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AfD-Chef Tino Chrupalla will Beamte umschulen lassen: "Braucht dort keiner"


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AfD-Talk bei Lanz
"Ich hoffe, dass viele Menschen das gerade gesehen haben"


Aktualisiert am 08.02.2024Lesedauer: 4 Min.
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Tino Chrupalla (Archivbild): Er sieht noch immer die Möglichkeit eines "Dexits". (Quelle: IMAGO/Thomas Bartilla)
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Ein EU-Austritt ist für AfD-Chef Tino Chrupalla weiterhin eine Option. Andere Gesprächsteilnehmer widersprechen und warnen vor schwerwiegenden Folgen.

Als es um die Europäische Union ging, konterte Markus Lanz die Aussagen seines Gastes erst mit Fakten, dann mit dem Vorwurf: "Das ist jetzt wirklich echt Verschwörungstheorie, was Sie machen." Doch AfD-Co-Vorsitzender Tino Chrupalla ließ sich weder von dem einen noch dem anderen beeindrucken. So ging es die meiste Zeit in der Talksendung am Dienstagabend. Die wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Konzepte der AfD waren dort das Thema.

Chrupalla – gleich links neben dem Moderator platziert – wollte dabei für die Zukunft Deutschlands in der Europäischen Union auch einen Austritt aus der EU nicht ausschließen: "Natürlich muss als Ultima Ratio, als Druckmittel gerade für Deutschland als höchsten Nettoeinzahler die Möglichkeit bestehen, diese Union zu verlassen." Dabei hatte Chrupalla dem Deutschlandfunk noch Anfang Februar gesagt, für den "Dexit" sei es zu spät.

Die Gäste

  • Claus Ruhe Madsen, CDU-Politiker
  • Tino Chrupalla, AfD-Parteichef
  • Lukas Rietzschel, Schriftsteller
  • Franziska Klemenz, Journalistin

Lanz warf Chrupalla zudem vor, zu unterschlagen, was Deutschland im Gegenzug an Subventionen aus Brüssel erhalte. "Haben Sie eine Idee, wie viel deutscher Wohlstand verloren ginge, wenn wir aus der EU aussteigen würden?", fragte der Moderator. "Für Großbritannien wird sich das auf lange Sicht auszahlen", zeigte sich Chrupalla hingegen mit Blick auf den Brexit überzeugt.

AfD-Chef erwägt "Dexit"

Lanz verwies auf "ökonomische Kennziffern", denen zufolge das Vereinigte Königreich durch den Brexit jährlich umgerechnet rund 163 Milliarden Euro verliert. Chrupalla meldete sofort Zweifel an – und witterte eine Verschwörung. "Ökonomen müssen genau diese Zahlen in den Raum werfen, um Europa zusammenzuhalten, damit es keine Nachahmer gibt", sagte der AfD-Parteichef. "Glauben Sie, die lügen?", hakte Lanz nach. "Sie lügen nicht, aber ...", antwortete der Politiker und fügte an: "Stellen Sie sich vor, ein Austritt aus der EU würde sich für ein Land lohnen. Was dann in dieser Europäischen Union los wäre."

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Chrupalla: Verfassungsschutz wird missbraucht

Ähnlich argumentierte Chrupalla, als es um die Arbeit von Verfassungsschutzbehörden in Bund und Ländern ging. "Wir klagen da weiter", kündigte er zur Einstufung der Jugendorganisation seiner Partei als gesichert rechtsextrem an. Ein Eilantrag gegen die Entscheidung des Bundesamts für Verfassungsschutz war am Donnerstag vor dem Verwaltungsgericht Köln gescheitert. "Das ist natürlich auch wahltaktisch begründet", behauptete Chrupalla, auch mit Blick auf ähnliche Einschätzungen von Verfassungsschützern in Sachsen.

Der Verfassungsschutz werde also politisch missbraucht, fragte Lanz nach. "Na, absolut", antwortete der AfD-Co-Vorsitzende. "Wenn das so ist, dann wären Sie ja ein Opfer", meinte der Moderator. "Deshalb klagen wir ja auch", entgegnete sein Gast. "Sie haben keine Idee, warum man Sie als gesichert rechtsextrem einstuft?", erwiderte Lanz. Chrupalla verneinte. Über seinen Parteikollegen Björn Höcke sagte der Parteichef: "Er ist für mich nicht rechtsextrem."

Der Talkmaster reagierte verblüfft: "Björn Höcke ist keiner, der von sozusagen Umsturzfantasien oder von völkischen Fantasien und so weiter spricht?", meinte Lanz. "Da würden Sie sagen: Der ist raus? Er ist nicht rechtsextrem?" Journalistin Klemenz erinnerte daran, dass Höcke in Schnellroda in Sachsen-Anhalt "über die Fortpflanzung von Menschen in Afrika sprach, als wären es Bakterien". Zudem wies sie darauf hin, dass Höcke das Berliner Holocaust-Mahnmal als "Denkmal der Schande" bezeichnet habe.

Zu einem anderen rechtsextremen Kontakt räumte Chrupalla nach mehrmaligem Nachbohren von Lanz ein: "Ja, ich kenne ihn." Gefragt hatte der Moderator nach dem Düsseldorfer Gernot Mörig. Er gilt als ein Organisator des Treffens in einer Potsdamer Villa und hat angeblich zuvor eine Zusammenkunft ("5. Düsseldorfer Runde") mit Chrupalla und Finanzgebern aus dem rechten Milieu angestoßen. Chrupalla hatte sich zuvor auf Erinnerungslücken berufen, was seine angebliche Teilnahme anbelangte.

"Lanz": Beamte entlassen?

Dann schwenkte der AfD-Chef zu einem Vorschlag um, wie der Fachkräftemangel behoben werden könnte. Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) hatte berichtet, wie er 1992 ohne Deutschkenntnisse ins Land gekommen sei. Er betonte, wie wichtig Menschen aus dem Ausland für die deutsche Ökonomie seien. Da unterbreitete Chrupalla einen Vorschlag, woher die fehlenden Fachkräfte kurzfristig kommen könnten: aus den Behörden.

"Man muss aktuell auch darüber gehen, dass man vor allem Beamtenstellen reduziert in diesem Land, weil wir viel zu viele haben. Die Verwaltung ist viel zu groß", sagte Chrupalla insbesondere mit Blick auf Bundesbehörden und Bundesministerien: "Diese Leute braucht dort keiner." Lanz fragte lieber noch einmal nach: "Sie würden Beamte sozusagen aus dem Öffentlichen Dienst raus (nehmen) und würden so den Fachkräftemangel in Deutschland lösen?" Das seien ja aber "keine Facharbeiter für Batterieherstellung", warf er ein. "Umschulen", lautete die Antwort von Chrupalla.

Madsen warnt vor AfD

"Ich hoffe, dass unglaublich viele Menschen das eben gerade gesehen haben", hatte Madsen Chrupallas Idee für einen EU-Austritt kommentiert. Ein "Dexit" sei bedrohlich für Deutschlands Wirtschaft. Diese lebe vom starken Binnenmarkt der EU, in dem miteinander und füreinander gearbeitet werde. "Das ist ein Europa, wie ich es mir vorstelle", sagte der gebürtige Däne.

"Was wir hier gerade tun, ist ja auch ein Bild von Deutschland darzustellen", warnte der ehemalige Oberbürgermeister Rostocks. Er stieß sich außerdem an der Aussage der AfD-Co-Vorsitzenden Alice Weidel, die Ampelkoalition "hasse" Deutschland. "Wenn ein externer Investor zu uns kommen muss und eine solche Debatte mitbekommt, wie wir über unsere Bundesregierung, über unseren Verfassungsschutz reden – ich glaube, da würde ich mir schon Sorgen machen, ob ich dann bereit wäre, in diesem Land zu investieren."

Die von Lanz angeführten 163 Milliarden Euro, die der Brexit die britische Wirtschaft jährlich kosten soll, stammen übrigens aus einer Studie, die der Londoner Bürgermeister und Brexit-Kritiker Sadiq Khan (von der oppositionellen Labour Party) bei der Beratungsfirma Cambridge Econometrics in Auftrag gegeben hat. "Der Brexit ist ein wirtschaftliches Desaster für beide Seiten des Kanals", hatte im Sommer 2023 auch der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Volker Treier, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters bilanziert.

Verwendete Quellen
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