events." – Ereignisse, mein lieber Junge, Ereignisse.

Macmillan war bekennender Konservativer. Und Jahrzehnte später teilen auch die deutschen Konservativen seine größte Sorge: In der CDU wächst die Angst davor, dass die dramatischen Ereignisse der letzten Wochen ihre gesamte politische Strategie zunichte machen könnten.

Am 14. Juli begann das Hochwasser im Westen Deutschlands, es starben weit über hundert Menschen, ganze Dörfer verschwanden in der Flut. Jetzt, fünf Wochen später, zieht sich die Bundeswehr aus Afghanistan zurück – und die radikalislamischen Taliban haben das Land innerhalb von Tagen übernommen. Videos zeigen, wie manche Afghanen sich aus Verzweiflung an die letzten startenden Flugzeuge aus Kabul klammern und in den Tod stürzen. Echte Szenen, die wirken wie aus einem apokalyptischen Film.

Der Wesenskern der Christdemokraten wankt

Die zwei aufeinanderfolgenden Katastrophen, die Flut und Afghanistan, haben fast nichts miteinander zu tun. Nur eines verbindet sie: Beide Krisen wirken, als würden sie von der deutschen Regierung schlecht bewältigt.

Bei der Flut versagte das Warnsystem, in Afghanistan wurde die Sicherheitslage offensichtlich massiv falsch eingeschätzt. Und beides wird wohl viele Leben kosten. Natürlich trifft die Union nicht die Verantwortung für jedes Versagen, doch weil die Bundesregierung eben von einer Kanzlerin der CDU geführt wird, liegt der Fokus auf der Partei.

Für die Christdemokraten ist das nicht nur fürs Marketing im Wahlkampf schlecht. Ihr Wesenskern wankt. Die Union, die frühere Krisenlöser-Partei, löst plötzlich keine Krisen mehr. Im Gegenteil: Sie verursacht sie selbst.

Was bleibt von einem guten Gefühl?

Wenn man so will, haben alle anderen Parteien einen inhaltlichen Pfeiler: Die Linken gelten vielen als ehemalige SED mit dem Ziel, ein sozialistisches Regime aufzubauen. Die Grünen stehen für den Klimaschutz. Die SPD gilt als Partei der Arbeiter. Die AfD behauptet, sich für die Enttäuschten und die Rechten einzusetzen. Die FDP will die Wirtschaft stärken.

Und die CDU? Der Kern der Union in den letzten Jahren und im Bundestagswahlkampf war keine inhaltliche Forderung. Die Christdemokraten machten ein anderes Angebot an den Wähler: Ihr Angebot war das Gefühl von Sicherheit. Das Gefühl, dass schon ordentlich regiert wird, dass das Land und das Volk beschützt sind und möglichst wenig politischer Unsinn passiert.

Was bleibt davon, nachdem politisches Missmanagement Hunderte Menschenleben gekostet hat?

In erster Linie ist das ein Problem von Armin Laschet, dem Kanzlerkandidaten. Und der strauchelt in diesen Tagen erneut. "2015 darf sich nicht wiederholen" – dieser Satz von Laschet geisterte durch die Medien. Die Empörung war groß, angesichts der um ihr Leben flehenden Afghanen wirkte Laschet wie ein herzloser Grenzbeamter, der die Schranke herunterlässt. Dabei sprach sich Laschet im restlichen Statement durchaus für reichlich Unterstützung der Afghanen aus.

Laschet kämpft, doch er darf der Kanzlerin nicht in die Quere kommen

Es ist symptomatisch für seinen Wahlkampf: Laschets Fehler sind selten politische Schnitzer, oft scheint er zu wenig Gefühl für die richtigen Botschaften zu haben. Doch in der öffentlichen Wahrnehmung besteht Politik oft aus Bildern, besonders in der Krise. Laschet hat zwar einen milliardenschweren Hilfsfonds für die Opfer der Krise auf den Weg gebracht, der vielen helfen wird. Doch im Kopf dürfte bleiben, wie Laschet im Fernsehen hinter dem Bundespräsidenten feixte, als dieser über die Flutopfer sprach.

Die mangelnde Fähigkeit zur Kommunikation ist jedoch nur das eine Problem von Laschet. Das andere besteht darin, dass er permanent erklären muss, welche Pläne er hat, ohne dabei der Kanzlerin in die Quere zu kommen. Sie steht in den Krisen besonders im Fokus, sowohl bei der Flut als auch bei der Katastrophe in Afghanistan. Laschet bleibt nur, Briefe an die Mitglieder zu verschicken. So beispielsweise am Montag, in dem er schreibt, dass Merkel und Kramp-Karrenbauer jetzt "unser aller Unterstützung" verdienten.

In der Union sucht man jetzt nach Wegen, wie die Glaubwürdigkeit als Krisenlösungspartei wiederhergestellt werden kann. Es findet ein Umdenken statt, mancher sagt schon, man dürfe nicht mehr "moralbesoffen" versuchen, andere Länder zur Demokratie zu bekehren. Ausgerechnet die Konservativen diskutieren nun erstaunlich ergebnisoffen über die Rolle Deutschlands in der Welt.

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Eine neue Tonlage

Vertrauen zurückgewinnen könnte die Union etwa, indem sie in den nächsten Wochen konkrete Pläne vorlegt, wie sie die aktuellen Krisen aufarbeiten will. Sofern in den Wochen bis zur Wahl keine weiteren Katastrophen hereinbrechen.

Erste Äußerungen weisen in diese Richtung. Die Union hatte noch am 23. Juni einen Antrag der Grünen auf ein baldiges Asyl für afghanische Helfer abgelehnt. Viele von ihnen müssen jetzt um ihr Leben fürchten, weil die Taliban sie als Kollaborateure ansehen.

Roderich Kiesewetter, ein einflussreicher CDU-Politiker, schrieb nun auf Twitter: "Es war ein großer und gravierender Fehler, den Antrag der Grünen – aus Prinzip – abzulehnen. Punkt."

Es war ein Tonlage, die man bislang selten bei einem Spitzenpolitiker der Union gehört hatte: Die Tonlage der Demut.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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