Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Nord Stream 2 Schwesigs Regierung verschleierte Gazprom-Deals
Die Nord-Stream-Affäre weitet sich aus: Unter dem Deckmantel einer Klimainitiative bahnte Schwesigs Landesregierung Geschäfte mit Russland an. Treiber war Altkanzler Gerhard Schröder.
Die von der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns im August 2021 gegründete Klimainitiative "Wasserstoff-Hanse" war eine verschleierte Russland-Kooperation auf Initiative von Altkanzler Gerhard Schröder. Das geht aus internen Dokumenten des einstigen Landesenergieministeriums, des Landeswirtschaftsministeriums und der Staatskanzlei hervor, die t-online vorliegen.
- Die ganze Recherche: Putins 100-Milliarden Dollar-Plan
- Nord Stream 2: Kanzlei von SPD-Minister erhielt heiklen Auftrag
Das federführend beteiligte Unternehmen plante demnach E-Fuel-Produktion auf Basis blauen Wasserstoffs aus russischem Erdgas für die Schifffahrt. Im Beirat des Unternehmens saß Nord-Stream-2-Verwaltungsratsvorsitzender Schröder. Es bestanden direkte Kontakte zur russischen Botschaft, dem russischen Energieministerium und dem russischen Staatskonzern Gazprom.
Den Dokumenten zufolge war die "Wasserstoff-Hanse" von Beginn an mit Wissen der Staatskanzlei auf den Import blauen Wasserstoffs aus Russland über Nord Stream 2 ausgelegt. Das geht aus einem Entwurf der Gründungserklärung hervor, den Schröder und das Unternehmen mit dem damaligen Energieminister Christian Pegel (SPD) initiierten.
"Es ging in den Gesprächen, die ich verfolgt habe, nach meinem Eindruck darum, am Ende einen Pfad für blauen Wasserstoff aus Russland zu konstruieren", heißt es dazu in internen E-Mails des Wirtschaftsministeriums. "Ausgangspunkt war wohl mal ein Gespräch von [Gerhard] Schröder mit unserer [Ministerpräsidentin], die dann ihren Energieminister darauf angesetzt hatte."
Hinweise auf geplante Kooperationen mit anderen Ostsee-Anrainern finden sich in den Dokumenten nicht. Pegel betreute das Projekt weitgehend an der Fachabteilung vorbei. Dabei kam es auch zu Interessenkonflikten zwischen seiner politischen Tätigkeit und persönlichen wirtschaftlichen Interessen, wie t-online berichtete.
Update, 21.11. 2023: Das Innenministerium hatte eine zweitägige Frist zur Stellungnahme zunächst verstreichen lassen. Einen Tag nach Veröffentlichung teilte das Innenministerium t-online mit, das Pegels Gesellschaftsverhältnis mit der Kanzlei habe geruht und es habe kein Anspruch auf Gewinnausschüttungen bestanden. Er sei weder operativ dort tätig, noch an Entscheidungen beteiligt gewesen.
"Damit hat es für den früheren Energieminister keinen Belang, wie viele und welche Mandate die Kanzlei bearbeitet." Er habe keine Kenntnisse zu Angelegenheiten der Kanzlei. "Dies umfasst auch, ob und welche – tausende – Mandate dort wahrgenommen werden."
Die Staatskanzlei, Gerhard Schröder, das federführende Unternehmen und ehemalige Unternehmensvertreter beantworteten Fragen von t-online dazu nicht.
- Eigene Recherchen