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Mutmaßliche Terrorgruppe hoffte auf Hilfe von Aliens


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"Reichsbürger" und Esoterik
Sie hofften auf Hilfe von Außerirdischen


Aktualisiert am 20.04.2023Lesedauer: 5 Min.
Mutmaßliche Terrorgruppe: Mitglieder sollen nicht nur an massenhaft entführte Kinder, sondern auch an Hilfe von Außerirdischen geglaubt haben.Vergrößern des Bildes
Mutmaßliche Terrorgruppe: Mitglieder sollen nicht nur an massenhaft entführte Kinder, sondern auch an Hilfe von Außerirdischen geglaubt haben. (Quelle: IMAGO/Olaf Wagner, Schreyer/GettyImages, wolfszeit_naturkraft/Jewgen Roppel Montage: U.Frey/t-online)
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Etliche Mitglieder der inhaftierten mutmaßlichen Terrorgruppe waren nicht nur "Reichsbürger", sondern glaubten auch an einen galaktischen Kampf gegen "böse Mächte".

Eigentlich war die mutmaßliche Terroristin sparsam: Birgit Malsack-Winkemann schöpfte die rund 22.500 Euro, die ihr als Bundestagsabgeordnete der AfD monatlich für Personal zustanden, nicht aus. Fragwürdig ist allerdings, für wen sie Geld ausgab, das ihr der Bundestag für Personal zur Verfügung stellte. Denn ein Teil dieses Budgets ging an eine Mitarbeiterin mit speziellen Fähigkeiten: ihre persönliche Astrologin.

Für jede wichtige Entscheidung habe sie zuvor "Seherin" Hilde gefragt, heißt es in ihrem Umfeld: "Vielleicht sogar für Pizzabestellungen", sagt eine Person, die sie aus dieser Zeit gut kennt. Seit dem 7. Dezember sitzt Malsack-Winkemann, die nach ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag 2021 als Richterin in Berlin arbeitete, als mutmaßliches Mitglied einer terroristischen Vereinigung der "Reichsbürger"-Szene in Untersuchungshaft. Auch "Seherin" Hilde, Ruth Hildegard Leiding aus dem hessischen Heppenheim, und zwei weitere "Seher" gehören zu den Verdächtigen, die den Sturz der Regierung geplant haben sollen.

Nach Recherchen von t-online war die Terrorgruppe nicht nur von der "Reichsbürger"-Ideologie geprägt, die die Bundesrepublik als politisches System nicht anerkennt und zurück zur Monarchie im Deutschen Reich möchte. Malsack-Winkemann und etliche weitere Mitglieder hingen darüber hinaus auch kruden esoterischen Weltanschauungen an. Sie glaubten an die Macht der Sterne, an einen galaktischen Kampf von Außerirdischen und dass sie für den Sturz der Regierung Unterstützung aus dem All bekämen.

Abgeordnete sah sich als Auserwählte

So soll Malsack-Winkemann Menschen in ihrem Umfeld zu verstehen gegeben haben, sie sei eine "Auserwählte". Sie empfahl ihnen das vorchristliche Buch Henoch als Lektüre, in dem es unter anderem um Mischehen von Außerirdischen und Menschen geht. Ihre Ratgeberin Hildegard Leiding bot auf ihrer Internetseite zudem Channeling an – also als Medium Botschaften übernatürlicher Wesen zu empfangen. Nach Informationen des "Spiegel" soll sich mit Marco von H. ein weiteres Mitglieder der Gruppe als "Auserwählter" dargestellt haben. Der mehrfach vorbestrafte Gewalttäter aus Pfinztal hatte eine Namens- und Adressliste mit zehn Politikern und Ärzten erstellt. Er selbst soll angedeutet haben, von einem weit entfernten Sternensystem zu stammen.*

Für die Bundestagsabgeordnete Martina Renner, Sprecherin für antifaschistische Politik der Linken, ist die Nähe der "Reichsbürger"-Szene zu esoterischen Weltanschauungen nicht überraschend. "Krude oder esoterisch ideologische Versatzstücke und Praktiken sind bei der extremen Rechten häufig anzutreffen und kein Widerspruch zur völkisch-antisemitischen Ideologie", sagt sie.

Unterschätzen sollte man Menschen mit absurden Ansichten deshalb aber keinesfalls. Sie könnten gerade gefährlich sein, warnt Eike Bone-Winkel, Vizechef des Bundes der Kriminalbeamten (BDK): "Je absurder und kruder die eigenen Ideologien und Vorstellungen, desto weiter hat sich die Person bereits von der Realität und unserer Gesellschaft entfernt." Die Betreffenden würden dadurch noch unberechenbarer.

Bedrohlich klang in jedem Fall, was das mutmaßliche Terrorgruppen-Mitglied Maximilian Eder in Videos sagte: Der ehemalige Bundeswehr-Oberst kündigte darin an, Satanisten, also Anhänger des Teufels, in den höchsten Kreisen zur Strecke bringen zu wollen. Führende Politiker und viele Künstler würden vor ein neu einzurichtendes Gericht gestellt werden. Dafür werde er mit seiner Gruppe und seiner Erfahrung sorgen, so Eder, der einst Kommandeur im Kosovo war: "Ich habe Kriegsverbrecher vom Balkan nach Den Haag gebracht, ich weiß, wie das geht."

"Kinderblut wird getrunken"

Eder soll wichtiger Teil des militärischen Arms der mutmaßlichen Terrorgruppe gewesen sein. Im Juli sagte er vor dem Reichstag bei einer Kundgebung: "Kinder werden auf grausame Art und Weise getötet, werden geschlachtet, (...) das Menschenfleisch wird gekocht und gegessen, und das junge Blut wird getrunken, weil die meinen, sie würden sich damit verjüngen." Politiker bis in allerhöchste Kreise seien in die satanische, rituelle Pädophilie verwickelt, sagte Eder und zeigte auf den Bundestag. Er sagte, er habe eine Truppe aus ehemaligen Soldaten und Reservisten um sich geschart, um den Laden aufzuräumen.

Eder stand damals neben Rüdiger Hoffmann, einem der prominentesten Köpfe der "Reichsbürger"-Szene. Hoffmann hatte auch eine Kundgebungs-Bühne am Rande der "Querdenker"-Demonstration am 29. August 2020. Von ihr ging damals der Sturm auf die Reichstagstreppen aus.

Tamara K.; Mit einem Sturm auf den Reichstag hatte sie 2020 offenbar ein Signal für einen Umsturz senden wollen.
Tamara K.: Mit einem Sturm auf den Reichstag hatte sie 2020 offenbar ein Signal für einen Umsturz senden wollen. (Quelle: Screenshozt Telegram)

Konzept aus den 1990er-Jahren

Vor dem Sturm auf die Reichstagstreppen hatte eine Frau gerufen, Trump sei in der Stadt und man müsse ein Signal setzen. Bei ihr handelte es sich um die Heilpraktikerin Tamara K., die Postings zufolge selbst Anhängerin der Idee der "Galaktischen Föderation des Lichts" ist. Das Konzept geht zurück auf den US-Amerikaners Sheldon Nidle, der in den 1990er-Jahren um Menschen warb, die Mittler zwischen den behaupteten Außerirdischen und der Erdbevölkerung werden sollten. So sollte die "Galaktische Föderation" gestärkt und Planeten sollten "aktiviert" werden. Im Franchisesystem entstanden weltweit Gruppen unter Nidles Kontrolle. Weil sich aber Prophezeiungen aus seinen vorgeblichen Kontakten nicht erfüllten, wurde es ruhig darum.

Maximillian Eder steht beispielhaft dafür, wie Vorstellungen aus der "Reichsbürger"-Bewegung mit Überzeugungen aus der QAnon-Szene verschwimmen können. Hier glauben Menschen an Botschaften einer anonymen Person, die sich im Internet Q, nennt, einem vermeintlichen Topbeamten. Sie propagiert, dass die "Befreiung" der Erde in einem gewaltigen galaktischen Kampf bevorstünde. Dem amerikanischen Ex-Präsidenten Donald Trump wird dabei in Interpretationen von Qs Botschaften die Rolle zugewiesen, für die Allianz die Verbindung zu den Außerirdischen herzustellen. Seine nicht erfolgte Wiederwahl wird in der Szene deshalb als Betrug und ein letztes Aufbäumen böser Mächte angesehen.

Eine in der Szene ikonische Zeichnung zeigt das Zusammentreffen von Trump mit Außerirdischen. "Donald Trump hat sich mit den 'Plejadiern' getroffen, er ist die inkarnierte Seele von Erzengel Uriel", steht in einem der größten deutschsprachigen Telegram-Kanäle zu Q. Trump besitze die vollständigen Informationen über die "Galaktische Föderation" und den Übergang in die neue Ordnung. Als "Plejadier" werden in der Szene himmlische Wesen bezeichnet, die im Kampf gegen "böse Mächte" helfen.

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Betreiber des Kanals ist Alexander Quade aus dem mittelhessischen Wettenberg. Auch er wurde im Zuge der Großrazzia gegen die "Reichsbürger"-Bewegung festgenommen und sitzt seitdem in Haft. Eine Durchsuchung fand auch bei Traugott Ickeroth aus Saarbrücken statt. Er ist ein weiterer Wortführer der QAnon-Szene.

Bericht über Kampf mit Reptiloiden

Krude Vorstellungen soll auch Peter Wörner gehabt haben, ein früherer Fallschirmjägeroffizier, Einzelkämpfer und mutmaßliches Mitglied des militärischen Arms der Terrorgruppe. Er leitete offenbar Schießtrainings der Gruppe auf einer ehemaligen Bundeswehrschießanlage bei Bayreuth. Er bot Kurse zu Runen an.

Und Marco von H.** soll beim Versuch, Mitstreiter zu gewinnen, im Beisein anderer "Reichsbürger" gesagt haben: Er habe schon gegen Reptiloide gekämpft und dabei Kameraden verloren. Reptiloide sind Wesen aus der Science-Fiction und Fantasy-Literatur, Echsenmenschen, die sich zu tarnen wissen und "bösen Mächten" angehören. Manche Anhänger von Verschwörungserzählungen glauben, dass Reptiloide die Politik vieler Länder kontrollieren.

Der Generalbundesanwalt kommentiert nicht, welche Rolle esoterische Weltanschauungen und der Glaube an Außerirdische für die Verdächtigen gespielt hat. Direkt nach der Razzia hatte er lediglich davon berichtet, dass die Gruppe geglaubt habe, von einem "technisch überlegenen Geheimbund von Regierungen, Nachrichtendiensten und Militärs verschiedener Staaten, einschließlich der Russischen Föderation sowie der Vereinigten Staaten von Amerika" unterstützt zu werden.

In der Mitteilung der Ermittler stand nichts von "Plejadiern" und einer "Galaktischen Föderation", die helfen sollten, dunkle Mächte und "Reptiloide" zu bekämpfen.

*Die Information des "Spiegel" zu Marco von H. wurde nachträglich ergänzt.
**An dieser Stelle haben wir klargestellt, dass die Aussage auch von Marco von H. kam, nicht von Peter W.

Verwendete Quellen
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