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Bundestag beschließt Chancen-Aufenthaltsrecht


Nach hitziger Diskussion
Bundestag beschließt Chancen-Aufenthaltsrecht

Von t-online, dpa, cck

Aktualisiert am 02.12.2022Lesedauer: 3 Min.
Wartende Menschen vor dem Landesamt für Einwanderung in Berlin: Der Bundestag hat das Chancen-Aufenthaltsrecht verabschiedet.Vergrößern des Bildes
Wartende Menschen vor dem Landesamt für Einwanderung in Berlin: Der Bundestag hat das Chancen-Aufenthaltsrecht verabschiedet. (Quelle: Janine Schmitz/photothek.net/imago-images-bilder)

Die Bundesregierung will Ausländern mit einer Duldung mehr Perspektiven bieten, der Bundestag beschloss nun das entsprechende Gesetz. Kritik kam von der Union.

Nach einem heftigen Schlagabtausch zwischen der Ampel-Koalition und Innenpolitikern der Unionsfraktion hat der Bundestag das sogenannte Chancen-Aufenthaltsrecht verabschiedet. Es soll gut integrierten Ausländern, die schon mehrere Jahre ohne gesicherten Status in Deutschland leben, eine Perspektive in Deutschland bieten.

Wer zum Stichtag 31. Oktober 2022 fünf Jahre im Land lebt und nicht straffällig geworden ist, soll 18 Monate Zeit bekommen, um die Voraussetzungen für einen langfristigen Aufenthalt zu erfüllen – dazu gehören etwa Deutschkenntnisse und die Sicherung des eigenen Lebensunterhalts.

Hitzige Diskussion im Bundestag

Die Union hatte das Vorhaben scharf kritisiert. Sie warf der Ampelkoalition vor, mit ihrem geplanten Chancen-Aufenthaltsrecht abgelehnte Asylbewerber zu belohnen, die über Jahre nicht zu einer Klärung ihrer Identität beigetragen hätten. Sie stünden am Ende besser da als ehrliche Ausländer, die ihre Identität offenlegten und dadurch leichter abgeschoben werden könnten.

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andrea Lindholz (CSU) sagte, es wäre besser, sich "auf die wirklich Schutzberechtigten" zu fokussieren. Für gut integrierte, langjährig Geduldete gebe es heute schon genügend Ausnahmen und pragmatische Lösungen.

CDU-Mann gibt Linken-Politikerin recht

Clara Bünger (Linke) wies darauf hin, "dass es Länder und Botschaften gibt, die diese Papiere nicht ausstellen". Der CDU-Politiker Detlef Seif räumte ein: "Diesen Personenkreis, den sie geschildert haben, den gibt es." Durch die Reform der Ampel-Koalition werde dieses Problem aber nicht gelöst.

Der SPD-Innenpolitiker Helge Lindh sagte, dass sich viele Menschen in Deutschland niederlassen und integrieren wollten, sei "ein Kompliment für dieses Land". Es sei Zeit, mit der "verkrampften Einwanderungs- und Asylpolitik" aufzuhören, forderte der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sebastian Hartmann. Sein Fraktionskollege Adis Ahmetovic berichtete von seiner eigenen, schwierigen Zeit als Geduldeter. Er sagte, das Chancen-Aufenthaltsrecht sei "ein Zeichen im Sinne von Fairness, Partizipation, Anerkennung und Respekt".

Auch in den Wahlkreisen vieler Unionsabgeordneten gebe es viele Unternehmen, in denen Menschen arbeiteten, die von der Neuregelung profitieren könnten, sagte die Grünen-Migrationsexpertin Filiz Polat.

Identität muss geklärt sein

Der Gesetzentwurf hält im Grundsatz daran fest, dass nur dann ein Aufenthaltstitel erteilt werden soll, wenn die Identität geklärt ist. Er bietet diese Möglichkeit jedoch auch dann, wenn ein Ausländer "die erforderlichen und ihm zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung ergriffen" hat.

Die FDP hatte in den parlamentarischen Beratungen darauf gedrungen, dass nur von der neuen Regelung profitieren kann, wer nach Abschluss seines Asylverfahrens mindestens ein Jahr mit einer Duldung in Deutschland verbracht hat. Damit wollen die Liberalen verhindern, dass womöglich jemand schon nach einem sehr langen Asylverfahren und einer an praktischen Hürden gescheiterten Abschiebung zum Kreis derjenigen gehört, die für einen langfristigen Aufenthalt infrage kommen.

Faeser: "Beenden jahrelange Unsicherheit"

Eine Duldung erhalten größtenteils Ausländer, deren Asylantrag zwar abgelehnt wurde, bei denen die Behörden allerdings Gründe sehen, die gegen eine Abschiebung sprechen. Das sind in vielen Fällen fehlende Papiere und eine ungeklärte Identität, in anderen befindet sich die betroffene Person noch in einer Ausbildung, hat dringende medizinische oder familiäre Gründe oder kann aus humanitären Gründen nicht abgeschoben werden. Ende 2021 galten rund 240.000 Menschen als geduldet.

Diese Duldungen können teils über Jahre verlängert werden, ohne dass es zu einer Ausreise oder Abschiebung kommt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte: "Die bisherige Praxis der Kettenduldungen beenden wir. Damit beenden wir auch die oft jahrelange Unsicherheit für Menschen, die schon längst Teil unserer Gesellschaft geworden sind."

Bund will auch Fachkräfte-Einwanderung vereinfachen

Am Mittwoch hatte das Bundeskabinett zudem Eckpunkte zur erleichterten Einwanderung für Fachkräfte (mehr dazu lesen Sie hier) auf den Weg gebracht. Um mehr Arbeitskräfte nach Deutschland zu holen, will die Bundesregierung die Regeln für Einreise und Anerkennung von Berufsabschlüssen vereinfachen. Auswahlkriterien sollen etwa Berufserfahrung oder Deutschlandbezug sein.

Eine weitere Baustelle in der Migrationspolitik ist die Staatsbürgerschaft. Die Ampel-Parteien wollen laut ihrem Koalitionsvertrag ein "modernes Staatsangehörigkeitsrecht" schaffen mit der Möglichkeit zur Einbürgerung "in der Regel nach fünf Jahren" – derzeit sind es acht. Mehr dazu lesen Sie hier. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte ihre Pläne dafür kürzlich vorgelegt.

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