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Cannabislegalisierung der Ampel: Droht jetzt schon das Aus?


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Großes Ampelgesetz
Es droht der schleichende Tod


18.03.2024Lesedauer: 4 Min.
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Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD, r.) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne): Steht ihnen die nächste Schlappe bevor? (Quelle: IMAGO/imago)
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Der Cannabislegalisierung der Ampelregierung droht das Aus – wegen massiver Kritik aus den eigenen Reihen. Der Showdown steht am Freitag im Bundesrat an.

Es sollte der große Wurf sein, die drogenpolitische Kehrtwende. Auf den letzten Metern aber droht die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für den 1. April geplante Cannabislegalisierung zu scheitern – denn in den Reihen von Lauterbachs eigener Partei und der Grünen regt sich Widerstand. Und mit den Grünen ausgerechnet bei jener Partei, die so laut und engagiert wie keine andere seit Jahrzehnten für die Freigabe wirbt.

In den vergangenen Wochen war es Nordrhein-Westfalens Justizminister Benjamin Limbach (Grüne), der besonders deutlich gegen Lauterbachs Gesetz protestierte. Für die Legalisierung ist Limbach grundsätzlich zwar schon. Die damit verbundene Amnestie – also ein rückwirkender Straferlass – sei aber für die Justiz so nicht stemmbar, kritisiert er. Zehntausende Akten müssten dafür bis zum 1. April bearbeitet werden. Limbach fordert deswegen eine Übergangsfrist bis zum 1. Oktober. Damit liegt er partei- und länderübergreifend ganz auf Linie der Justizminister.

Niedersachsens SPD-Justizministerin Kathrin Wahlmann brachte ihre Kritik erst vor vier Tagen zu Papier – in einem Brief, direkt gerichtet an den Gesundheitsminister. "Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Lauterbach, lieber Karl", beginnt sie das Schreiben, das t-online vorliegt.

Auf sieben Seiten zerpflückt Wahlmann danach die geplante Amnestieregelung, warnt vor Überlastung und Rechtsunsicherheiten. Und betont: "Erneut" wolle sie darauf hinweisen, dass die geplante Amnestie in so kurzer Zeit die Gerichte und Staatsanwaltschaften "vor ganz erhebliche Probleme stellen wird". Sie bitte darum, ganz von der Amnestie abzusehen – oder zumindest bis zum 1. Oktober Zeit zur Bearbeitung zu gewähren.

Am Freitag wird es im Bundesrat zum Showdown kommen. Die Länderkammer soll das Gesetz zur Cannabislegalisierung aus dem Bundestag eigentlich nur absegnen, zustimmungspflichtig ist es nicht. Doch die Kritik ist parteiübergreifend inzwischen so groß, dass Lauterbachs Gesetz nun der sogenannte Vermittlungsausschuss droht – und damit womöglich der schleichende Tod für das gesamte Vorhaben.

Union will Gesetz ganz verhindern

Der Vermittlungsausschuss soll eigentlich bei Gesetzesvorhaben, die zwischen Bund und Ländern umstritten sind, Kompromisse herbeiführen. Lauterbachs großes Problem: Das kann ein langwieriger Prozess sein, manchmal hängen Gesetze über Monate fest.

Und während Teile der Grünen wie der SPD den Vermittlungsausschuss anrufen wollen, um mehr Zeit für die Justiz zu gewinnen, hat die Union ganz andere Pläne: Sie will die Cannabislegalisierung durch Verzögerungen im Ausschuss ganz verhindern. Man könnte sagen: Der Vermittlungsausschuss soll ein Verhinderungsausschuss werden. Ein Ort, an dem das Gesetz so lange blockiert wird, bis womöglich gar ein neuer Bundestag gewählt wird.

So jedenfalls ließe sich Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) verstehen, der am Wochenende überdeutlich wurde: "Der Freistaat Sachsen wird am Freitag im Bundesrat für die Anrufung des Vermittlungsausschusses stimmen", schrieb er am Samstag beim Kurznachrichtendienst X. "Mein Ziel ist es, dass dieses Gesetz niemals wieder aus dem VA herauskommt."

Davor warnt Lauterbach seit Wochen. Im Interview mit t-online sagte er: Die Union wolle das Gesetz in den Vermittlungsausschuss zwingen – und es "am langen Arm verhungern lassen, bis die Legislaturperiode vorbei ist". Am Montag bekräftigte er diese Einschätzung: "Ich glaube, das Cannabisgesetz wird im Vermittlungsausschuss sterben."

Lauterbach will deswegen bis zum Freitag für sein Gesetz kämpfen, unter anderem in einer großen Schaltkonferenz mit allen Justiz-, Innen- und Gesundheitsministern der Ampelparteien am Montag. "Wir bereiten eine Protokollerklärung vor", kündigte Lauterbach an. Das Ziel solle sein: Den Ländern mit der Erklärung die Sorgen zu nehmen – und so den Vermittlungsausschuss zu vermeiden.

Es bleibt bis zum Ende spannend

Ob Lauterbach das gelingt, ist fraglich. Zwar ist die Hürde für das Anrufen des Vermittlungsausschusses im Bundesrat nicht allzu leicht zu nehmen: Es braucht dazu 35 von 69 Stimmen. Und wenn sich eine Regierungskoalition nicht einig ist, enthält sich das jeweilige Land in der Regel. Das ist meist dann der Fall, wenn bereits einer von inzwischen häufig drei Koalitionspartnern eine andere Haltung als die beiden anderen vertritt.

Doch die Regierungen von einwohnerstarken Ländern wie Bayern (CSU/Freie Wähler), Baden-Württemberg (Grüne/CDU), Nordrhein-Westfalen (CDU/Grüne) und Niedersachsen (SPD/Grüne) haben mit jeweils sechs Stimmen die größte Macht im Bundesrat – und zählen parteiübergreifend zu den dezidiertesten Kritikern von Lauterbachs Gesetz. Und selbst aus kleinen Ländern wie dem rein SPD-regierten Saarland heißt es auf Anfrage von t-online: Es sei noch nicht entschieden, wie man abstimmen wolle. "Die Skepsis in der Landesregierung ist aber groß, etwa mit Blick auf Inkrafttreten am 1. April."

Wie das Saarland wollen sich auch die meisten anderen Länder noch nicht festlegen, wie sie abstimmen werden. Die Diskussionen laufen hinter den Kulissen, in den Parteien wie Koalitionen. "Wir entscheiden Freitagmorgen, wie wir abstimmen", heißt es etwa aus Niedersachsen.

Landes- und Bundespolitiker, die an den Verhandlungen beteiligt sind, sagen hinter vorgehaltener Hand unisono: Die Mehrheiten im Bundesrat ließen sich derzeit schlicht nicht prognostizieren. Bis zur Sitzung dürfe es spannend bleiben. Möglich aber sei bei der breiten Front an Kritik, dass tatsächlich der Vermittlungsausschuss angerufen werde.

Selbst die Grünen sind uneins

Resthoffnung setzen Befürworter der Legalisierung vor allem in die Grünen. Sie regieren in zehn Ländern mit und könnten so die Mehrheit kippen, also den Vermittlungsausschuss verhindern. Selbst in Sachsen könnten sie den so entschiedenen CDU-Ministerpräsidenten Kretschmer mit ihrem Veto in eine Enthaltung zwingen.

Doch die Kritik ist auch bei den Grünen in vielen Ländern groß, Nordrhein-Westfalens Justizminister Benjamin Limbach ist dafür nur eines von vielen Beispielen. Grüne Bundespolitiker warnen deswegen öffentlich vor dem Vermittlungsausschuss: "Das Gesetz wäre dann gescheitert", sagte Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen dem "Handelsblatt".

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Für die Grünen wäre das ein besonderes Problem. Stärker als jede andere Partei werden sie mit der Legalisierung verbunden, sie war eines ihrer großen Wahlversprechen. Würde das Gesetz nun auch ihretwegen langsam sterben, wäre das für die Grünen ein erheblicher Imageschaden.

Grünen-Chefin Ricarda Lang versuchte am Montag, Optimismus zu verbreiten. Das Gesetz sei durch den Bundestag und nehme nun noch "die letzte Hürde" im Bundesrat, sagte Lang. "Wir setzen uns ganz klar dafür ein, dass dieses Gesetz kommt." So klar allerdings, wie Lang behauptet, ist die Lage bei den Grünen bei Weitem nicht.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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