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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ricarda Lang bei "Hart aber fair" "Reißt euch zusammen!"

Die Koalitionsbildung kommt nur stockend voran. Ex-Grünen-Chefin Ricarda Lang appelliert an die verhandelnden Parteien – mit deutlichen Worten.
Wo hakt es bei der Koalitionsbildung zwischen Union und SPD? Diese Frage hat Louis Klamroth am Montagabend mit seinen Gästen diskutiert. Ex-Grünen-Chefin Ricarda Lang nutzte die Gelegenheit für einen deutlichen Appell an die neue Regierung. Besorgt zeigte sie sich unter anderem über den politischen Stil bei den aktuellen Koalitionsverhandlungen. Vor allem Leaks aus Arbeitsgruppen und öffentlich gestellte Ultimaten hielt sie für problematisch.
"Reißt euch zusammen, kriegt das unter Kontrolle!", lautete ihre deutliche Aufforderung an Union und SPD. "Sonst wird diese Regierung daran scheitern", warnte Lang und fügte hinzu: "Noch eine gescheiterte Regierung können wir uns nicht leisten." Ampel-kritisch zeigte sie sich auch an anderer Stelle: "Die Ampel hat richtig was kaputtgemacht, was die politische Kultur in diesem Land angeht", so die Grüne.
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Die Gäste
- Serap Güler (CDU), Bundestagsabgeordnete
- Ralf Stegner (SPD), Bundestagsabgeordneter
- Souad Lamroubal, Kommunalbeamtin und Migrationsexpertin
- Andrea Thoma-Böck, Unternehmerin in der Metallindustrie
- Ricarda Lang (Bündnis 90/Die Grünen), Bundestagsabgeordnete
- Stefan Kerth (parteilos), Landrat des Kreises Vorpommern-Rügen
- Sebastian Klein, Start-up-Unternehmer
Zustimmung zu ihrer Kritik am politischen Stil bekam Lang von SPD-Mann Ralf Stegner. Es sei "schon richtig", was sie sage, erklärte der Bundestagsabgeordnete, der in der Arbeitsgruppe "Innen, Recht, Migration und Integration" verhandelt hat. Das Leaken von Papieren bezeichnete er als "unprofessionell", stellte jedoch auch klar, dass dabei keine "furchtbaren Geheimnisse" preisgegeben werden. Ebenso ständen in den Dokumenten oft Dinge geschrieben, die am Ende dann doch anders kämen. Man solle sich lieber auf die Themen an sich als auf die Leaks konzentrieren, forderte Stegner.
Klamroth stichelt gegen Güler
Aufgabe des "Verantwortungsbündnis" aus Union und SPD werde es sein, Probleme zu lösen, erklärte der Sozialdemokrat. Daran dürfe die neue Koalition nicht scheitern, so Stegner, denn: Die parlamentarische Demokratie sei bedroht und habe in den Augen vieler Menschen nun eine "letzte Chance".
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Langs Kritik an Leaks aus Arbeitsgruppen teilte auch CDU-Bundestagsabgeordnete Serap Güler. Bei der Ampel habe es das während der Koalitionsgespräche vor vier Jahren tatsächlich nicht gegeben, erklärte sie. "Obwohl ihr ja auch eine große Gruppe wart", so die Konservative, die in den Koalitionsgesprächen die Bereiche "Außen und Verteidigung" verhandelt hat.
"Liegt es daran, dass jetzt die CDU dabei ist?", fragte Klamroth nach. "Das würde ich so nicht sagen!", wehrte Güler ab. Tatsächlich sei vieles von dem, was aus ihrer Arbeitsgruppe durchsickerte, "eher der SPD" zugutegekommen. Am Ende seien jedoch alle beteiligten Parteien in die Verantwortung zu nehmen, stellte Güler klar.
Güler rasselt mit Unternehmer aneinander
Laut wurde es am Montagabend als die Sprache auf das Thema Besteuerung von Spitzenverdienern und Superreichen kam: Mehr Abgaben für Multimillionäre und Milliardäre forderte der Start-up-Unternehmer Sebastian Klein. Der Grund: "Extreme Ungleichheit" und "extreme Vermögenskonzentration" in Deutschland hätten das Potenzial, die Demokratie zu zerstören, warnte er. Von der Politik werde dieses Problem jedoch zu wenig adressiert. Gegenwind bekam er von Güler. Umverteilung sei nicht eines der "drängendsten Probleme" dieser Zeit, erklärte sie und verwies auf 120.000 Arbeitsplätze, die jährlich in der Industrie verloren gehen.
Dieses Argument lasse er nicht gelten, erwiderte Klein. Während Arbeitsplätze verloren gingen, häuften "wirklich reiche Familien" Berge von Vermögen an, unter anderem, indem sie von der Erbschaftssteuer ausgenommen seien, so Klein. Dabei handele es sich um Geld, das nicht in die Wirtschaft oder Schaffung von Arbeitsplätzen investiert werde, führte er aus. Teilweise liege Vermögen unversteuert als "Cashberge" in Firmen.
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"Das ist nicht richtig!", widersprach Güler seiner Darstellung. Das meiste Vermögen von Privatpersonen in Deutschland stecke in Betrieben, stellte sie klar. "Dann sind sie aber wirklich nicht gut informiert, wenn sie uns das erzählen wollen", entgegnete Klein, der selbst 90 Prozent seines Privatvermögens abgegeben hat. "Das würde ich bestreiten!", verteidigte sich Güler, bevor Klamroth die Auseinandersetzung unterbrach.
An anderer Stelle führte die CDU-Politikerin aus, statt mehr Besteuerung müssten für Reiche mehr Investitionsanreize geschaffen werden. Schließlich brauche der Staat die Unterstützung von privaten Investoren. SPD-Mann Stegner sprach sich derweil für eine Anhebung des Spitzensteuersatzes aus. "Die, die am allermeisten haben, können auch etwas mehr tragen", erklärte er.
Koalitionsverhandlungen dauern noch
Wie lange es noch dauert, bis CDU/CSU und die SPD bei Steuerpolitik und in anderen Fragen zusammenkommen und Friedrich Merz als neuer Kanzler vereidigt wird, konnten Güler und Stegner am Montagabend noch nicht absehen. Zusammenzufinden brauche eben seine Zeit, erklärte CDU-Politikerin Güler. Besser, es dauere jetzt zwei Wochen länger, als dass man sich später beim Regieren streite, führte sie aus. Gut ist wichtiger als schnell, erklärte auch Stegner. "Praxistaugliche Kompromisse" seien für die künftige Regierung entscheidend, so der SPD-Mann.
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Als größte Knackpunkte bei den Koalitionsverhandlungen gelten neben Steuerfragen auch die Bundesfinanzen und die Wirtschaftspolitik sowie Wege zur Eindämmung der illegalen Migration. Die 19-köpfige Hauptverhandlungsgruppe besteht aus führenden Vertretern um die Parteivorsitzende von CDU, CSU und SPD. Grundlage der Beratungen sind die Ergebnisse von 16 Arbeitsgruppen.
- ARD: Sendung "Hart aber fair" vom 31. März 2025