Debatte um CO2-Steuer Kramp-Karrenbauer rudert im CDU-Streit zurück
Wie schützt man das Klima am besten: durch den Handel mit Verschmutzungsrechten oder eine CO2-Besteuerung? Wichtige Parteikollegen warnen vor Denkverboten. Nun rudert die CDU-Chefin zurück.
Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer ist im parteiinternen Streit um eine mögliche CO2-Steuer ein Stück weit zurückgerudert. Der Parteivorstand habe konkret lediglich über den Vorschlag beraten, die Mineralöl-Steuer mit CO2-Punkten noch stärker zu belasten, sagte die Parteichefin im Deutschlandradio. "Da war die Haltung des Bundesvorstandes, im Übrigen in Anwesenheit von Armin Laschet und Ralph Brinkhaus, sehr eindeutig zu sagen, das ist für uns nicht das erste Mittel der Wahl."
"Keine einfachen Mittel"
Kramp-Karrenbauer hatte am Wochenende auf einer CDU-Veranstaltung in Halle gesagt, hinter einer CO2-Steuer verberge sich nichts anderes als eine stärkere Belastung für Benzin, Diesel, Heizöl und Gas. Vize-Parteichef Armin Laschet und der Fraktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus hatten sich davon distanziert.
Kramp-Karrenbauer sagte, die CDU wolle den CO2-Ausstoß vor allem über den Emissionshandel und Zertifikate steuern, darüber hinaus aber auch weitere Maßnahmen vorschlagen, etwa Technologieförderung oder Investitionen im Gebäudesektor. "Das heißt, wir setzen gerade keine Denkverbote, wir wollen aber auch nicht vorschnell zu einem scheinbar einfachen Mittel greifen". Darüber hinaus räumte die Parteichefin ein, dass Mehrbelastungen durch CO2-Reduzierungen unvermeidbar seien. "Wir werden keinen Klimaschutz haben und keine Klimaschutzziele erreichen können, ohne dass die Maßnahmen am Ende des Tages spürbar sind, sowohl in der Wirtschaft, als auch beim Endverbraucher."
Laschet und Brinkhaus distanzieren sich
Dafür bekam die Kramp-Karrenbauer Gegenwind von zwei führenden CDU-Politikern. Vize-Parteichef Armin Laschet und der Fraktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus warten vor Vorfestlegungen. Brinkhaus sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: "Wir sind als Union bei neuen Abgaben und Belastungen immer sehr skeptisch. Aber es darf keine Denkverbote geben."
Ähnlich äußerte sich am Sonntagabend bereits der nordrhein-westfälische Landesparteichef Laschet: "Ich halte das für falsch, einfach Nein zu sagen", sagte er im ARD-"Bericht aus Berlin". Nötig seien größere Anstrengungen zur Reduktion des Kohlendioxids. "Deshalb sage ich: Hinschauen! Gute Ideen entwickeln! Und da sind wir genauso offen wie andere Parteien auch."
Diskussion um die Bepreisung von CO2
Bereits am Freitag hatte eine CDU-Sprecherin mitgeteilt: "Im Rahmen der Diskussion um die Bepreisung von CO2 hat sich innerhalb des CDU-Bundesvorstandes ein klares Meinungsbild ergeben, vorrangig über Möglichkeiten eines verstärkten Zertifikatehandels nachzudenken." Der "Spiegel" berichtete, dies sei auf Drängen Kramp-Karrenbauers geschehen. Auch Brinkhaus sprach davon, dass die CDU "im Übrigen auch die Ausweitung des Zertifikatehandels" prüfen wolle.
Dabei geht es um einen intensiveren Handel mit einer begrenzten Zahl von CO2-Verschmutzungsrechten: Dieser bereits bestehende EU-Emissionshandel soll dann vom Energiesektor und Teilen der Industrie ausgeweitet werden auf andere Bereiche wie den Verkehr. SPD und Grüne bezweifeln aber, dass das so einfach möglich ist und schnell wirkt.
Laschet wies auf das Beispiel Schweiz hin, wo es seit Jahren eine CO2-Steuer gibt, die zum Teil in Klimaschutzmaßnahmen investiert wird, aber durch eine pauschale Rückzahlung an alle Bürger ausgeglichen wird. "Wenn man es wie in der Schweiz macht, wenn man für den ganzen Bereich der Häuser, des Wohnens – der ein Drittel des CO2-Ausstoßes ausmacht – einen Lenkungsmechanismus findet, der es attraktiver macht, in Neues zu investieren, CO2 zu reduzieren, dann, finde ich, kann man sich diesem Gedanken nähern", sagte er.
"Das ist zu schaffen"
Brinkhaus pochte darauf, dass Bürger und Wirtschaft unter dem Strich nicht zusätzlich belastet werden. Es gehe nicht darum, die Einnahmen des Staates zu steigern. "Wenn ich den Ressourcenverbrauch belaste, muss ich Verbraucher und Wirtschaft an anderer Stelle entlasten", verlangte er. "Wer eine alte Ölheizung im Keller hat, mit seinem älteren Auto vom Land in die Stadt pendelt und sich keine teureren Bio-Lebensmittel leisten kann, darf nicht bestraft werden."
Derzeit werden sowohl nationale als auch europäische Klimaschutzziele verfehlt, es drohen teure Strafzahlungen. Bis Ende des Jahres soll ein Klimaschutzgesetz beschlossen werden. Laschet glaubt trotz der Differenzen: "Das ist zu schaffen."
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Schon jetzt hat sich die Erde nach Befunden des Weltklimarats IPCC gegenüber der vorindustriellen Zeit um etwa ein Grad Celsius erwärmt. Die Jahre 2015 bis 2018 waren nach Analysen der Weltwetterorganisation die vier wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen im 19. Jahrhundert. Geht es weiter wie bisher, ist Ende dieses Jahrhunderts die Welt wohl gut drei Grad wärmer. Zu den fatalen Folgen gehören je nach Region mehr Hitzewellen, längere Dürren sowie mehr Stürme, Starkregen und Hochwasser.
Um den Trend zu stoppen, muss der Ausstoß von Treibhausgasen etwa aus der Verbrennung von Kohle und Öl oder aus der Tierhaltung stark reduziert werden.
- Nachrichtenagentur dpa