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Zum journalistischen Leitbild von t-online.AfD Schlimmer als gedacht
Schießtrainings, Putin-Reisen, Betrugsvorwürfe, zweifelhafte Lebensläufe: Das sind die Kandidaten der AfD für die Europawahl.
Die AfD ist auf einem Allzeithoch. In Umfragen kommt sie auf mehr als 20 Prozent Zustimmung – so viel wie noch nie. Damit ist sie zweitstärkste Kraft im Land. Mindestens 30 Kandidaten will sie deswegen auf ihre Liste für die Europawahl setzen. 15 wurden am vergangenen Wochenende bereits von rund 600 Delegierten in Magdeburg gewählt, ab Freitag werden die Wahlen fortgesetzt.
Schon die bereits gesetzten Kandidaten aber sind skandalträchtig. Sie sind zum Teil tief verstrickt ins rechtsextreme Milieu, bekannt für ihre Zuneigung zu Adolf Hitler, ihre Nähe zu Kriegstreiber Russland oder für Vorwürfe wegen Betrugs und Falschangaben. Recherchen von t-online enthüllen nun Luxusreisen auf Kosten ausländischer Gruppen und neue Zweifel an Lebensläufen.
Eine Übersicht:
Maximilian Krah: Radikaler Hedonist
Er tritt weltmännisch und hedonistisch auf, ist zugleich stramm völkisch-nationalistisch: Maximilian Krah, Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl. Er ist ein Mann der Widersprüche. Klar aber sind seine Botschaften: In seinem gerade beim rechtsextremen Antaois-Verlag erschienen Buch "Politik von rechts" erschaffe Krah "nichts anderes als einen brutalen Führer- und Gewaltstaat", attestieren ihm sogar Parteikollegen.
So forderte Krah in der Vergangenheit, Menschen mit Schießerfahrung mit Polizeiuniform und Pieper auszustatten und so eine Reservepolizei zu bilden "für Wochenendeinsätze oder wenn Not am Mann ist". Warum? "Weil die sagen: Das ist mein Land, jetzt sorg ich hier mal für Ordnung." Den Siegeszug der islamistischen Taliban in Afghanistan, die Homosexuelle verfolgen und öffentlich auspeitschen lassen, feierte Krah. Denn kurz zuvor habe die US-Botschaft in Kabul den "Pride Month" ausgerufen. "Ich glaube, dass das (der Einzug der Taliban in Kabul) die einzig richtige Antwort auf den Pride Month gewesen ist", so Krah.
Die Spitzenposition zur Europawahl hat Krah besonders dem völkischen Flügel der AfD und der Unterstützung von Björn Höcke zu verdanken, der laut Gerichten als "Faschist" bezeichnet werden darf. Regelmäßig ist Krah zu Gast beim Institut für Staatspolitik in Schnellroda, das der Verfassungsschutz als "gesichert rechtsextrem" einstuft. Zuletzt saß er dort gerade erst Mitte Juli auf dem Podium. An seiner Seite: Götz Kubitschek, Vordenker der Neuen Rechten, und Matthias Helferich, der sich selbst einst als "freundliches Gesicht des Nationalsozialismus" bezeichnete. Titel der Veranstaltung: "Unsere Zeit kommt".
Eigentlich ist Krah Rechtsanwalt und verteidigte unter anderem Holocaust-Leugner, Pegida-Demonstranten und Männer, die einen psychisch kranken Flüchtling an einen Baum fesselten. Krah sitzt bereits für die AfD im Europaparlament. In der Kritik, zum Teil sogar in der eigenen Partei, stehen seine Reisen und engen Verbindungen zu Kriegstreibern in Russland und chinesischen Politikern. Zurzeit ist er wegen Betrugsvorwürfen zum zweiten Mal aus der Fraktion "Identität und Demokratie", der die AfD angehört, suspendiert.
Petr Bystron: Skandalträchtiger Putin-Freund
Mit seiner Bewerbungsrede auf der Europawahlversammlung erregte Petr Bystron einiges Aufsehen. Darin wetterte der Noch-Bundestagsabgeordnete gegen "Globalisten", die "uns zwangsimpfen, enteignen, versklaven wollen", sprach vom "giftigen Atem von Claudia Roth" und kündigte einen Kampf gegen Bill Gates und George Soros an. Viel Verschwörungstheorie, einige antisemitische Codes – beim Publikum aber kam das super an: Bystron wurde mit rund 80 Prozent auf Platz 2 der Liste zur Europawahl gesetzt.
Im Europarlament stöhnt mancher schon jetzt, Bystron nämlich ist ein Garant für Skandale. Eine kleine Auswahl: 2020 lud Bystron zu einer Abstimmung über das Infektionsschutzgesetz Aktivisten in den Bundestag ein, die dort Politiker bedrängten. Das Video einer Aktivistin, die Wirtschaftsminister Peter Altmaier am Aufzug beschimpfte, ging viral und löste eine bundesweite Debatte aus.
2018 reiste Bystron auf Kosten des Bundestages nach Südafrika und absolvierte mit Vertretern der rassistischen Organisation Suidlanders eine Schießübung. Er verteidigte das Vorgehen: Die mehrheitlich weißen Siedler organisierten sich, "um zu überleben, sollte es zum schlimmsten Fall kommen". Mehrfach enthüllten Medien, dass Bystron Rechtsextremisten im Bundestag beschäftigt.
Von 2015 bis 2017 war Bystron Vorsitzender der AfD in Bayern, unter ihm rückte der Landesverband weiter nach rechts. Der Verfassungsschutz des Landes beobachtete Bystron, seine Klage dagegen schmetterte ein Gericht ab, weil Bystron "tatsächlich Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen" zeige.
Seit 2017 sitzt er im Bundestag, ist dort zurzeit außenpolitischer Sprecher und Leiter des besonders Putin-freundlichen "Arbeitskreis Außen" der AfD. In diesem Amt reist er viel – und vor dem Angriffskrieg gegen die Ukraine besonders gerne nach Russland. Seit das schwierig geworden ist, sucht er sich andere Routen, besucht aber weiterhin am liebsten Putin-Unterstützer. So fuhr er im November 2022 nach Weißrussland, wie das Recherchekollektiv Correctiv enthüllte. Laut Bystron bezahlte die AfD-Fraktion die Reise; er habe dort den mittlerweile verstorbenen Außenminister Wladimir Makai getroffen.
Christine Anderson: Luxustrip auf Kosten kanadischer Querdenker
Schon jetzt sitzt Christine Anderson im Europäischen Parlament. Dort hat sie vor allem durch einen Affront gegen den kanadischen Präsidenten Justin Trudeau auf sich aufmerksam gemacht. Als er das Parlament besuchte, warf sie ihm schwere Bürgerrechtsverletzungen vor und verließ den Saal. Dafür wird sie bis heute von kanadischen "Querdenkern" gefeiert.
Von ihnen ließ sie sich laut Informationen von t-online Anfang des Jahres eine Reise durch Kanada spendieren, wo sie in Luxushotels gastierte und auf einer organisierten Tour als Kämpferin für Bürger- und Menschenrechte präsentiert wurde. Die Tour wurde mit Ticket- und Fanartikelverkauf vermarktet. Auch ein Film wurde über und mit der AfD-Abgeordneten produziert. Anderson gibt an, über Inlandsreisekosten, Hotelaufenthalte und Verpflegung hinaus keine Vergütung erhalten zu haben.
Die Gruppe hält die Covid-Schutzmaßnahmen und die weltweiten Impfkampagnen für eindeutige Parallelen zur Vorbereitung des organisierten Judenmords im Dritten Reich. Darüber wurde auch ein Film produziert, für dessen Premiere Anderson erneut in Kanada erwartet wurde.
Irmhild Boßdorf: Rechtsextremismus als Familiengeschäft
Ihr Vater war rechts, ihr Mann war rechts, ihre Kinder sind rechts: Irmhild Boßdorf mögen viele Parteibeobachter als neues Gesicht empfinden, sie ist aber seit Jahrzehnten Teil der Neuen Rechten in Deutschland. Stand sie in der Partei lange eher in der vierten bis fünften Reihe, rückt sie mit ihrem aussichtsreichen Listenplatz zur Europawahl zumindest in die dritte auf.
Dort gelandet ist sie auch durch die Fürsprache des Bundestagsabgeordneten Matthias Helferich, der zwar aus der Bundestagsfraktion ausgeschlossen wurde, aber als "freundliches Gesicht des Nationalsozialismus", wie er sich selbst beschrieb, noch immer einflussreiches Parteimitglied ist.
Dass Helferich in Boßdorf eine Verbündete sieht, ist nicht überraschend: In ihrer Rede sprach sie von einer erhofften "millionenfachen Remigration" – also einer Ausweisungswelle – die auch die rechtsextreme und vom Verfassungsschutz beobachtete Identitäre Bewegung (IB) anstrebt, der Helferich unverhohlen nahesteht. Das dürfte mehr als Stimmenfang am rechten Rand sein. Boßdorfs Tochter ist langjährige IB-Aktivistin, Boßdorf selbst stand Vordenkern der IB schon nahe, Jahrzehnte, bevor die IB überhaupt gegründet wurde.
Ihr Vater, der Publizist Günther Deschner, verkehrte nicht nur mit französischen Rechtsextremen um den Philosophen Alain de Benoist, der auch deutsche Rechte maßgeblich beeinflusste. Er war unter anderem auch Chefredakteur der rechtsextremen Zeitschrift "Zuerst". Später ging sein Posten an Manuel Ochsenreiter – den AfD-Netzwerker, der aufgrund eines aufgeflogenen Brandanschlags in der Ukraine zunächst nach Moskau floh und dort schließlich starb.
Boßdorfs Mann verkehrte in der gleichen Szene und war wie ihr Vater ebenfalls ein gut vernetzter Publizist in neurechten Medien. Vor allem prägte er die "Junge Freiheit", in der auch seine Frau zeitgleich hin und wieder als Autorin auftrat. Aus dem Jahr 2000 stammt ein Interview der heutigen AfD-Kandidatin mit der Chef-Ideologin vom "Bund Deutscher Mädel". Gemeinsam mit ihrem Mann arbeitete sie ebenfalls mindestens einer Publikation der französischen Neuen Rechten zu und knüpfte Kontakte unter anderem zu Rechtsextremisten nach Belgien ("Vlaams Blok") und in die Niederlande ("Forum für Demokratie").
Siegbert Droese: Der distanzlose "Führer"-Fan
Der Leipziger Siegbert Droese ist bei Weitem kein unbeschriebenes Blatt in der AfD. Er saß für die Partei in der vergangenen Legislaturperiode im Bundestag und schnupperte Parlamentsluft. Und er sorgte regelmäßig für Aufreger, die zeigen, dass Droese zu den Hardlinern in der AfD zählt.
So beschäftigte Droese das führende Mitglied der Identitären Bewegung Daniel Fiß in seinem Bundestagsbüro. Die Identitäre Bewegung wird vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft und setzt sich aus vielen neu-rechten und rechtsextremen Aktivisten zusammen. Fiß hatte laut Droese einen befristeten Arbeitsvertrag und war für ein Projekt "im Bereich Grafikdesign und -Entwicklung" bei ihm angestellt. Er selbst erkannte darin kein Problem, schließlich nehme er vor der Einstellung von Mitarbeitern "keine Gesinnungsprüfung" vor.
Seine eigene Gesinnung zeigt er hingehen ziemlich offen. So nutzte Droese für Wahlkampfzwecke Autos mit zweifelhaften Kennzeichen. L-AH 1818 war die Buchstaben-Zahlenkombination eines blauen Mercedes, der mit AfD Stickern, seinem Konterfei und Wahlkampfslogans beklebt war. Problematisch ist dieses Nummernschild, weil es eindeutige Codes der rechtsextremen Szene zeigt. Die Zahlen eins und acht stehen für den ersten und den achten Buchstaben im Alphabet, also A und H, die Initialen von Adolf Hitler.
In diesem Fall gibt es noch ein weiteres Detail, das für Kritik gesorgt hat. Durch das Leipziger Kennzeichen steht am Anfang die Buchstabenkombination LAH. LAH war bei den Nazis die offizielle Abkürzung der 1. SS Panzerdivision – Leibstandarte Adolf Hitler. In vielen Landkreisen sind solche eindeutig rechtsextremen Kennzeichen mittlerweile verboten. Die Verwaltung in Leipzig ließ es durchgehen. Droese selbst sagte später, er wolle sich von der nationalsozialistischen Symbolik "absolut distanzieren". Und das, obwohl ein weiteres Auto mit AfD-Lackierung mit dem Nummerschild "L-GD 3345" ausgestattet war. GD könnte für "Großdeutschland" stehen, die Zahlen 3345 für die nationalsozialistische Herrschaft in Deutschland. Alles Zufall?
Die Distanz zum Nationalsozialismus gab er dann gut zwei Jahre später auf. 2018 führte ein Foto in den sozialen Medien zu Aufregung. Darauf ist Droese neben dem ehemaligen "Führerhauptquartier Wolfsschanze" im heutigen Polen zu sehen, seine rechte Hand hält der damalige Bundestagsabgeordnete aufs Herz. Die Wehrmacht nutzte die "Wolfsschanze" während des Zweiten Weltkrieges als militärisches Lagezentrum. Zu der umstrittenen Geste sagte er der Leipziger Zeitung: "Das hat nichts zu bedeuten – ein Schnappschuss." Heute arbeitet Siegbert Droese für Tino Chrupalla, den Bundessprecher der AfD.
Mary Khan-Hohloch: Vorwürfe von "arglistiger Täuschung"
Innerhalb der AfD ist Mary Khan-Hohloch die zurzeit umstrittenste Kandidatin für die Europawahl. Zwar wurde Khan-Hohloch am Sonntag von der Europawahlversammlung der AfD auf Listenplatz 14 gesetzt. Nun aber gibt es parteiintern Widerstand gegen diese Wahl. Ein Geschäftsordnungsantrag für Freitag, wenn die Europawahlversammlung in Magdeburg fortgesetzt wird, fordert, die Wahl zum Listenplatz 14 "erneut durchzuführen und die gewählte Kandidatin Mary Khan-Hohloch abzuwählen". Der Antrag liegt t-online vor.
Die Antragsteller bezweifeln, dass Khan-Hohloch bei ihrer Vorstellung die Wahrheit gesagt hat. Sie gab an, ein "Studium der Religionswissenschaften, Öffentliches Recht und Schwerpunkt Europarecht" absolviert sowie vier Jahre Berufserfahrung außerhalb der Politik zu haben. Khan ist 1994 geboren und, so heißt es im Antrag, sei bereits ab 2015 intensiv im gesamten Bundesgebiet für die Junge Alternative, die Jugendorganisation der AfD, tätig gewesen. "Diese reiseintensive Beschäftigung lässt ein Erwerbsleben neben der Politik unwahrscheinlich bis unmöglich erscheinen", heißt es weiter. Eine "arglistige Täuschung" sei nicht ausgeschlossen.
Khan-Hohloch ist verheiratet mit dem Brandenburger Landtagsabgeordneten Dennis Hohloch, der 2018 als Oberbürgermeister von Potsdam kandidierte. Von 2018 bis 2022 war sie stellvertretende Vorsitzende der Jungen Alternative. Sie ist in Hessen aufgewachsen und war dort für die AfD tätig, bevor sie nach Brandenburg wechselte. 2018 sorgte ihr Vater Zahid Khan für Schlagzeilen und einen Polizeieinsatz, weil er im Wahlkampf in Frankfurt für seine Tochter Flyer verteilte und in einem Streit einen Mann auf offener Straße mit der Waffe bedrohte. Ihr Vater, der aus Pakistan stammt, bezeichnet sich selbst als Prophet und agitiert gegen den Islam.
Tomasz Froelich: Der polnische AfD-Nachwuchsstar
Er ist Stürmer. Zumindest war er das in seiner Zeit beim VfL 93 in Hamburg in der dortigen Fußball-Oberliga. Und: Er ist einer der Nachwuchsstars in der AfD. Tomasz Froelich ist seit Februar 2019 stellvertretender Bundesvorsitzender der Jungen Alternative, der Jugendorganisation der AfD, die vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft wird. Und er war Referent und Büroleiter des damaligen AfD-Vorsitzenden Jörg Meuthen, ist also in der Partei ein Altbekannter.
Tomasz Froelich gibt bei der Plattform LinkedIn an, Sprecher der Deutschen Delegation der Fraktion "Identität und Demokratie" im Europäischen Parlament zu sein - die ist in Teilen rechtsextrem. Er saß laut Aussagen der AfD schon mit Marie Le Pen und Matteo Salvini am Verhandlungstisch und bringe sehr viel Erfahrung mit. Er kennt Brüssel also aus der rechten oder rechtsextremen Perspektive und wird mit dem aussichtsreichen Listenplatz nun in der Hierarchie aufsteigen.
Über die EU, für dessen Parlament er nun kandidiert, sagt er, sie sei "antieuropäisch". "Sie vernichtet unseren Wohlstand, unsere Identität, unsere Souveränität." Tomasz Froelich ist ein großer Sympathisant Russlands und bezeichnet es als "wunderschönes Land mit tollen Leuten, gutem Wodka, ansehnlichen Frauen, einer reichen Kultur und noch reicheren Oligarchen, das von seinen Sympathisanten oft romantisch verklärt und von seinen Gegnern nicht verstanden wird."
Arno Bausemer: Hobbyschauspieler mit geschöntem Lebenslauf?
Er redet wie jemand, der seit vielen Jahren auf höchster Ebene Politik macht. Meist mit fester Stimme, einfachen Worten und selbstbewusst. Dabei war Arno Bausemer bislang eigentlich vor allem eines: gescheitert. Gescheitert bei der Bundestagswahl 2021 auf dem Listenplatz 3 der AfD in Sachsen-Anhalt, gescheitert bei der Wahl zum Oberbürgermeister in Stendal 2022 und gescheitert bei der Landratswahl in Stendal 2019. Sein größter Erfolg ist bislang offenbar der Listenplatz 10 der AfD zur Europawahl, die ihn ins EU-Parlament bringen kann.
Gescheitert ist er bislang allerdings auch beruflich häufig. Und das ist nicht ganz unerheblich für seinen Listenplatz. Denn die Kandidaten müssen angeben, ob sie eine abgeschlossene Berufsausbildung oder Studium haben. Er antwortete auf die Frage: "Ja, nein". Also "nein" zum Studium und ein klares "Ja" zur abgeschlossenen Berufsausbildung. Die bestehe aus einem journalistischen Volontariat beim MDR, gab er weiter an.
Doch so klar ist das nach t-online-Recherchen gar nicht. Volontariate dauern in der Regel mindestens ein Jahr, oft mehrere Jahre. Bausemers neunmonatiges Volontariatspraktikum hingegen gilt beim MDR "nicht als abgeschlossene Berufsausbildung", sagte eine Sprecherin des MDR t-online. Bausemer sagte also offenbar die Unwahrheit. Auch ein zweites Volontariat fing er nur an und wurde laut Recherchen von t-online nach wenigen Wochen in der Probezeit gekündigt. Hier lesen Sie mehr zu den Zweifeln an der Richtigkeit seiner Angaben und den Folgen für seine Kandidatur.
Bausemer äußert sich gegenüber t-online zu den Vorwürfen nicht im Detail. Er bestätigte lediglich, dass er "das Volontariat erfolgreich abgeschlossen" habe und es neun Monate dauerte. Auf Fragen nach einer fehlenden Berufsausbildung kam keine Antwort mehr.
Ansonsten fällt Bausemer mit AfD-typischem Verhalten auf, gibt dem vom Verfassungsschutz als "gesichert rechtsextrem" eingeschätztem Magazin "Compact" Interviews und beschimpft in Reden die Politiker der etablierten Parteien. Die aktuelle Innenministerin Nancy Faeser (SPD) nannte er in einer Rede eine "Kommunisten-Barbie". Ob er solche Reden auch bald in Brüssel halten darf, ist aufgrund seiner möglicherweise fehlerhaften Angaben bei seiner Kandidatur zumindest fraglich.
- Eigene Recherche
- Anfrage MDR Mehrfache
- Anfrage Arno Bausemer
- Allgemeine Zeitung Uelzen: "AZ-Volontär wechselt die Rollen und wird im Fernsehen zum Bösewicht"
- AfD-Vorstellung der Kandidaten zur Europawahl
- Geschäftsordnungsantrag zu Mary Khan-Hohloch
- Anfrage an Mary Khan-Hohloch
- Netzpolitik.org: Gutachten AfD als Prüffall
- linkedIn-Seite von Tomasz Froelich
- zeit.de: "Aktivisten kamen als Gäste der AfD in den Bundestag"
- sueddeutsche.de: "AfD-Politiker fährt zu Schießtraining nach Südafrika - auf Bundestagskosten"
- youtube.com: Institut für Staatspolitik: "Unsere Zeit kommt"