Qualifikation, Alter, Sprache Seehofer legt Eckpunkte für Einwanderungsgesetz vor
Noch in diesem Jahr soll das lange diskutierte Einwanderungsgesetz kommen. Der zuständige Innenminister geht jetzt in die Offensive. Von einem "Spurwechsel" ist aber nicht die Rede.
Das im Koalitionsvertrag beschlossene Einwanderungsgesetz nimmt Formen an. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat nach einem Bericht des "Handelsblatts" entsprechende Eckpunkte vorgelegt. Eine endgültige Einigung über das Gesetz, das qualifizierten ausländischen Fachkräften den Zuzug nach Deutschland erleichtern soll, steht aber noch aus.
Kriterien für die Einwanderung sollen dem Bericht zufolge die Qualifikation, das Alter, Sprachkenntnisse, der Nachweis eines konkreten Arbeitsplatzangebots und die Sicherung des Lebensunterhalts sein. Ein Punktesystem, wie es die SPD 2016 in einem eigenen Gesetzentwurf vorgeschlagen hatte, werde nicht erwähnt.
Das Papier sei bereits mit dem Wirtschafts- und dem Arbeitsministerium abgestimmt und solle schnellstmöglich im Kabinett beraten werden, berichtet das "Handelsblatt". Im Zentrum stehen demnach nicht die Hochschulabsolventen, sondern Einwanderer mit Berufsausbildung. Die Regierung bestehe künftig nicht mehr auf der umstrittenen Bevorzugung einheimischer Bewerber bei der Besetzung offener Stellen. "Wir verzichten im Grundsatz auf die Vorrangprüfung", heißt es. Ein Sprecher des Innenministeriums betonte allerdings, es handele sich "noch nicht um eine endabgestimmte Version".
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bestätigte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Freitag), Innen-, Wirtschafts- und Arbeitsministerium hätten sich auf Eckpunkte geeinigt. Details seien allerdings noch zu klären: "Da sind die Gespräche noch nicht abgeschlossen." Heil forderte großzügige Regelungen für Ausländer, die in Deutschland kein dauerhaftes Bleiberecht haben. "Wir müssen schauen, dass wir uns nicht aus ideologischen Gründen selbst ein Bein stellen und die Falschen wieder zurückschicken."
Heftige Debatte um den "Spurwechsel"
Dem "Handelsblatt" zufolge gibt es in dem Entwurf keine Erwähnung des derzeit heftig diskutierten "Spurwechsels" vom Asylsystem in den Arbeitsmarkt. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hatte sich dafür ausgesprochen, auch abgelehnten Asylbewerbern durch das Zuwanderungsgesetz Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt zu verschaffen, wenn sie integriert seien und eine Ausbildung abgeschlossen hätten.
Unionsfraktionschef Volker Kauder sagte der "Passauer Neuen Presse" (Donnerstag), die Koalition werde das "Fachkräfteeinwanderungsgesetz" jetzt schnell auf den Weg bringen. Er halte aber wenig davon, den sogenannten Spurwechsel stärker zu erlauben. Es gebe schon heute Einzelfälle, in denen das möglich sei. Eine Ausweitung würde aber "neue Anreize für Menschen schaffen, es doch zu versuchen, nach Deutschland zu kommen, ohne dass sie verfolgt sind".
- Fachkräfte gesucht: Einwanderungsgesetz soll "Praktiker" anwerben
Trotz massiver Kritik verteidigte Günther seinen Vorstoß. Angesichts der Debatte über die Zuwanderung von Fachkräften werbe er gerade jetzt dafür, dass es einen "Spurwechsel" für abgelehnte, aber gut integrierte Asylbewerber mit einem Arbeitsplatz gebe, sagte er der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten".
Die Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) äußerte sich skeptisch. "Es muss gelten: Wer die Voraussetzungen für Asylgewährung nicht erfüllt, muss die Ablehnungsentscheidung so schnell wie möglich erhalten und dann auch so schnell wie möglich Deutschland wieder verlassen", sagte BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
- dpa