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Neues FDP-Papier: Knallharte Forderungen an künftige EU-Kommission


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Exklusives Papier
FDP rechnet mit EU-Kommission ab – und stellt Forderungen


Aktualisiert am 02.06.2024Lesedauer: 4 Min.
Bundesparteitag der FDPVergrößern des Bildes
FDP-Chef Christian Lindner: Die Liberalen knüpfen ihre Unterstützung für die Wahl einer neuen EU-Kommission an konkrete Bedingungen. (Quelle: Hannes P. Albert/dpa/dpa-bilder)
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Wer wird nach der Europawahl die EU-Kommission anführen? Die FDP hält sich alle Optionen offen – macht ihre Zustimmung jetzt aber von konkreten Forderungen abhängig, die die Parteispitze am Montag beschließen will.

Sieben Tage vor der Europawahl legt die FDP den Turbo ein: In einem Beschluss, den das Parteipräsidium am Montag fassen will, umreißen die Liberalen ihre Bedingungen für die Unterstützung einer neuen EU-Kommission – und stellen damit zugleich knallharte Forderungen an Ursula von der Leyen, die bei ihrer möglichen Wiederwahl auf die Stimmen der FDP-Abgeordneten um deren Spitzenkandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hofft.

Das Papier liegt t-online als Entwurf exklusiv vor. Streckenweise liest es sich wie eine Abrechnung mit der aktuellen EU-Kommission. Zugleich wirkt es wie ein Mini-Wahlprogramm, dessen Kern wie zuletzt beim Zwölf-Punkte-Papier der Partei eine bessere Wirtschaftspolitik ist. (Mehr dazu lesen Sie hier.)

Schon der Anfang gleicht der Schulnote fünf für die aktuelle EU-Regierung in Brüssel: Zwar sei die EU ein "Raum der wirtschaftlichen Möglichkeiten", heißt es. "Dennoch hat die Europäische Union unter Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) dramatisch an Wettbewerbsfähigkeit verloren", schreiben die Liberalen. Besonders von der Leyens "Green Deal", die Berichtspflichten in puncto Nachhaltigkeit für Firmen und das Verbrenner-Verbot hätten der deutschen und europäischen Wirtschaft geschadet und Wachstum verhindert. Zudem seien viele Probleme der Migration weiter ungelöst.

Impulse für mehr Wirtschaftswachstum aus Brüssel

Das Fazit des obersten Parteigremiums: "Die EU-Wahl muss zu einem Neustart in der EU-Politik führen – personell wie inhaltlich. (...) Wir müssen endlich auch in Europa unsere wirtschaftliche Basis stärken. Die Europawahl ist der Schlüssel für die Wirtschaftswende."

Eine Wende in der Wirtschaftspolitik fordert die FDP derzeit vor allem auf nationaler Ebene ein. Im Zuge der Haushaltsberatungen will FDP-Parteichef und Finanzminister Christian Lindner mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) auch ein Dynamisierungspaket für die lahmende Wirtschaft schnüren. Das jedoch reicht der Parteispitze nicht, sie will auch aus Brüssel Impulse für mehr Wachstum bekommen.

Ihre Stimmen für eine künftige EU-Kommission – ob durch von der Leyen angeführt oder von wem anders – macht die FDP darum von einer ganzen Reihe von Dingen abhängig. Demzufolge müsse "ein Sofortprogramm der neuen EU-Kommission mindestens folgende Maßnahmen enthalten". t-online fasst das Wichtigste aus dem neuen Fünf-Punkte-Papier zusammen:

  • Mehr Technologieoffenheit: Die neue Kommission müsse die alte Skepsis gegenüber dem technischen Fortschritt ablegen – und sich von der Heizung bis zur Gentechnik zur Technologieoffenheit bekennen. Direkt nach der Wahl müsse zudem geklärt werden, dass Verbrenner, die mit synthetischen Kraftstoffen (E-Fuels) fahren, auch nach dem geplanten Aus 2035 für herkömmliche Autos weiter zugelassen werden dürfen. Und weil ab 2027 der CO2-Zertifikatehandel für den Verkehrssektor greift, sollten die Flottengrenzwerte bis Ende 2026 beendet werden.
  • Weniger Bürokratie: Um die Wirtschaft zu "entfesseln", verlangt die FDP von der künftigen EU-Kommission ein sofortiges Bürokratiebelastungs-Moratorium sowie den Abbau "der Hälfte aller bestehenden Berichtspflichten" für Unternehmen. Außerdem müsse eine neue "One-in-two-out"-Regel her. Das heißt: Für jedes neue Gesetz, jede neue Verordnung, sollen zwei alte gekippt werden. Den "Green Deal" ablösen solle ein liberaler "Yellow Deal" für mehr Marktwirtschaft beim Klimaschutz, etwa durch den Emissionszertifikate-Handel. Zudem will die FDP-Spitze einen verkleinerten EU-Beamtenapparat sowie mehr Freihandelsabkommen, insbesondere mit den USA. t-online hatte bereits Ende April über ähnliche Pläne von Justizminister Marco Buschmann (FDP) berichtet, mehr dazu lesen Sie hier.
  • Solide Finanzen: Die neue EU-Kommission müsse einer "soliden Haushaltspolitik und nachhaltigen Finanzen" eine hohe Priorität verleihen. Dafür erwarten die Liberalen eine "klare Absage an neuen EU-Gemeinschaftsschulden" sowie die Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes, der den EU-Mitgliedsstaaten mehr Disziplin in den nationalen Staatshaushalten abverlangt.
  • Gesteuerte Migration: Schon lange will Brüssel mit Drittstaaten zusammenarbeiten, um Asylverfahren außerhalb der EU abzuwickeln – passiert ist aber bislang wenig. Die FDP fordert jetzt "die schnelle Aushandlung von Migrationspartnerschaften". Gemeint sind damit Staaten, in denen Flüchtlinge wirklich sicher sind und in denen entschieden wird, ob ein Flüchtling in der EU Asyl bekommt oder nicht.
  • Neuer Kommissar für Verteidigung: Damit Europa "das größte Friedensprojekt der Welt" bleibe, müsse die EU-Kommission die Sicherheits- und Verteidigungspolitik zur Top-Priorität machen. Entscheidungen in diesem Feld sollten künftig nicht mehr nach dem Einstimmigkeitsverfahren, sondern mit qualifizierter Mehrheit zustande kommen. Zudem wollen die Liberalen den EU-Außenbeauftragten zu einem echten "EU-Außenminister" aufwerten. Und: Neu geschaffen werden müsse das Amt eines EU-Kommissars für Verteidigungspolitik, wie es von der Leyen bereits in Aussicht stellte.

Der Forderungskatalog passt zu den jüngsten Aussagen von Lindner, die er mit Blick auf von der Leyen getroffen hatte. Gefragt, ob die Liberalen sie bei ihrer Wiederwahl unterstützen würden, sagte Linder im Gespräch mit "Focus.de": "Das kommt auf die Inhalte an."

Ihn störe es, dass die Bestätigung der aktuellen Kommissionschefin bereits vor der Wahl als Selbstläufer betrachtet werde, so Lindner weiter: "Sie ist es nicht."

Kritik an von der Leyen

Der oder die EU-Kommissionspräsidentin wird formal vom Europäischen Rat vorgeschlagen, in dem die Staats- und Regierungschefs der EU sitzen, danach aber von den Mitgliedern des EU-Parlaments gewählt. In diesem schließen sich die Parteidelegationen der jeweiligen Mitgliedsstaaten zu internationalen Fraktionen zusammen. Derzeit gibt es Kritik an von der Leyen, weil sie die Zusammenarbeit mit der Fraktion EKR nicht ausgeschlossen hat, in der sich rechte Parteien wie die von Italiens Regierungschefin Georgia Meloni versammeln.

Die FDP gehört als Mitglied der liberalen Parteienfamilie der Fraktion Renew Europe (RE) an. Zu dieser zählt unter anderem die niederländische VVD des früheren Premierministers Marc Rutte sowie die französische Partei Renaissance von Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron.

Verwendete Quellen
  • Entwurf des Präsidiumsbeschlusses der FDP für den 3. Juni 2024: "Für ein Europa der Stärke, der Freiheit und der Sicherheit – Liberales Sofortprogramm für die neue EU-Kommission"
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