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Haushaltsplanung der Ampelkoalition: Wird sie zur Belastungsprobe?


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Planung der Ampelkoalition
Der Kampf ist eröffnet


16.11.2023Lesedauer: 5 Min.
Berlin: Christian Lindner und Robert Habeck im Bundestag.Vergrößern des Bildes
Berlin: Christian Lindner und Robert Habeck im Bundestag. (Quelle: IMAGO/Frederic Kern)
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Nach dem Urteil aus Karlsruhe will die Ampelkoalition trotzdem ihre Haushaltsplanung abschließen. Doch die Finanzen des Bundes stehen vor ungewissen Zeiten – und die Koalition vor einer Belastungsprobe.

Bruno Hönel ist im Stress. Der Grünen-Politiker will an diesem Donnerstag in die sogenannte Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses. Um 13 Uhr geht es los, Hönel läuft schon den ganzen Vormittag durch die Gebäude des Bundestages. Letzte Gespräche führen, Details klären, Absprachen treffen. Er weiß, dass es ein anstrengender Tag wird. Hönel drückte es am Telefon etwas atemlos so aus: "Das wird eine lebendige Sitzung heute."

In der Bereinigungssitzung verhandeln die Haushaltspolitiker der Fraktionen über Milliardenbeträge. Es geht darum, wofür die Bundesregierung im kommenden Jahr Geld ausgeben will und wofür nicht. Die gesamte finanzielle Planung ist auf diesen Tag im November ausgerichtet – und dieses Mal ist dabei bis kurz vor Beginn nicht klar, ob die Sitzung überhaupt stattfinden kann.

Am Mittwoch hatte das Bundesverfassungsgericht die Umwidmung von Krediten zur Bekämpfung der Coronapandemie für den Klimaschutz für verfassungswidrig erklärt. Es war eine herbe Niederlage für die Koalition: 60 Milliarden Euro fehlen der Ampel jetzt in der langfristigen Finanzplanung.

Über Stunden schien nichts gewiss zu sein, dann die Nachricht: Auf den Kernhaushalt für 2024 will die Ampelkoalition sich trotzdem einigen, auch deshalb ist Bruno Hönel nun unter Druck. Er sagt: "Es sind herausfordernde Tage. Umso wichtiger ist es, dass die wichtigen Säulen unserer Planung stehen." Es klingt wie: Wir schauen, dass nicht alles ins Wanken gerät. Dann legt Hönel auf, er eilt wieder über die Gänge, hinein in das verglaste Gebäude, wo die Sitzung heute stattfindet, die sich bis in die Nacht ziehen wird.

Es zeichnet sich das Bild einer ratlosen Koalition ab

Das Land steht vor ungewissen Zeiten. Die Karlsruher Richter haben mit ihrer Entscheidung festgelegt, dass es nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist, Schulden auf Vorrat zu machen. Damit bricht ein Großteil der Finanzplanung der Ampelkoalition weg: Die Grünen wollten ihre Klimapolitik mit einem Großteil des Geldes aus dem zusätzlichen Topf, dem "Klima- und Transformationsfonds" finanzieren. Wie das nun stattdessen gehen soll? Ist offen. Dabei fällt die Entscheidung aus Karlsruhe ausgerechnet in die schwierige Phase der letzten Haushaltsverhandlungen. Es wird heikel, so viel ist sicher.

Werner Gatzer ist ein Mann, der schon viele Krisen erlebt hat. Seit 2005 ist er Staatssekretär im Finanzministerium, verantwortlich für die Haushaltsplanung. Wenn es wichtig wird, wenn die großen Summen geplant werden, ist Gatzer zur Stelle und sitzt neben den jeweiligen Finanzministern in Besprechungsrunden und in Pressekonferenzen. Das war so, als Wolfgang Schäuble noch das Haus leitete, das war so bei Olaf Scholz und so ist es auch jetzt unter dem aktuellen Finanzminister Christian Lindner. Am Mittwoch, dem Tag des donnernden Urteils aus Karlsruhe, eilte Gatzer sogar zur Fraktionssitzung seines Finanzministers von der FDP.

Der Staatssekretär, so erzählen es welche, die dabei waren, hatte einen kurzen Auftritt bei den FDP-Abgeordneten, der die Anwesenden beruhigen sollte: "Keine Sorge, die Planung der Staatsfinanzen kriegen wir trotzdem hin“, so lässt sich sein Statement zusammenfassen. Torsten Herbst, der für die Liberalen im Bundestag sitzt und Gatzers Auftritt verfolgt hat, sagt t-online: "Auch am Tag nach der klaren Ansage aus Karlsruhe ist klar: Die Schuldenbremse ist jetzt deutlich gestärkt." Sein Kollege Thorsten Lieb sagt: "Die Tragweite des Urteils strahlt auf unsere ganze Haushalts- und Finanzplanung aus. Langfristig müssen damit die Ausgaben des Staates gedrosselt und priorisiert werden – Spielräume gibt es nur über eine starke Wirtschaft – ohne Steuerhöhungen."

Die FDP will an ihren Überzeugungen auch in der Krise festhalten. Doch allein die Tatsache, dass Gatzer in die Fraktion des Finanzministers kommen muss, zeigt, wie erschüttert die Koalition ist.

Der Haushalt für das Jahr 2024 ist gesichert, immerhin

Wie es nun weitergeht? Am Mittwoch fiel die Antwort auf diese Frage mal so, dann anders aus. Die Union hatte vorgeschlagen, dass der Bundestag doch die ganze Haushaltsplanung aufschieben solle. Das ginge nicht, argumentierte mancher aus der Ampelkoalition, dann hätte man keine verlässliche Finanzplanung – und könne beispielsweise die Hilfen an die Ukraine und Israel nicht rechtzeitig zahlen.

Die CDU-Finanzpolitikerin Antje Tillmann sagt: "In der Presse steht nun: Es fehlt Geld für den Klimaschutz – dabei hat die Ampel ihr Sondervermögen für so viel anderes genutzt. Beispielsweise, um Chipfabriken in Magdeburg zu finanzieren! Das hätten sie von Anfang an aus dem regulären Haushalt finanzieren müssen. Unglaublich." Die Summen sind groß, die Begehrlichkeiten entsprechend auch.

Der Kompromiss sieht nun so aus: Die Bereinigungssitzung findet am Donnerstag wie geplant statt, allerdings noch nicht mit einem endgültigen Beschluss. Die Union wird dann am kommenden Dienstag, den 21. November, im Haushaltsausschuss noch einmal verschiedene Experten zu Wort kommen lassen. Die Sitzung wird dabei ausnahmsweise digital stattfinden, weil keine reguläre Sitzungswoche des Bundestages ist. Am Donnerstag, dem 23. November, sollen dann die letzten Entscheidungen über den Haushalt im Ausschuss getroffen worden sein. Der Haushalt für das Jahr 2024 ist damit grundsätzlich gesichert.

"Das ist ein unhaltbarer Zustand"

Die Frage für die Koalitionäre ist, wo sie darüber hinaus sparen wollen. Dazu zwingt sie das Karlsruher Urteil, weil viele ihrer Vorhaben eigentlich aus dem zusätzlichen Schulden-Geldtopf finanziert werden sollten. Dabei legen die Ampelpolitiker den Fokus besonders auf die Planung ab dem Jahr 2025. Schon werden intern größere finanzielle Bausteine auch aus dem Kernhaushalt diskutiert: Es geht um die Pendlerpauschale, um den Zuschuss zu den staatlichen Renten, um die bei Magdeburg geplante Chipfabrik. Alle Beteiligten könnten zu harten Kompromissen gezwungen werden.

Doch weil das Karlsruher Urteil so umfassend ausfiel, geht noch eine weitere Angst vor allem in der FDP um: Die Sorge davor, dass die Union ihren Schutz der Schuldenbremse aufgeben könnte.

Denn ähnliche Nebenhaushalte wie im Bund finden sich unter anderem in Bremen, Nordrhein-Westfalen, Berlin und Schleswig-Holstein. Der Ökonom Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung sagt dem "Handelsblatt" dazu: "Auch in diesen Ländern wurden milliardenschwere Sondervermögen aus der Taufe gehoben, die eindeutig das Grundgesetz verletzen. Auch wenn sich noch kein Kläger gefunden hat, ist das ein unhaltbarer Zustand", so Heinemann. Weil die CDU in etlichen dieser Regierungen beteiligt ist, könnte sich eventuell sich von der Schuldenbremse verabschieden – ein mächtiger Unterstützer für Haltung der Liberalen in der öffentlichen Meinung würde wegfallen.

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Zurück ins Berliner Regierungsviertel, inzwischen ist es früher Nachmittag. Max Mordhorst macht erst mal Mittagspause, vor ihm steht ein Teller mit dampfender Gulaschsuppe. Mordhorst ist einer der jüngsten FDP-Politiker. Die Bereinigungssitzung hat soeben begonnen, etwa 300 Meter Luftlinie von dem kleinen Café, wo der 27-Jährige jetzt sitzt. Er sieht zufrieden aus.

Mordhorst sagt: "Die Haushälter werden sich schon einigen können, das ist ja nur die kurzfristige Planung für das nächste Jahr. Spannend wird es in der langfristigen Planung." Und was heißt das konkret? Mordhorst sagt: "Ich glaube, die Koalition steht vor einer riesigen Debatte über Steuererhöhungen. Mit uns als FDP ist das aber nicht zu machen." Er schaut auf die Gulaschsuppe, dann aus dem Fenster, sein Gesicht sieht entschlossen aus. Dann sagt er nur: "Das wird noch knirschen."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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