Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Wo Deutschland sparen sollte Dieses Ministerium könnte wegfallen

Die kommende Regierung wird sparen müssen – doch wo genau? Unsere Autoren haben ein paar Vorschläge gesammelt.
Das Finanzpaket steht vor seiner letzten Hürde: Wenn am heutigen Freitag der Bundesrat zustimmt, ist der Weg der nächsten Bundesregierung endgültig frei für eine beispiellose Schuldenaufnahme für Verteidigung und Infrastruktur.
Doch auf Union und SPD werden nach dem Zittern um das Schuldenpaket weitere unangenehme Fr agen zukommen. Denn trotz größeren Spielraums bei den Schulden, werden sie auch an vielen Stellen sparen müssen. Doch wo genau sollte jetzt der Rotstift angesetzt werden? Einige Autoren von t-online hätten da ein paar Vorschläge:
Entwicklungspolitik gehört ins Außenministerium
von David Schafbuch
Es gab mal einen Minister, der mir mit großem Selbstbewusstsein die Hackordnung in der Bundesregierung erklärte: Ganz oben steht das Kanzleramt, dann kommt das Finanzministerium und danach das für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit. Das Außenministerium braucht dagegen eigentlich niemand, wird ohnehin alles vom Kanzler entschieden, gab der Minister noch an.
Natürlich ist die Realität eine völlig andere: Entwicklungspolitik ist auch ein Instrument der Diplomatie und gehört deshalb ins Außenministerium. Deutschland könnte also sparen und die Aufgaben des Entwicklungsministeriums in das Auswärtige Amt ziehen.
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Damit ist natürlich nicht gemeint, dass die deutsche Entwicklungspolitik gänzlich gestoppt werden soll: Die Polemik, mit der verschiedene Parteien in der Vergangenheit deutsche Gelder für "Radwege in Peru" kritisiert haben, hat dazu geführt, dass eine sachliche Diskussion über die Zukunft des Ministeriums kaum mehr möglich ist. Aber ob die Entwicklungspolitik wirklich ein mehr als 11 Milliarden Euro teures Haus braucht? Dafür lieber das Auswärtige Amt aufwerten, Doppelstrukturen einstreichen und so einen Teil der Mitarbeiter einsparen, dafür einen Staatsminister für Entwicklungshilfe mehr einstellen.
Schluss mit der Brumm-Brumm-Subvention
von Florian Schmidt
Sie ist den Deutschen lieb und teuer, vor allem jedem, der täglich einen langen Arbeitsweg auf sich nimmt. Doch ist die Pendlerpauschale deshalb sinnvoll? Nein. Niemand ist gezwungen, einen Job weit entfernt vom Wohnort anzunehmen. Und selbst wer es aus wirtschaftlichen Gründen doch muss, kann entweder umziehen – oder für den Arbeitsweg günstigere Verkehrsmittel nutzen als das eigene Auto, nämlich Bus und Bahn.
Der Staat wiederum könnte durch ein Streichen der Pauschale, die wie eine Subvention wirkt, laut einer Schätzung des Bundesfinanzministeriums von 2018 über Mehreinnahmen von sechs Milliarden verfügen. Heute wäre die Summe vermutlich noch einmal deutlich höher. In jedem Fall: Viel Geld, das sich zumindest in Teilen auch investieren ließe in a) einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs oder b) in Zuschüsse für das günstige "Deutschlandticket".
Ähnlich handhaben es übrigens etwa auch die USA oder die Niederlande. Und fürs Klima wäre durch den Abbau der Brumm-Brumm-Subvention auch was getan.
Kein Geld mehr für klimaschädliches Verhalten
von Carsten Werner
Deutschland befindet sich mitten in einer notwendigen Transformation. Energieerzeugung, Industrie und Verkehr müssen klimafreundlich werden, um die ganz große Klimakatastrophe abzuwenden. Und das lassen wir uns einiges kosten. Die jährlichen staatlichen Ausgaben für entsprechende Förderungen und Subventionen liegen bei mindestens 65 Milliarden Euro. Das ist viel, aber es ist meist auch gut angelegtes Geld.
Doch warum fördert der deutsche Staat klimaschädliche Technologien und Verhaltensweisen mit jährlich rund 36 Milliarden Euro? Auf diese Summe kam eine 2024 veröffentlichte Studie im Auftrag der Bundesregierung. Das sogenannte Dieselprivileg (rund 8,5 Milliarden Euro) und die Steuerbefreiung von Flugbenzin (584 Millionen Euro) sind zwei bekannte und besonders teure Beispiele. Oder die Entschädigungen für Kohlekonzerne (etwa 2,6 Milliarden Euro allein für RWE), die jahrzehntelang gutes Geld mit ihren klimaschädlichen Produkten verdient haben.
Klimaschutz ist eine Jahrhundertaufgabe, die von uns allen, aber vor allem von der Politik, vollen Fokus verlangt. Wir können es uns einfach nicht mehr erlauben, Geld für kontraproduktive Maßnahmen zu verschwenden. Damit muss endlich Schluss sein. Im Interesse der Generationen nach uns und im Interesse unserer heutigen Staatsfinanzen.
Das 50er-Jahre-Modell aus Westdeutschland muss weg
von Heike Aßmann
Das Ehegattensplitting ist ein überholtes Steuerprivileg, das veraltete Rollenbilder zementiert und soziale Ungerechtigkeit fördert. Statt partnerschaftlicher Gleichberechtigung begünstigt es Einverdiener-Ehen und hält vor allem Frauen in Teilzeit oder gänzlich vom Arbeitsmarkt fern. Während gut verdienende Paare am meisten profitieren, gehen Alleinerziehende und unverheiratete Paare leer aus.
Ökonomisch schadet das Splitting der gesamten Gesellschaft: Es hemmt die Erwerbstätigkeit von Frauen und reduziert ihre Einkommen langfristig um bis zu 20 Prozent. In Ländern wie Schweden, wo es abgeschafft wurde, ist die Gleichstellung weiter fortgeschritten und die Erwerbsquote höher.
Gleichzeitig belastet es den Staatshaushalt erheblich, die Kosten sollen schätzungsweise zwischen 20 und 22 Milliarden Euro liegen. Würde dieses Geld eingespart, könnte es gezielt für Investitionen in Bildung, soziale Sicherungssysteme oder eine familienfreundlichere Steuerpolitik genutzt werden.
Es ist an der Zeit, das Ehegattensplitting abzuschaffen und durch eine individuelle Besteuerung zu ersetzen für mehr Fairness, eine gerechtere Gesellschaft und eine nachhaltige Finanzpolitik.
Schluss mit der Blockhütte in Kanada auf Staatskosten
von Christoph Schwennicke
Es müsste dem Elterngeld ein Ende bereitet werden, das sich als teuer und nutzlos erwiesen hat. Knapp zehn Milliarden gehen hier jedes Jahr durch den Kamin, dafür, dass sich gut situierte junge Eltern mit ihrem Säugling ein paar schöne Monate an Sehnsuchtsorten gönnen. Die "Bild"-Zeitung hatte vor Jahren einmal einen "Florida-Rolf" als Sozialschmarotzer ausgemacht, der es sich mit Stütze und anderen Sozialleistungen am Golf von Mexiko angeblich behaglich eingerichtet hatte.
Florida-Rolf hat durchs Elterngeld einen betuchten Bruder bekommen. Es ist "Kanada-René", der seinen gut bezahlten Job für einige Monate bleiben und sich derweil auskömmlich vom Staat alimentieren lässt, um mit Frau und Kind mal so richtig in einer Luxus-Blockhütte in den Rockies zu chillen.
Das ist mehr Lebensfreude für die Nutznießer, ganz klar. Zu mehr Kindern in diesem Bevölkerungssegment hingegen, das war das Ziel, hat diese Kopfgeburt der vormaligen Familienministerin Ursula von der Leyen nicht geführt. Ergo: Das kann weg. Das muss weg. Eine kleine Rechnung dazu, die das Ausmaß dieses Irrsinns beziffert: Zehn Milliarden im Jahr, das sind 120 Milliarden auf zwölf Jahre. Also etwa ein Viertel der Summe, die jetzt für diesen Zeitraum auf Pump für Infrastruktur und Klima vorgesehen ist.
Kein Privileg mehr für männliche Spitzenverdiener
von Heike Vowinkel
Diese Subvention ist gleich doppelt aus der Zeit gefallen: das Dienstwagenprivileg. Sie ist weder klimapolitisch sinnvoll noch sozial. Und sie kostet den Steuerzahler sehr viel Geld: 13,7 Milliarden Euro im Jahr, wie eine Studie im vergangenen November zeigte. Deutschland gibt nach Italien die meisten Steuergelder aus, um Dienstwagen zu subventionieren.
Anders als es die Befürworter immer behaupten, profitieren davon jedoch nicht vorwiegend Pflegekräfte oder Handwerker – sie fahren in den meisten Fällen Firmenwagen, die nicht privat genutzt werden dürfen. Der Prototyp des Dienstwagenfahrers dagegen ist männlich und Spitzenverdiener. Von den einkommensstärksten 10 Prozent im Land hat etwa jeder zweite einen Dienstwagen, während es in der gesamten unteren Einkommenshälfte weniger als 5 Prozent sind.
Diese Spitzenverdiener profitieren davon, dass ihr Arbeitgeber ihnen ein Auto zur Verfügung stellt, das sie nicht nur beruflich, sondern auch privat nutzen dürfen. Sie müssen dann zwar Steuern auf den geldwerten Vorteil zahlen, doch der ist oft viel zu niedrig angesetzt, wie diverse Studien zeigen. Etliche von ihnen bekommen auch noch Tankkarten, durch die dem Fiskus allein 3,9 Milliarden Euro an Steuern entgehen.
Hinzu kommt: Dienstwagen sind viel zu oft teure Dreckschleudern, denn es sind meist große Pkws, besonders beliebt sind SUVs, mit einem Preis von durchschnittlich 40.000 Euro und sie werden überdurchschnittlich viel gefahren – vor allem, wenn auch die Tankkosten vom Arbeitgeber übernommen werden. Der Anteil von E-Autos liegt dagegen bei 11,7 Prozent. Da geht mehr. Durch eine Reform des Dienstwagenprivilegs ließen sich nicht nur Milliarden an Steuergeld, sondern auch 1,9 bis 5,8 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr einsparen. Also: Worauf wartet die schwarz-rote Koalition noch?
- Transport & Environment: Company car fossil fuel subsidies in Europe. Final report. September 2024.
- Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft: Steckbrief Dienstwagenprivileg.
- Klima-Allianz Deutschland: Was ist das Dienstwagenprivileg?
- Öko-Institut: Quantifizierung der Treibhausgaswirkung von staatlichen Begünstigungen in Deutschland. 31. Juli 2024
- deutschlandfunkkultur.de: "Steuerprivileg und Teilzeitfalle"
- bpb.de: "Infofilm: Ehegattensplitting.de"