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Jens Spahn (CDU): Welche Rolle spielt er für Merz in einer Koalition?


Jens Spahn
Er bereitet sich vor


Aktualisiert am 17.04.2025 - 18:38 UhrLesedauer: 5 Min.
Koalitionsverhandlungen von Union und SPDVergrößern des Bildes
Jens Spahn: Seine persönlichen Aussichten haben sich zuletzt verbessert. (Quelle: Christoph Soeder/dpa/dpa-bilder)
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Jens Spahn ist prominent, ambitioniert – und umstritten. Selbst in seiner CDU. Welche Rolle spielt er für Friedrich Merz in einer schwarz-roten Koalition?

Jens Spahn sieht glücklich aus. Er lässt seinen Blick durch die Stuhlreihen wandern, in denen sich an diesem Mittwochmorgen im Bundestag ungewöhnlich viele Journalisten niedergelassen haben. Er sagt, dass er sich freue über das große Interesse in der vorösterlichen Zeit. Das sei übrigens das regelmäßige Hintergrundgespräch, das er als Fraktionsvize für Wirtschaft und Energie mache. "Bevor die Ersten schon wieder anfangen, irgendwas zu interpretieren." Und dann lächelt er.

Es gehört zum politischen Spiel, über die eigenen Ambitionen möglichst mit augenzwinkernder Uneindeutigkeit zu sprechen. Nichts ausschließen, aber sich auch nicht aufdrängen. Könnte sonst so wirken, als hätte man es nötig.

Insofern ist dieser Mittwoch im Bundestag natürlich ein wohlkalkulierter Auftritt. Fast das gesamte politische Berlin ist im Osterurlaub. Jens Spahn lädt die Hauptstadtpresse ein. Bundestag statt Badestrand. Das macht nur jemand, der noch etwas vorhat, was in der Politik eben meistens heißt: noch etwas werden will. Amt bringt Einfluss. Und was das angeht, haben sich die Aussichten von Jens Spahn zuletzt noch mal verbessert.

Mehr als ein halbes Leben im Bundestag

Jens Spahn ist erst 44 Jahre alt, sitzt aber schon seit 2002 im Bundestag, seit 23 Jahren, mehr als die Hälfte seines Lebens. Er war schon Parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium, seit 2015 war er das, und dann in der letzten Großen Koalition unter Angela Merkel Gesundheitsminister, als die Corona-Pandemie ausbrach.

Spahn ist seit Jahren einer der lautesten CDU-Politiker, was ihn bei einigen, aber längst nicht bei allen beliebt macht. Zu große Ambitionen wecken in der Politik oft Misstrauen, die manchmal nötige Rücksichtslosigkeit schafft Gegner. Hinzu kommt, dass Spahn die CDU in einer Art von der Merkel-Ära abgrenzen und nach rechts verschieben will, die liberalere Konservative eher verstört als begeistert. Sein jüngster Vorstoß, die AfD im Bundestag wie jede andere Oppositionspartei zu behandeln, ist da nur eines von vielen Beispielen.

Auch Friedrich Merz sind Jens Spahns Ambitionen nicht immer ganz geheuer, heißt es. Vor allem soll Merz Sorge bereiten, dass er glaubt, ihn nicht unter Kontrolle halten zu können. Zugleich hat Spahn aus Merz' Sicht wohl zu viele Anhänger, um ihn bei der Verteilung der Posten leer ausgehen zu lassen.

Wirtschaftsminister oder doch Fraktionschef?

Vor Monaten machte in Berlin das Gerücht die Runde, Spahn solle Botschafter in den USA werden. Passend erschien das vielen, weil Spahn enge Beziehungen zum früheren US-Botschafter in Berlin und Trump-Vertrauten Richard Grenell pflegt und oft den Republikaner-Versteher gab. Eine hübsche Geschichte war es auch deshalb, weil es einen ganzen Ozean zwischen Spahn und Merz gebracht hätte. Der Botschafterposten entsprach aber offenkundig nicht Spahns Ambitionen. Sein Umfeld dementierte.

Inzwischen wird Jens Spahn vor allem für zwei Ämter gehandelt: für den des Fraktionschefs der Union – und den des Wirtschaftsministers. Lieber noch als Minister unter Merz würde Spahn angeblich Vorsitzender der Bundestagsfraktion werden. Es gibt einiges, was aus seiner Sicht dafürspräche.

Spahn wäre als Fraktionschef freier, was seinem politischen Wesen entsprechen dürfte. Er unterläge nicht der Kabinettsdisziplin, sondern wäre Chef einer selbstbewussten Bundestagsfraktion. Die kann in Regierungszeiten ihre Rolle auch immer so interpretieren, Korrektiv des Kabinetts zu sein, Kompromisse zu hinterfragen. Was für den Fraktionschef Gelegenheit bietet, sich zu profilieren, eigene Pläne zu verfolgen.

Könnte ungemütlich werden

Das alles könnten aber genau die Gründe sein, aus denen Friedrich Merz Jens Spahn nicht so gerne zum Fraktionschef machen möchte. Ein schlecht kontrollierbarer Konkurrent, der weiß, wie Öffentlichkeit funktioniert? Könnte ungemütlich werden. Und gefährlich.

Für Jens Spahn trifft es sich deshalb gut, dass sich Anfang der Woche einer der Anwärter selbst aus der Konkurrenz genommen hat: sein politischer Freund Carsten Linnemann. Genau wie Spahn ist Linnemann zuvor als Wirtschaftsminister, aber eben auch als potenzieller Fraktionschef gehandelt worden. Jetzt aber will Linnemann Generalsekretär bleiben.

Aus dem Umfeld des Bald-Kanzlers hieß es anschließend sofort, Merz heiße Linnemanns Entscheidung gut. Doch sie schafft auch ein Problem, mindestens eines. Für den Fraktionsvorsitz bleiben von den aussichtsreichsten und profiliertesten Kandidaten nun nur noch Jens Spahn und Thorsten Frei übrig. Spahn dürfte dort nicht Merz' Favorit sein. Seinen fähigen Vertrauten Frei könnte Merz eigentlich lieber als Kanzleramtschef haben wollen. Möglich, dass Frei nun trotzdem Fraktionschef werden muss.

Für das Wirtschaftsministerium wiederum bleibt zumindest von den großen und naheliegenden Namen fast nur noch Jens Spahn übrig. Selbst wenn sich am Ende natürlich auch jemand anderes finden würde.

"Dann haben wir es einfach nicht gekonnt"

Für Jens Spahn sind das gute Nachrichten. Er wird wohl gebraucht. Und an diesem Mittwochvormittag im Bundestag vermittelt er den Eindruck, Wirtschaftspolitik für wichtiger denn je zu halten. "Wenn wir es nicht schaffen, diesem Land sehr zügig wieder Wachstum, Zuversicht, Investitionen zu bringen, dann haben wir es einfach nicht gekonnt", sagt Spahn.

Dass Wirtschaftsminister wohl trotzdem nicht Spahns Traumjob ist, dürfte auch daran liegen, dass die Aufgaben riesig, die Möglichkeiten aber klein sind. Der Einfluss eines Wirtschaftsministers ist ohnehin überschaubar. Vor allem, wenn man wie Spahn und die Union aktive Wirtschaftspolitik mit Subventionen eigentlich ablehnt und es weitgehend dabei belassen will, dass die Wirtschaft die Wirtschaft macht – und nicht die Politik.

Hinzu kommt, dass Schwarz-Rot das Ministerium deutlich schrumpft. Die Koalition löst nicht nur den Klimaschutz aus dem Wirtschaftsministerium heraus; er soll nun im Umweltministerium gemanagt werden. Auch die Zuständigkeit für Technologie und Digitalpolitik liegt künftig in zwei anderen Ministerien. Bleibt neben der Wirtschaftspolitik einzig die Zuständigkeit für Energie.

Das alles schwächt den Einfluss des Wirtschaftsministeriums erheblich. Zugleich ist der Wirtschaftsminister derjenige, auf den die Finger zeigen werden, wenn die Wirtschaft weiter schwächelt. Und das ist angesichts der strukturellen Wachstumsprobleme und der globalen Lage nicht unwahrscheinlich. Spahn weiß das natürlich alles.

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Eine Aufgabe für die ganze Regierung

Jens Spahn wäre aber wohl nicht Jens Spahn, wenn er nicht trotzdem für den Fall vorbauen würde, am Ende Wirtschaftsminister und nicht Fraktionschef zu werden. Ihm fallen an diesem Mittwoch nicht nur auffallend viele Dinge ein, die ein Wirtschaftsminister trotz allem verändern könnte. Spahn verteilt auch schon mal die Verantwortung breit – für den Fall, dass doch alles nicht so einfach wird.

"Wir haben ein gemeinsames Verständnis, dass wir die Wirtschaftswende brauchen", sagt Spahn. Und: "Das ist jetzt die entscheidende Aufgabe, mit dieser Koalition die Wirtschaftswende zu schaffen und raus aus der Rezession zu kommen." Gemeinsames Verständnis. Aufgabe dieser Koalition. Und eben nicht nur des Wirtschaftsministers. Im Zweifel allein schuld sein – das will Jens Spahn dann doch nicht.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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