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Kanzler Scholz spricht nach Europawahl: Diese Worte dürften erstaunen


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Kanzler nach dem Wahldebakel
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Aktualisiert am 11.06.2024Lesedauer: 4 Min.
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"Nicht einfach zur Tagesordnung übergehen": So reagiert Scholz auf das Ergebnis der Europawahl. (Quelle: reuters)
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Erst spät bezieht der Kanzler Stellung zu der historischen Wahlniederlage seiner Partei. Was er zu sagen hat, dürfte die meisten Zuhörer erstaunen.

Die Europawahl ist für die Ampelparteien zu einem regelrechten Debakel geworden. Insbesondere die SPD musste Verluste hinnehmen, aber auch Grüne und FDP büßten stark an Zustimmung ein. Am Tag nach der Wahlschlappe rumort es in den Parteizentralen. Die Spitzen kamen zusammen, um über das Ergebnis zu beraten – und über mögliche personelle Konsequenzen.

Kanzler Olaf Scholz äußerte sich erst am Montagabend zu dem Abschneiden seiner Partei. Scholz hatte am Tag nach dem Urnengang noch einen Staatsbesuch auf dem Programm, er empfing Chiles Präsidenten Gabriel Boric in Berlin. Bei der Gelegenheit beantwortete der Sozialdemokrat dann die Fragen von Journalisten. "Das Wahlergebnis war für alle drei Regierungsparteien schlecht", sagte er.

"Keiner ist gut beraten, der jetzt einfach zur Tagesordnung übergehen will", so Scholz. "Gleichzeitig geht es aber auch darum, dass wir unsere Arbeit machen, dafür zu sorgen, dass unser Land modern wird, dass es vorankommt."

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Juso-Chef kritisiert Scholz scharf

Die Frage, welche Verantwortung er selbst für die Wahlniederlage trägt, beantwortete Scholz nicht. Mit 13,9 Prozent hatte seine SPD das schlechteste Ergebnis eingefahren, seit sie 1891 erstmals unter diesem Namen bei einer gesamtstaatlichen Wahl antrat. Im Wahlkampf hatte sich der Kanzler bewusst in die erste Reihe gestellt, ließ sich an der Seite von Spitzenkandidatin Katarina Barley plakatieren und trat auf mehreren Großveranstaltungen als Zugpferd auf.

In der SPD wächst deshalb die Unzufriedenheit, insbesondere mit dem Kanzler. Der hatte zu Beginn seiner Amtszeit explizit "Führung" versprochen. Inzwischen wird jedoch offen Kritik am Führungsstil von Scholz vorgetragen. Die Wahl sei auch eine Abstimmung über die Ampel und ihren Kanzler gewesen, "den wir überall plakatiert haben", sagte Juso-Chef Philipp Türmer dem "Spiegel". "Hätten wir die Wahl gewonnen, wäre es als Bestätigung der Ampel und Stärkung des Kanzlers gewertet worden. Nun haben wir sie verloren. Also gilt das Gegenteil".

Noch am Wahlabend wurden SPD-Politiker wieder gefragt, ob nicht der populäre Verteidigungsminister Boris Pistorius die bessere Führungsfigur der Sozialdemokraten wäre als der in Umfragen unbeliebte Kanzler Scholz – auch wenn dies von der Parteispitze umgehend als unsinnig abgetan wurde.

Forderungen nach Neuwahlen werden lauter

Es war Pistorius, der sich zu den Forderungen aus der Union nach einer Neuwahl des Bundestags unmissverständlich äußerte. "Warum sollten wir neu wählen?", fragte er am Montagabend bei einer Ehrung des früheren bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber in Berlin. "Die Bundestagswahl war 2021 und die nächste wird [20]25 sein. Nur weil man zwischendurch andere Wahlen verliert, verliert man nicht die Legitimation", so Pistorius. In Umfragen landet der Verteidigungsminister regelmäßig weit vor dem Kanzler in der Wählergunst.

Die Rufe nach einem politischen Neuanfang wurden im Laufe des Montags jedenfalls immer lauter. CDU-Chef Friedrich Merz sagte im "Brennpunkt" der ARD, das Wahlergebnis sei "ganz brutal gegen die Koalition, gegen die Ampel. Diese Ampel, SPD, Grüne und FDP, hat in keinem Teil Deutschlands mehr eine Mehrheit für ihre Politik, nirgendwo mehr. Im Osten nicht, im Süden nicht, im Norden nicht, im Westen nicht." Er warnte die Bundesregierung davor, die Spaltung des Landes nicht weiter voranzutreiben.

Doch während etwa Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schon unmittelbar nach den ersten Hochrechnungen am Sonntagabend Neuwahlen angekündigt hatte, nachdem sein Parteienbündnis ebenfalls von den Wählern abgestraft worden war, will man in Berlin von einem solchen Schritt nichts wissen. Die SPD-Spitze um Parteichefin Saskia Esken erteilte entsprechenden Forderungen eine klare Absage. Man wolle nun noch härter kämpfen, kündigte Co-Parteichef Lars Klingbeil an.

Kanzler Scholz demonstriert Zuversicht

Juso-Chef Türmer nannte das Wahlergebnis einen "Schlag in die Magengrube, aber mit Ansage". Er forderte mit Blick auf die anstehenden Haushaltsverhandlungen, mehr politischen Druck auf den Koalitionspartner auszuüben. Scholz müsse der FDP jetzt "die Pistole aus der Hand nehmen".

Doch Lösungen für die noch offenen Haushaltsfrage sind bislang nicht in Sicht. In der Ampel wächst vor allem der Unmut über die Haltung der Liberalen in Sachen Schuldenbremse, aus SPD und Grünen kommen immer mehr Stimmen, diese aufzuweichen. Die FDP unter Finanzminister Christian Lindner stemmt sich bislang aber vehement dagegen. Der 3. Juli soll der Tag der Wahrheit werden. Dann soll das Kabinett den Haushalt beschließen.

Internationale Beobachter sehen schwere Zeiten auf Scholz und die Ampel zukommen. Von einer "Demütigung" für die Koalition schrieb etwa das Magazin "Politico", es stelle sich nun die Frage, wie lange Scholz' Regierung noch überleben werde. Und "ABC News" stellte fest, des Kanzlers Autorität sei weiter "beschädigt worden".

Scholz gab sich trotz der Turbulenzen unbeirrt. Er sagte im Anschluss an den Staatsbesuch des chilenischen Präsidenten in Berlin, dass er nach wie vor auf eine breitere Unterstützung der Wähler hofft. Er wolle das Vertrauen der Bürger zurückgewinnen.

Und dann lieferte der Kanzler, dessen Partei gerade ein historisch schlechtes Wahlergebnis eingefahren hat, noch einen erstaunlich zuversichtlichen Ausblick. Man müsse sich nun darauf vorbereiten, "dass die Zustimmung immer größer werden wird, sodass man auch bei der nächsten Bundestagswahl die Ergebnisse dieser Arbeit zur Wahl stellen kann."

Verwendete Quellen
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