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CDU im Ost-Wahlkampf: "Der zieht hier nicht"


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CDU-Wahlkampf in Sachsen und Thüringen
"Der zieht hier nicht"


24.08.2024Lesedauer: 4 Min.
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Unterstützung im Wahlkampf? Friedrich Merz (Mitte.) zu Gast in Thüringen mit Spitzenkandidat Mario Voigt (l.) (Quelle: IMAGO/Michael Kremer/imago)

Nächste Woche wird in Sachsen und Thüringen gewählt. Die CDU will in beiden Bundesländern den Ministerpräsidenten stellen. Eine Partei im Wahlkampf zwischen Rechts- und Linkspopulisten.

Friedrich Merz läuft der Schweiß den Nacken runter. Er nimmt einen Bierkrug in die Hand und trinkt, als wäre es Wasser. Eigentlich waren es kaum drei Kilometer, die der CDU-Vorsitzende mit einer Gruppe vom Löbauer Altmarkt zum König-Friedrich-August-Turm gewandert ist. Weil Merz jedoch bei sommerlichen Temperaturen ordentlich Tempo gemacht hat, wurde für manchen Begleiter daraus ein Extremsport-Erlebnis. Jetzt scheint sich der Sauerländer, der in seinem Urlaub zuletzt rund 1.500 Kilometer Rad gefahren ist, fast einen Spaß daraus zu machen, dass die teilweise deutlich jüngeren Mitwanderer offenbar weniger fit sind als er.

Der CDU-Vorsitzende ist an diesem Dienstagabend zu Gast im Landtagswahlkampf in der sächsischen Oberlausitz. Auf dem Programm steht neben der Wanderung ein anschließendes Beisammensein in einer Gaststätte auf dem Löbauer Berg. Es gibt Bratwurst, Bier – und etwas Laufkundschaft.

Zu Beginn soll der Vorsitzende ein paar Worte an die Gäste richten. Also redet Merz. Über Brüssel. In Sachsen. "Europa hat in den vergangenen Jahren zu viel im Kleinen und zu wenig im Großen getan", sagt er. Es sind Sätze, die der Vorsitzende auch in den Reden vor der Europawahl genutzt hat. Nur, dass das hier Landtagswahlkampf ist.

Plötzlich kein Anti-Ampel-Wahlkampf mehr

Zehn Tage sind es in Sachsen und Thüringen noch bis zur Wahl. Für die CDU ist es ein wichtiger Termin. Die Partei will in beiden Fällen den Ministerpräsidenten stellen. In Sachsen soll es Michael Kretschmer bleiben, in Thüringen Mario Voigt noch werden. Gelingt das, wäre es für die Partei und für Merz ein wichtiger Meilenstein. Auch mit Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl 2025.

Allerdings ist der Weg noch lang. Denn nicht nur die Wahl, sondern auch die anschließende Regierungsbildung sind extrem heikel. Zumal die Unterstützung im Wahlkampf ausgerechnet von jenen kommt, die im Bund oft eine gänzlich andere Haltung vertreten als jene, die in den Ländern vertreten wird.

Hinzu kommt: Anders als in den vergangenen Wahlkämpfen ist der Hauptgegner hier keine der Ampelparteien, sondern die AfD. Und das neu erstarkte Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), auf das die CDU bei einer Regierungsbildung sogar angewiesen sein könnte. Wie funktioniert der Wahlkampf zwischen den Extremen? Und wie weit kann man mit der Kritik gehen, ohne sich anschließend mit einer gemeinsamen Koalition unglaubwürdig zu machen?

Wem hilft der Besuch aus Berlin? Wahlkampf für die eigenen Leute

Am Donnerstagabend ist der CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann zu Gast in Oberellen. Rund 800 Einwohner leben in dem Thüringer Dorf, zum Termin sind zwischen 30 und 40 Personen gekommen, die meisten davon CDU-Mitglieder.

Dass ein Spitzenpolitiker zu Gast ist, wurde hier nicht beworben. Im Gegenteil: Die Wahlkreiskandidatin, Ulrike Jary, macht ihr ohnehin geplantes Programm. Kaffeetafel, Dorfrundgang und anschließendes Grillen mit Gesprächen. Linnemann? Kommt dazu. Den großen Unterschied macht er nicht. Am Ende darf man sowohl in Thüringen als auch in Sachsen die Frage stellen, welchen Unterschied Wahlkampfbesuche wie die von Merz und Linnemann für die Wählerinnen und Wähler machen.

Bei dem Termin des CDU-Chefs in Löbau sagen einige der Teilnehmer, sie glaubten nicht, dass die Besuche aus Berlin einen Unterschied machten. Einer von ihnen, Joachim B., erzählt, er selbst sei zwar aus Neugierde gekommen, als er gesehen habe, dass Friedrich Merz vor Ort ist, findet aber: "Der zieht hier nicht." Die Menschen würden die CDU in Sachsen vor allem wegen Michael Kretschmer wählen. Und der vertrete nun mal oft auch andere Positionen.

Vielleicht müssen Merz und Linnemann aber auch gar nicht "ziehen". Es könnte schon reichen, wenn sie die Parteiseele etwas streicheln. Die Mühen der Kandidaten vor Ort anerkennen – und würdigen.

Das BSW-Problem – Mit wem koalieren?

Bleibt die Frage, wie die Partei sich bei den Landtagswahlen durchsetzen will. Zumal Ampel-Bashing allein nicht hilft. Denn bei Kritik an der Bundesregierung können die Populisten im Zweifel immer noch eine Schippe drauflegen. Und viele halten der CDU noch vor, dass auch sie 16 Jahre regiert hat – das teilweise in den Ländern noch tun.

Wobei Linnemann in Letzterem eher eine Stärke sieht: "Mit der CDU gibt es starke Ministerpräsidenten, die sich tatsächlich für die Menschen im eigenen Bundesland interessieren, ihre Sorgen und Nöte ernst nehmen, die besten Lösungen für Sachsen, Thüringen oder Brandenburg finden", sagt der Generalsekretär t-online. Man müsse zudem klar die Unterschiede zu den anderen Parteien herausarbeiten.

In Sachsen könnte die CDU das Kopf-an-Kopf-Rennen gegen die AfD zwar mithilfe des Amtsbonus von Kretschmer gewinnen, allerdings bleibt dann immer noch die Frage nach einer stabilen Mehrheit. Ebenso in Thüringen, wo die CDU sogar deutlich hinter der AfD zurückliegt. In beiden Länder ist das BSW auf Platz drei. Schneiden die Ampelparteien so schwach ab, wie erwartet, könnte es gut sein, dass die CDU die Wagenknecht-Partei am Ende für eine Koalition braucht.

Für viele Kandidaten ist es am Ende auch deshalb ein Drahtseilakt im Wahlkampf. Sie müssen bei ihrer Kritik an der Partei immer im Hinterkopf behalten, dass sie in einem Jahr womöglich gemeinsam in einer Regierung sitzen könnten. Bei den Wählerinnen und Wählern ist genau das eines der Kernthemen, was immer wieder aufkommt: Mit wem wollt ihr denn? Kandidatinnen und Kandidaten berichten, dass sie immer wieder darauf angesprochen werden, es ihnen teilweise sogar vorgehalten werde. Auch, was eine Zusammenarbeit mit der AfD angeht.

Dass Berlin oft eine andere Haltung einnimmt, etwa was die Unterstützung der Ukraine angeht, hilft oft nicht. Gleiches gilt für die Zusammenarbeit mit dem BSW, die Merz und Linnemann für den Bund deutlich ausschließen. Die Lösung für heikle Themen ist wie so oft in einer Familie: Man versucht sie auszuklammern. Vielleicht ist es vor dem Hintergrund gar nicht so schlecht, wenn Merz in der Oberlausitz über Europa spricht.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • dawum.de/Sachsen/
  • dawum.de/Thueringen/
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