Anschlag bei Moskau Diese Ziele wollte der ISPK in Deutschland angreifen
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Ein Anschlag mit vielen Toten bei Moskau schockiert die Öffentlichkeit. Die Bundesregierung warnt vor Bedrohungen auch in Deutschland. Tatsächlich wurden mutmaßlich schon mehrere folgenschwere Anschläge verhindert.
Bewaffnete haben die Crocus City Hall bei Moskau gestürmt und ein Blutbad unter Konzertgästen angerichtet. Über 130 Menschen wurden am Wochenende ermordet. Bekannt hat sich der sogenannte "Islamische Staat Provinz Khorasan" (ISPK), ein Ableger der berüchtigten Terrormiliz, der in Afghanistan die ebenfalls islamistischen Taliban bekämpft.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nahm das zum Anlass, erneut vor der Gefahr zu warnen, die von der Gruppe auch für Deutschland ausgeht. Denn immer wieder sind Sicherheitsbehörden in den vergangenen zwei Jahren offenbar schweren Anschlägen zuvorgekommen. Und immer wieder führen die Spuren nach Tadschikistan.
Einzeltäter und trainierte Zellen
Ein erstes Signal der steigenden Bedrohungslage wurde im September 2022 öffentlich: Damals verhaftete die deutsche Polizei zwei Jugendliche in Iserlohn und Bremerhaven. Sie wollten eine Zelle des ISPK-Netzwerks in Deutschland gründen, um Sprengstoffanschläge zu begehen. Radikalisiert hatten sie sich im Internet. Per Chat angeleitet hatte sie offenbar ein ISPK-Rädelsführer in Tadschikistan. Verurteilt wurden sie als "echte Überzeugungstäter" zu mehrjährigen Haftstrafen.
Tatsächlich hat das Terrornetzwerk aber vermutlich schon lange auch trainierte Kämpfer als Kriegsflüchtlinge nach Deutschland geschleust. Im Frühjahr 2023 schlugen westliche Behörden öffentlich Alarm: US-General Michael Kurilla warnte im US-Senat davor, die Gruppe beabsichtige Ziele im westlichen Ausland anzugreifen. Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang sprach von einer verstärkten Gefährdungslage für Deutschland.
Kölner Dom, Kirmes, liberale Moschee
Und tatsächlich flog hier im Juli 2023 eine weitere Gruppe mutmaßlicher ISPK-Terroristen auf, sieben Männer wurden in Nordrhein-Westfalen verhaftet. Die Tadschiken waren nach der russischen Vollinvasion über die Ukraine eingereist. Hierzulande beschäftigten sie sich laut Erkenntnissen von Ermittlern damit, Schusswaffen zu besorgen und eine Kofferbombe zu bauen.
t-online berichtete damals exklusiv, dass sie unter anderem erwogen hätten, die liberale Ibn-Rushd-Goethe-Moschee der Menschenrechtlerin Seyran Ateş in Berlin zu attackieren. Auch mögliche Anschlagspläne auf die Kirmes in Köln konnten Ermittler nicht ausschließen. Spuren führten schon damals auch ins europäische Ausland.
Die konkreten Verbindungen wurden dann wiederum zu Weihnachten 2023 sichtbar, als Teile des gleichen Netzwerks einen Anschlag auf den Kölner Dom geplant haben sollen. Die Polizei schritt ein und nahm mehrere Männer vorläufig in Gewahrsam. Vorausgegangen war eine Razzia in Wien, wo ebenfalls ein Anschlag geplant gewesen sein soll. Einer der Verdächtigen aus Deutschland wurde aufgrund des dortigen Verfahrens an Österreich ausgeliefert.
Dass Sicherheitsbehörden nun davor warnen, die Islamisten könnten auch Spiele der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland angreifen oder die Olympischen Spiele in Frankreich, ist nur folgerichtig.
- Eigene Recherchen