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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Mit Schusswaffen und Kofferbombe? Islamisten nahmen Moschee von Seyran Ateş ins Visier
Seit Jahren lebt Menschenrechtlerin Seyran Ateş mit Drohungen. Nun haben Ermittler Hinweise auf Anschlagspläne. Die Verdächtigen sitzen bereits in Haft.
Im Juli verhaftete Islamisten sollen erwogen haben, einen Anschlag auf die liberale Moschee der bekannten Menschenrechtlerin Seyran Ateş in Berlin zu verüben. Das geht aus einem Beschluss des Bundesgerichtshofs hervor, der t-online vorliegt. Ermittlern zufolge kursierten in der Gruppe Fotos, die diesen Schluss nahelegen. Wenig später sei die Moschee in einem Onlinemagazin des "Islamischen Staats Provinz Khorasan" (ISPK) als "Ort der Teufelsanbetung" bezeichnet worden. Das habe sie implizit als potenzielles Anschlagsziel benannt.
Verdächtige aus Tadschikistan
Aufgrund von Drohungen aus Islamistenkreisen lebt Ateş seit vielen Jahren unter Polizeischutz. Als Anwältin kämpft sie für Frauenrechte und gegen Zwangsheiraten, Kinderehen und Ehrenmorde. 2017 gründete sie in Berlin die überkonfessionelle Ibn-Rushd-Goethe-Moschee, die für eine progressive und liberale Auslegung des Islam international bekannt geworden ist. Mit ihr soll die Religion "von innen heraus" reformiert werden. Seitdem nahmen die Morddrohungen wieder zu.
Die Islamisten aus Zentralasien waren kurz nach Kriegsbeginn im Februar 2022 aus der Ukraine nach Deutschland eingereist. Im Juli 2023 wurden sieben von ihnen schließlich in NRW wegen Terrorverdachts verhaftet. Für Anschläge im Sinne der Terrormiliz "Islamischer Staat" habe die Gruppe bereits Anschlagsziele ins Auge gefasst und mögliche Tatorte ausgekundschaftet, hieß es damals seitens des Generalbundesanwalts. Sie habe mit Vertretern des ISPK im Ausland in Verbindung gestanden und ihn mutmaßlich mit Geldsammlungen unterstützt.
Schusswaffen und Kofferbombe?
Auch in den Niederlanden wurden zwei Verdächtige verhaftet – einer davon mutmaßlich der Anführer, der "Scheich" und "Lehrer" genannt wurde.
Zwar habe es noch keine konkreten Anschlagspläne gegeben, heißt es nun in den Unterlagen des Bundesgerichtshofs. Allerdings erörterten den Ermittlern zufolge "[die Beschuldigten] geeignete Anschlagsobjekte, nahmen potentielle Tatorte in den Blick und berieten über die mögliche technische Umsetzung ihrer Pläne". Dafür seien die Bilder der Moschee in Berlin ausgetauscht worden. Auch zum Tagesablauf religiöser Juden sowie ihren Gebets- und Bekleidungsvorschriften recherchierten die Männer bei einem Treffen.
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Was die "technische Umsetzung" ihrer Ideen anbelangte, so sei diese hauptsächlich an finanziellen Mitteln gescheitert. Anfang 2023 erkundigte sich der "Scheich" in den Niederlanden nach Schusswaffen für "drei deutsche Brüder", im März dann befüllte ein weiterer Beschuldigter einen Koffer mit vollen 1,5-Liter-Plastikflaschen, mutmaßlich um seine Eignung als Kofferbombe zu prüfen. Im Juli folgten die Verhaftungen.
Ateş: "Hetze fällt auf fruchtbaren Boden"
Wie lange Polizei, Verfassungsschutz und auch der niederländische Nachrichtendienst die Männer bis dahin beobachtet hatten, ist unklar. Der Verfassungsschutz hatte aber mindestens seit Juni 2022 Kenntnis von der Gruppe. In ihrem Umfeld gab es mindestens eine Vertrauensperson der Polizei, die immer wieder berichtete. Auch Telefongespräche wurden überwacht. Ob die Ermittler während dieser Zeit oder erst nach den Durchsuchungen im Juli von der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee als möglichem Anschlagsziel erfuhren, lässt der Beschluss des BGH offen.
Seyran Ateş sagte t-online, die mutmaßlichen Terroristen seien aus ihrer Sicht nicht allein verantwortlich: "Die oftmals subtile Hetze staatlicher und islamischer Stellen der Türkei, des Irans und Ägyptens fällt bei Extremisten auf fruchtbaren Boden. Wir wurden öffentlich als Ziel markiert und das ist das Ergebnis."
Sie betrachte mit Bestürzung auch die aktuelle Entwicklung in Zusammenhang mit dem Angriff der Hamas auf Israel. "Junge muslimische Männer stacheln sich gegenseitig an und verfallen anscheinend regelrecht in einen Blutrausch." Die Bedrohungslage habe sich deutlich verschärft.
Update, 20.10.2023: Nach der Berichterstattung von t-online über die Anschlagspläne hat die Ibn-Rushd-Goethe-Moschee aus Sicherheitsgründen entschieden, den Betrieb in Berlin vorerst einzustellen. Veranstaltungen finden nur noch online statt.
- Eigene Recherchen
- Generalbundesanwalt.de: "Festnahme von sieben mutmaßlichen Mitgliedern einer islamistischen terroristischen Vereinigung"
- Generalbundesanwalt.de: "Haftbefehle gegen sieben mutmaßliche Mitglieder einer islamistischen terroristischen Vereinigung in Vollzug gesetzt"