Kritik an Sondervermögen Grünen-Politikerin wirft Union "Schamlosigkeit" vor

Die Kritik an dem Finanzpaket von Union und SPD reißt nicht ab. Eine Partei will sogar rechtlich dagegen Vorgehen.
Grünen-Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann wirft der Union vor, mit ihrem mit der SPD vereinbarten Finanzpaket ein zentrales Wahlversprechen "von heute auf morgen" gebrochen zu haben. "Sie hat den Bürgerinnen und Bürgern im Land versprochen, und darauf baut ihr Wahlsieg, dass es keine neuen Schulden gibt", sagte Haßelmann am Mittwoch den Sendern RTL und ntv. Die Union habe immer behauptet Deutschland habe kein Einnahmeproblem, sondern nur ein Ausgabeproblem.
Die Grünen hätten dagegen sehr deutlich gemacht, dass das Land Investitionen in Klimaschutz, wirtschaftliche Entwicklung, Infrastruktur aber auch in die Verteidigung benötige. CSU-Chef Markus Söder und CDU-Chef Friedrich Merz hätten das stets verneint, hob Haßelmann hervor. "Und hier ist jetzt mit einer Rasanz und Schamlosigkeit ein Wahlversprechen von heute auf morgen kassiert worden", kritisierte sie.
Da der alte Bundestag zur Verabschiedung der Pläne von Union und SPD zusammenkommen muss, forderte Haßelmann von den beiden Unions-Spitzen eine Geste der Demut. "Ein Signal an die vielen Abgeordneten, die vielleicht aufgrund des Wahlsiegs der CDU/ CSU nicht mehr im Deutschen Bundestag vertreten sind, von denen man aber erwartet, dass sie im Sinne der Vernunft Entscheidungen treffen, wäre angebracht."
Laut Aussage der Grünen-Co-Fraktionschefin, Katharina Dröge gäbe es zwar innerhalb der Partei Offenheit für eine Zustimmung zu den Plänen von Union und SPD – man fordere aber zugleich Nachbesserungen. Bei Fragen des Klimaschutzes müsse das Finanzpaket "besser werden", so Dröge bereits am Dienstagabend. "Es ist doch offenkundig, Klimaschutz hat gestern Abend keine Rolle gespielt, in keinem der Statements", betonte auch Haßelmann gegenüber RTL und ntv erneut.
Linke will Klagen
Auch innerhalb der Union gibt es Stimmen, die der Führungsebene Wortbruch vorwerfen. So erklärte der Vorsitzende der Jungen Union (JU), Johannes Winkel, im Gespräch mit dem Deutschlandfunk, dass die Abmachung mit Blick auf die Schuldenbremse dem widerspreche, was die Union im Wahlkampf sehr deutlich gemacht habe: Die Schuldenbremse als Instrument, "die am Ende des Tages auch die Politik dazu zwingt, gewisse Priorisierungen vorzunehmen".
Union und SPD, die gerade Sondierungsgespräche führen, hatten am Dienstagabend ihre Pläne für eine Finanzpaket verkündet. Beide Seiten wollen demnach Verteidigungsausgaben oberhalb von einem Prozent des Bruttoinlandsproduktes von der Schuldenbremse ausnehmen. Zudem vereinbarten sie ein 500 Milliarden Euro schweres Sondervermögen, das über zehn Jahre Investitionen in die Infrastruktur in Bund, Ländern und Kommunen finanzieren soll.
Sowohl die Sonderregelungen für Verteidigung wie auch das neue Sondervermögen benötigen in Bundestag und Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit. Im alten Bundestag würden dafür die Stimmen von CDU/CSU, SPD und Grünen ausreichen, im neuen Bundestag würde hingegen zusätzlich die Linksfraktion benötigt, die eine massive Aufstockung der Mittel für Verteidigung ablehnt. Deren Bundesvorsitzende, Ines Schwerdtner, erklärte bereits auf X, dass die Linke eine verfassungsrechtliche Klage gegen das Vorgehen von Union und SPD prüfen werde.
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Für den JU-Chef hingegen ist der Hauptkritikpunkt nicht der Verteidigungsteil des Finanzpakets, sondern das Sondervermögen für die Infrastruktur, so Winkel im Deutschlandfunk. Er beklagte, dass seine Partei mit diesem Sondervermögen zu weit auf die Sozialdemokraten zugegangen sei. "Die Frage ist natürlich: Was ist denn die Gegenleistung für dieses große Entgegenkommen in der Finanzpolitik?". Die Union habe den Politikwechsel angekündigt und der müsse jetzt auch kommen. "Die Union muss bei Migration, Wirtschaft, auch bei Rente nun liefern", erklärte er in einem Gespräch mit dem "Tagesspiegel".
Für die FDP kein "gangbarer Weg"
Auch die FDP stört sich vor allem an den Investitionen in die Infrastruktur. So erklärte FDP-Fraktionschef Christian Dürr im Gespräch mit der "Rheinischen Post": "Ein schuldenfinanziertes Sondervermögen für Infrastruktur, das alles Mögliche beinhaltet, ist für die FDP kein gangbarer Weg." Man sei aber unter Umständen bereit, die Ausnahme steigender Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse zu unterstützen. "Höhere Verteidigungsausgaben außerhalb der Schuldenbremse könnten wir mittragen, denn die Stärkung der Truppe hat in diesen Zeiten Priorität."
"Was aber nicht passieren darf, ist, dass die dauerhaften Verteidigungsausgaben auf ein Prozent reduziert werden, damit die SPD mehr Spielgeld im Haushalt zur Verfügung hat. Im Gegenteil: Die regulären Verteidigungsausgaben müssen fest bei zwei Prozent verankert werden, denn sie sorgen für Planungssicherheit und Verlässlichkeit bei der Bundeswehr", so Dürr weiter.
- rp-online.de: "Finanzpaket: Plötzlich werden Grüne und FDP für Wumms gebraucht"
- x.com: Beitrag von @InesSchwerdtner
- Mit Material der Nachrichtenagenturen AFP und dpa