Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Geldmangel immer riskanter Dann geht nichts mehr
Die Ampelkoalition sucht weiter nach 17 Milliarden Euro für den kommenden Haushalt. Es sind eher Stunden als Tage, die dafür bleiben. Und immer noch schielen dabei alle drei nur auf die Herzensangelegenheiten der anderen.
Wo die Koalition gerade steht in ihrem Finanzfinale kurz vor Weihnachten und Schalterschluss? Im Jargon des Croupiers und in der Welt des Glücksspiels könnte man sagen: bei "Faites vos jeux!" Mit diesem Satz wirft der Chef am Roulettetisch die Kugel in den kreiselnden Kessel, und die um den Tisch versammelten Spieler sind an der Reihe, mit ihren Jetons die verschiedenen Felder zu besetzen.
So sieht es auch jetzt aus: Die Ampelkoalitionäre besetzen ihre Felder. Die FDP macht klar, dass beim Sozialen, dem Klima und den Subventionen gespart werden muss. Die SPD verteidigt ihre sozialen Segnungen wie das erhöhte Bürgergeld und spricht von Steuererhöhungen, die die Liberalen kategorisch ablehnen. Und die Grünen rücken bisher auch keinen Millimeter von ihren kostspieligen Klimapositionen ab.
Es pressiert ungemein
So weit, so normal. Könnte man sagen. Aber es pressiert ungemein, wenn die Ampel bis zum Ende des Jahres noch einen verfassungsfesten Haushalt 2024 hinbekommen möchte. Es geht nur noch um Tage. Und die Positionen haben sich null angenähert.
Daher könnte auch über das normale Mikadospiel (wer sich zuerst bewegt, hat verloren) hinausgehen, was da gerade vonstattengeht. Die Indizien sprechen dagegen, dass es tatsächlich noch darum geht, eine gemeinsame Lösung zu finden. Vielmehr könnten die sehr apodiktischen öffentlichen Festlegungen dazu dienen, schon einmal die Bruchstellen und damit die Gründe zu fixieren, weshalb es für den einen oder anderen Koalitionär in diesem Bündnis nicht mehr weitergehen kann.
Insbesondere die FDP scheint nicht nur wegen der einschlägigen Mitgliederbefragung von diesem Motiv getrieben zu sein: Gründe zu finden, das Bündnis erhobenen Hauptes und mit einem Scheidungsschreiben voller nicht mit SPD und Grün zu vereinbarenden Knackpunkten zu verlassen. Lambsdorff-Papier hieß 1982 das Vorbild dafür.
Dabei müsste es in der Sache kein so großes Ding sein, wären die drei Parteien der Ampel nicht so grundverschieden und innerlich so weit weg voneinander. Bei einem Haushalt von mehr als 470 Milliarden Euro entspricht der Fehlbetrag von 17 Milliarden Euro gerade einmal einem Anteil von 3,6 Prozent. Machbar, findet nicht nur der frühere Finanzminister Theo Waigel, der in einem Gastbeitrag in "Bild" vor einigen Tagen vor Augen geführt hat, dass die Regierung zu Zeiten der Wiedervereinigung vor ganz anderen Löchern und Herausforderungen stand.
Politik ist: Kompromiss
Politik ist die Kunst des Kompromisses. Und bei 17 Milliarden Euro an Lücke könnte man grob sagen: Ein Drittel dieser Summe wird über Einsparungen bei nicht mehr darstellbaren Sozialleistungen erbracht, also aus einer abgesenkten Erhöhung des Bürgergeldes und einer vorläufigen Streichung der Kindergrundsicherung.
Das zweite Drittel kommt aus weniger Subventionen für Entwicklungsländer und weniger Geld für internationale Klimaleistungen Deutschlands. Dann wäre man dort immer noch Weltmeister, aber eben nicht mehr mit so großem Abstand. Und das letzte Drittel kommt aus einer Anhebung von Steuern, die bei den Wohlhabenden dieses Landes ansetzt.
Vielleicht sogar mit der Union?
Vielleicht könnte man dann sogar, großer Wurf!, mit der Union über eine kleine Reform der Schuldenbremse reden, um so noch investive Mittel etwa für die nachweislich auf den Radreifen heruntergefahrene Bahn und andere dringende Infrastrukturmaßnahmen zu finanzieren.
Im Augenblick, das muss man festhalten (bis zum Beweis des Gegenteils, der dankbar zur Kenntnis genommen würde) deutet aber nichts darauf hin, dass sich ein solcher Ansatz kühler Vernunft abzeichnete.
So rollt die Kugel im Koalitions-Kessel, bis sie wegen Gravitation und Rollreibung immer langsamer wird, und der Croupier seinen letzten Satz sagt: "Rien ne va plus." Nichts geht mehr.
Die Kugel trudelt schon erkennbar im Kessel. Lange hin ist der Moment nicht mehr.
- Eigene Beobachtungen und Gespräche