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Bürgergeld für Ukraine-Flüchtlinge: Warum viele in Deutschland nicht arbeiten


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Ein Grund ist entscheidend
Warum so viele Ukrainer in Deutschland nicht arbeiten


24.10.2024Lesedauer: 3 Min.
urn:newsml:dpa.com:20090101:241024-935-302334Vergrößern des Bildes
Eine Pflegefachkraft aus der Ukraine: Ein Drittel der Geflüchteten sucht derzeit keine Arbeit. (Quelle: Sebastian Gollnow/dpa)

Fast zwei Drittel der nach Deutschland geflüchteten Ukrainer beziehen Bürgergeld. Bemühen sich viele dieser Menschen tatsächlich nicht um einen Job? Eine neue Studie gibt Antworten.

Finanzminister Christian Lindner hat einen neuen Plan vorgelegt, wie der Staat mit geflüchteten Ukrainern umgehen sollte. Anstatt Bürgergeld zu beziehen, sollten sie nur noch Asylbewerberleistungen erhalten, sagte der FDP-Chef im Interview mit der "Wirtschaftswoche". Damit ließen sich Milliarden einsparen, hofft Lindner. Denn die Zahl der Ukrainer, die Bürgergeld beziehen, ist weiterhin sehr hoch.

Seit Russlands Invasion im Februar 2022 haben rund 1,2 Millionen Menschen aus der Ukraine in Deutschland Schutz gefunden. Wegen einer EU-weiten Richtlinie bekommen sie automatisch einen Aufenthaltsstatus, dadurch können sie in Deutschland auch Bürgergeld beziehen. Knapp 65 Prozent der Ukrainerinnen und Ukrainer machen dies auch – Alleinstehende bekommen derzeit 563 Euro pro Monat. Asylbewerber erhalten derweil nur 460 Euro pro Monat – und anders als Bürgergeldbezieher keine Beratung vom Jobcenter.

Erwerbsquote der geflüchteten Ukrainer hat sich verdoppelt

Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BIB) in Wiesbaden hat sich genauer mit Ukrainern auf dem deutschen Arbeitsmarkt befasst. In einer neuen Studie stellen die Forscher fest, dass die Erwerbstätigenquote kontinuierlich angestiegen ist. Nach neuen BIB-Daten verdoppelte sich die Erwerbsbeteiligung der Ukrainer binnen zwei Jahren. Im Sommer 2022 arbeiteten nur 16 Prozent der Geflüchteten, in diesem Frühjahr waren es 30 Prozent.

Doch die meisten Ukrainer sind immer noch ohne Job – wieso?

Mehr als 30 Prozent der geflüchteten Ukrainer befinden sich aktuell auf Arbeitssuche. Doch dabei kommt es laut der Studie zu Problemen.

In Deutschland herrscht zwar weiterhin Fachkräftemängel – insbesondere in Pflege- und Gesundheitsberufen sowie dem Handwerk. Und die Hälfte aller Flüchtlinge aus der Ukraine verfügt über Erfahrungen in diesen Mangelberufen. Doch speziell im medizinischen Bereich würde dieses Potenzial kaum genutzt, sagte BIB-Direktorin Katharina Spieß. Hohe Sprachanforderungen und komplizierte Anerkennungsverfahren für ausländische Berufsabschlüsse würden den Einstieg erschweren.

Andere Mangelbranchen profitieren bereits deutlich mehr vom Zuzug. Viele qualifizierte Ukrainer arbeiten bereits in sozialen Berufen, im Lebensmittel- und Gastgewerbe sowie in IT- und naturwissenschaftlichen Dienstleistungsberufen. In diesen Jobs sei die Sprache weniger wichtig, erklärten die Studienautoren.

Warum Geflüchtete keine Arbeit suchen

Und weitere 30 Prozent der ukrainischen Geflüchteten sind aktuell überhaupt nicht auf Arbeitssuche. Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung hat die Gründe abgefragt, woran das liegt. Mehrfachnennungen waren möglich.

  • 92 Prozent besuchen noch einen Sprachkurs oder gaben ungenügende Deutschkenntnisse an.
  • 37 Prozent betreuen Kinder oder pflegen Angehörige.
  • 34 Prozent rechnen mit einer baldigen Rückkehr in die Ukraine.
  • 32 Prozent nennen gesundheitliche Gründe.
  • 16 Prozent haben eine erfolglose Arbeitssuche hinter sich.

Die größte Hürde stellt also weiterhin die deutsche Sprache dar. Es gebe "großen Weiterbildungsbedarf, insbesondere im Bereich der Sprachkenntnisse", schätzt BIB-Direktorin Spieß. Und das, obwohl sich die Deutschkenntnisse der Befragten deutlich verbessert haben.

Im Sommer 2022 sagten noch 50 Prozent, dass sie gar keine Kenntnisse haben. Im Frühjahr 2024 fiel dieser Anteil auf 10 Prozent. Dafür geben zwei Jahre nach ihrer Ankunft 64 Prozent der Befragten an, mäßig bis gute Deutschkenntnisse zu haben.

Die Probleme bei der Integration

Große Schwierigkeiten bei der Arbeitsaufnahme haben der Studie zufolge insbesondere Mütter mit kleinen Kindern. So liegt die Erwerbstätigenquote dieser Gruppe gegenwärtig bei 22 Prozent, bei Müttern schulpflichtiger Kinder bei 32 Prozent. Anders sieht es dagegen bei Männern aus. Die Erwerbstätigenquote von Vätern mit minderjährigen Kindern lag zum Zeitpunkt der Studie bei 41 Prozent.

Aus Sicht der Forschenden gelingt die Integration von Ukrainerinnen und Ukrainern in den deutschen Arbeitsmarkt besser als bei anderen Gruppen Geflüchteter. Dies liege vor allem an ihrem überdurchschnittlich hohen Bildungs- und Qualifikationsniveau, sagte Spieß. Die Hälfte der geflüchteten Ukrainer habe einen akademischen Hintergrund. Außerdem sei die Integration leichter aufgrund des einfacheren Zugangs zum Arbeits- und Wohnungsmarkt sowie den schnellen Fortschritten beim Erlernen der deutschen Sprache.

Die Schwierigkeiten bei der Integration lägen vor allem an der fehlenden Kinderbetreuung. Das würde auch andere Geflüchtete sowie Deutsche betreffen. Außerdem sei die Berufsanerkennung schwierig. Die Hälfte der Ukrainer würde keine Tätigkeit finden, die zu ihren Fähigkeiten passt – die sogenannte Dequalifikation, erklärte Spieß.

Ein grundlegendes Problem sei auch die Zusammensetzung aller Geflüchteten aus der Ukraine. 85 Prozent seien Frauen, viele ohne Partner und mit Kindern. Zudem seien viele alte Menschen gekommen, denen Spracherwerb und Integration in den Arbeitsmarkt deutlich schwerer fallen würden.

Verwendete Quellen
  • Pressegespräch des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen AFP und dpa
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