Investitionsprämie sorgt für Streit "Das ist schon ein Hammer": Lindner kritisiert Habeck-Plan
Streit in der Koalition ist programmiert: Robert Habeck möchte die Wirtschaft mit einem Deutschlandfonds ankurbeln. Der Vorschlag kommt bei seinen Mitkoalitionären indes nicht gut an.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat einen neuen Anlauf für die Förderung von Unternehmen mit staatlichen Mitteln unternommen. Er schlug am Mittwoch eine "unbürokratische Investitionsprämie" von zehn Prozent des Investitionsvolumens vor. Das Geld solle aus einem "Deutschlandfonds" von Bund und Ländern kommen und besonders auch an "Handwerksbetriebe sowie kleine und mittelständische Betriebe" gehen.
Die Maßnahme soll laut Habeck auf fünf Jahre befristet werden. Das daraus resultierende größere Wirtschaftswachstum würde dafür sorgen, dass die Staatsverschuldung "nur moderat" ansteigen würde.
Scharfe Kritik vom Koalitionspartner FDP folgte prompt. Zumal der Vorschlag eine klare Positionierung gegen die FDP ist – und deren Vorsitzenden, Finanzminister Christian Lindner, der vor allem auf Haushaltsdisziplin pocht. Und auch abseits dessen könnte Habeck mit seinem Vorschlag die Ampel erneut aufgewühlt haben.
Neuer Vorschlag war nicht abgestimmt
Denn nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Hebestreit waren die Vorschläge innerhalb der Bundesregierung nicht abgesprochen. "Das ist mit dem Kanzler nicht abgestimmt, aber das muss es ja auch gar nicht", sagte Hebestreit am Mittwoch in Berlin und verwies auf die Ressortverantwortung. Das Papier von Habeck sei "ein Vorschlag in der politischen Debatte". Es sei sinnvoll, dass sich alle Beteiligten intensive Gedanken machten.
In Betracht kommen für die Förderung aus dem Deutschlandfonds sollen laut Bundeswirtschaftsministerium alle Investitionen der Unternehmen mit Ausnahme von Gebäudeinvestitionen. Die Prämie würde im Jahr der Investition mit der Steuerschuld des Unternehmens verrechnet.
"Ist sie höher als die Steuerschuld oder macht das Unternehmen gar keine Gewinne, wird die Differenz beziehungsweise die komplette Prämie ausgezahlt", heißt es in der am Mittwoch veröffentlichten "Modernisierungsagenda" des Ministers.
"Grüne Lenkungsfantasien falscher Kurs für Deutschland"
Die SPD lobte den Vorstoß von Habeck, von den Liberalen hagelte es prompt Kritik. "Der Bundeswirtschaftsminister hat nicht einfach einen Vorschlag in die Debatte eingebracht, Robert Habeck fordert eine fundamental andere Wirtschaftspolitik für Deutschland", sagte Finanzminister Christian Lindner bei einem Besuch in New York. "Das ist schon ein Hammer."
Er lasse in seinem Ministerium jetzt prüfen, was von dem Vorschlag überhaupt theoretisch umsetzbar sei – erst dann könne man in der Sache diskutieren. Unter anderem seien europäisches Beihilferecht und Fiskalregeln zu beachten. "Wir können schlicht nicht einfach so viel Geld ausgeben, wie manche wollen." Zugleich betonte Lindner: "In jedem Fall ist aber klar, dass genau diese Unsicherheit über die weiteren Rahmenbedingungen der deutschen Wirtschaft selbst Teil der Probleme unseres Landes geworden ist."
FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer geißelte den Vorstoß als "Wahlkampfpapier", das nichts Neues enthalte: "Das alles hat der designierte grüne Kanzlerkandidat die letzten drei Jahre schon ein ums andere Mal wie eine alte Leier wiederholt und nichts daraus gelernt", sagte Meyer t-online. "Anstatt Wahlkampf zu machen, sollte Robert Habeck seine grüne Fraktion in die Spur schicken und deren Blockaden bei der Wachstumsinitiative beenden."
Zugleich betonte der FDP-Mann die Position seiner Partei: Die Liberalen wollten "strukturelle Reformen für die gesamte Wirtschaft", um so Wettbewerbsfähigkeit und Investitionen zu erhöhen. Innovationen bräuchten "freies Unternehmertum", so Meyer. "Eine Marktwirtschaft an der kurzen Leine grüner Lenkungsfantasien ist der falsche Kurs für Deutschland."
Zurückhaltend äußerte sich auch der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Jörg Dittrich. Im t-online-Interview sagte er: Besser sei eine Senkung der Steuern und Lohnzusatzkosten für alle Unternehmen. Zudem zeigte er sich skeptisch, ob sich der Vorschlag in der Ampel überhaupt umsetzen lasse: "Für den Standort ist nicht entscheidend, was angekündigt wird, sondern das, was die Politik tatsächlich umsetzt. Wir brauchen kein weiteres Projekt, das auf der Umsetzungshalde landet."
Ökonom: "Das ist keine nachhaltige Wirtschaftspolitik"
Bei führenden Ökonomen stößt die Fondsidee derweil auf ein geteiltes Echo. "Der geplante Deutschlandfonds kann Investitionen anregen, stellt aber keine systematische Verbesserung des Standorts dar", sagte der Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Achim Wambach, am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. "Hohe Steuern von den Unternehmen verlangen, aber gleichzeitig Subventionen für Investitionen zu geben, ist keine nachhaltige Wirtschaftspolitik."
Ifo-Präsident Clemens Fuest hält zusätzliche steuerliche Investitionsanreize angesichts der niedrigen und weiter sinkenden Investitionen für gut begründet. "Es sollte allerdings ein Instrument mit möglichst wenig Bürokratie sein", sagte der Chef des Münchner Instituts. "Wenn die Investitionsprämie analog zur Abschreibung im Rahmen der Steuererklärung gewährt wird, ist das so ein Instrument."
Der Unterschied zur beschleunigten Abschreibung oder zur Steuersatzsenkung liege darin, dass auch die Unternehmen unmittelbar profitierten, die Verluste machten. "Warum man dafür einen neuen 'Fonds' schaffen muss, ist unklar – es sei denn, man möchte das mit Krediten finanzieren und eine Sonderverschuldung aufnehmen", sagte Fuest.
Dem Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) zufolge bringt das Konzept "dringend benötigten Schwung in die Debatte um die notwendigen Veränderungen der deutschen Volkswirtschaft", wie dessen Präsident Moritz Schularick betonte.
"Das ambitionierte Papier setzt zu Recht auf eine angebotsseitige Stärkung der deutschen Wirtschaft, um Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen." Schuldig bleibe Habeck allerdings die Antwort auf die Frage nach der Umsetzung und der Finanzierung der vorgeschlagenen Maßnahmen im aktuellen politischen Umfeld, so Schularick.
- Nachrichtenagenturen AFP und Reuters
- Interview mit ZDH-Präsident Jörg Dittrich
- Statement FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer