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SPD-Politiker Roth steigt aus: Wegen "neuer Härte" seit Ukraine-Krieg?


SPD-Abgeordneter Roth vor Politik-Aus
Sein Abgang hinterlässt eine Lücke

Von t-online, dm

26.03.2024Lesedauer: 4 Min.
Michael Roth, SPD-Politiker (Archivbild): Er warnt vor den Folgen, sollte Donald Trump erneut in das Amt des US-Präsidenten kommen.Vergrößern des Bildes
SPD-Politiker Michael Roth: Er gehe "ohne Zorn", doch bescheinigt seiner Partei eine "neue Härte". (Quelle: dts Nachrichtenagentur/imago-images-bilder)
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Der prominente SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Roth hat genug von der Politik. Der Außenpolitiker stand oft quer zur Parteilinie – und beklagt seit dem Ukraine-Krieg eine "neue Härte" in der SPD.

2025 soll endgültig Schluss sein: Der SPD-Außenexperte Michael Roth hat für kommendes Jahr seinen Ausstieg aus der Politik angekündigt. "Bis zur Bundestagswahl mache ich noch. Danach bin ich raus", sagte der 53-jährige Bundestagsabgeordnete in einem Interview mit dem Magazin "Stern" am Dienstag.

Damit kehrt einer der bekanntesten SPD-Politiker dem Politikbetrieb den Rücken. "Ich habe den Biss nicht mehr. Ich spüre eine innere Distanz zum Betrieb. Jetzt ist mal Schluss mit Politik", erklärte Roth seinen Ausstieg.

Die Kanzlerpartei verliert mit Roth nicht nur ein prominentes Gesicht, das insbesondere seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine regelmäßig in Talkshows zu sehen war. Roth stand zudem mit seiner offensiven Unterstützung der Ukraine und Israels für eine Position, mit der er vor allem in der SPD-Fraktion oft aneckte. Ein Gegengewicht, das nun fehlt und zu parteiinternen Machtverschiebungen führen könnte.

Frisch von der Uni in die Politik

Roth verbrachte sein halbes Leben in der Politik. Geboren im hessischen Heringen, stieg der studierte Politologe ein Jahr nach Abschluss seines Studiums in die Politik ein. Mit 28 Jahren schickte ihn der Wahlkreis Hersfeld mit einem Direktmandat in den Deutschen Bundestag. Bis 2021 – insgesamt siebenmal – wurde Roth immer wieder als direkt gewählter Abgeordneter bestätigt.

Von 2013 bis 2021 war Roth Staatsminister für Europa im Rang eines Parlamentarischen Staatssekretärs im Auswärtigen Amt. Unter der Ägide der SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier, Sigmar Gabriel und Heiko Maas konnte sich Roth seinem Lieblingsthema widmen: der Außenpolitik.

Mit dem Start der Ampel 2021 rückte Roth von der Regierung wieder näher ans Parlament: Als Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags wurde er vor allem infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine zur prominenten SPD-Stimme.

Neue Rolle nach Russlands Invasion

Roth hat sich früh an die Seite der Ukraine gestellt, auch wenn nicht gleich so stark, wie manch einer erwartet hatte. Der damalige ukrainische Botschafter Andrij Melnyk warf Roth im März 2022, wenige Wochen nach Invasionsbeginn, nach einem TV-Talk vor, wegzulaufen vor der Wahrheit, beschimpfte ihn Medienberichten zufolge sogar als "Arschloch".

Roth hat sich damals, wie die gesamte SPD, nur vorsichtig dazu durchringen können, die Ukraine mit Waffen zu unterstützen. "Ich war gegen die Lieferung von Waffen. Aber ich habe angesichts des schmutzigen, verwerflichen Kriegs vom Präsident Putin meine Meinung geändert", schrieb Roth am 27. Februar auf Facebook. Damals ging es zunächst um die berüchtigten 5.000 Helme und ein paar Panzerhaubitzen aus NVA-Beständen, die Deutschland der Ukraine bereit war, zu geben.

Seine abwägende Haltung änderte sich im Verlauf des Krieges. Im April 2022 reiste er mit den Ampelkollegen Toni Hofreiter (Grüne) und Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) in die Westukraine – der erste Besuch hochrangiger Parlamentsvertreter aus Deutschland seit Russlands Überfall. Auch beim Thema Waffenlieferungen wandelte sich Roth bald vom Zauderer zum Antreiber seiner Partei.

Rückzug in die Filterblase

Bis heute. Roth gilt als einer derjenigen in der Kanzlerpartei, die eine Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine befürworten. Der SPD-Politiker tut das, im Vergleich zu anderen Ampelpolitikern, allerdings weniger laut, stets mit hinreichender Loyalität zum Kanzler.

Ukraine, Israel, Europa – für Roth nicht nur Schwerpunktthemen, sondern auch seine "Bubbles", Rückzugsorte vom harten Politikbetrieb: "Heute ist man durch die Regeln der Öffentlichkeit gezwungen, am Ende immer recht haben zu müssen, egal, ob in sozialen Medien, in Bürgerbegegnungen oder Parteiforen. Jeder zieht sich in seine Bubble zurück. Ich auch bisweilen", sagte Roth im "Stern"-Interview.

Die Brutalität des politischen Alltagsgeschäfts zwang Roth im Frühjahr 2022 zu einer Auszeit. Er fühlte sich ausgelaugt, antriebslos, psychisch am Ende. Roth zog sich für mehrere Wochen heimlich aus der Politik zurück und begab sich in Behandlung, wie er später dem "Spiegel" erzählte. "Ich hatte das Gefühl, ich hüpfe im Eismeer von Scholle zu Scholle, und sie werden nach und nach kleiner", erzählte er damals.

Bitteres Erlebnis auf Parteitag

Wie die meisten Spitzenpolitiker hat auch Roth in seiner Karriere Niederlagen einstecken müssen. 2019 bewarb er sich mit der früheren NRW-Familienministerin Christina Kampmann um den SPD-Vorsitz und scheiterte noch vor der Stichwahl. "Wir hatten uns ernsthaft Chancen ausgerechnet", sagte Roth damals enttäuscht.

Besonders bitter war sein Erlebnis auf dem SPD-Parteitag Ende 2023. Roth bewarb sich erneut um einen Platz im SPD-Parteivorstand, scheiterte aber im ersten Wahlgang. Auf einen zweiten verzichtete er. Roths Niederlage vor den Augen des gesamten Parteitags wurde von manchen Genossen beklatscht und bejubelt. Es war ein unrühmlicher Moment für die SPD, in dem kurz die alte Partei des Hauens und Stechens durchschien, die 2019 Andrea Nahles so gnadenlos vom Hof gejagt hatte.

Roth erklärte sich das unsolidarische Verhalten mancher Parteikollegen mit seiner Haltung zur Ukraine und zu Israel, mit denen er in den eigenen Reihen polarisiere. Sein früher Einsatz für die Ukraine habe nicht allen in der SPD gefallen, so Roth zum "Stern". In der Partei herrsche beim Thema Krieg und Frieden eine "neue Härte".

"Gehe ohne Zorn"

Bei seinem Rückzug soll der Parteitag allerdings keine Rolle spielen, wie Roth nun dem "Stern" sagte: "An dem Tag war alles scheiße. Ich hatte große Zweifel, ob ich überhaupt noch einmal antreten soll." Seine Nichtwahl habe er sogar "befreiend" empfunden. "Mal gewinnt man, mal verliert man. So ist das in der Politik."

Roths Positionen mögen in der SPD nicht unumstritten gewesen sein. Doch in der aalglatt gebürsteten Fraktion der Kanzlerpartei, die seit zwei Jahren straff geführt wird und kaum Abweichung duldet, traute sich Roth immerhin etwas. Die aktuelle Verfasstheit der SPD sieht Roth entsprechend skeptisch: Sowohl Partei als auch Fraktion hätten sich Olaf Scholz "faktisch untergeordnet", so Roth zum "Stern". "Es hängt alles am Kanzler."

In einem Video auf der Plattform X betonte Roth dennoch, er gehe "ohne Zorn, ohne Enttäuschung". "Aber ich habe den Eindruck, dass es jetzt Zeit wird."

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