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Darüber streiten Bund und Länder


Beschlüsse vertagt
Wüst kritisiert Scholz: "Kaum Kompromissbereitschaft"

Von dpa, afp, reuters, cck, sje

Aktualisiert am 04.10.2022Lesedauer: 4 Min.
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Bund-Länder-Gipfel: Bund und Länder erzielten bei mehrstündigen Verhandlungen am Dienstag noch keinen Konsens über die Verteilung der Kosten. (Quelle: reuters)

Kanzler Scholz diskutierte mit den Länderchefs über den weiteren Weg in der Energiekrise. Doch konkrete Beschlüsse wurden vertagt.

Der eigentliche Termin vergangene Woche wurde wegen der Corona-Infektion von Kanzler Olaf Scholz (SPD) abgesagt. Am Dienstag nun kam Scholz mit den Ministerpräsidenten der Länder zusammen – es gab etliche offene Punkte. Konkrete Beschlüsse gibt es nach dem Treffen am Abend jedoch kaum, die Länderchefs zeigten sich enttäuscht.

Bei dem Bund-Länder-Gipfel, auch Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) genannt, ging es vorrangig um das dritte Entlastungspaket. Der Bund hatte darin unter anderem Einmalzahlungen an Rentner und Studierende beschlossen, Grundsicherung und Kindergeld sollen angehoben werden. Außerdem will die Ampelkoalition Übergewinne von Energiekonzernen abschöpfen. Mehr dazu lesen Sie hier.

Ein Überblick über die wichtigsten Ergebnisse der Konferenz:

  • Die Kostenverteilung: 295 Milliarden Euro habe die Bundesregierung für alle drei Entlastungspakete und den jüngsten "Doppel-Wumms" eingeplant, sagte Scholz bei der Pressekonferenz am Abend. Allein das dritte Entlastungspaket umfasst staatliche Hilfen im Umfang von insgesamt 65 Milliarden Euro. Dazu kommt der 200 Milliarden Euro starke "Abwehrschirm", den die Bundesregierung am Donnerstag angekündigt hatte. Mehr zu dem Abwehrschirm lesen Sie hier. Der Bund werde 240 bis 250 Milliarden Euro tragen, so der Kanzler. Die Beratungen dazu seien jedoch noch nicht abgeschlossen. "Da gibt es noch Diskussionen, wie das im Einzelnen geschultert werden kann. Aber ich habe den Eindruck, dass wir da auf einem sehr konstruktiven Pfad unterwegs sind und uns auch miteinander über diese Aufgabe verständigen werden", sagte Scholz. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) erwartet eine Entscheidung Ende Oktober oder Anfang November.
  • Ausgestaltung der Gas- und Strompreisbremse: Der Bund hatte zunächst eine Strompreisbremse, am vergangenen Donnerstag dann noch eine Gaspreisbremse verkündet. Die genaue Ausgestaltung ist jedoch noch unklar. "Wir werden die Energieversorgung für Deutschland wohl gewährleisten können", wiederholte der Kanzler am Abend frühere Formulierungen. Die Strom- und die Gaspreisbremse würden dazu beitragen, die Energiepreise zu senken.
  • Nachfolge des Neun-Euro-Tickets: Als das Ticket Ende September auslief, kündigte die Regierung an, bis Anfang des kommenden Jahres eine Nachfolgeregelung zu finden. Doch darüber ging es bislang nicht hinaus. Der Bund bietet den Ländern an, ein solches Ticket mit 1,5 Milliarden Euro zu fördern, wenn die Länder den gleichen Teil beisteuern. Doch aus Sicht der Länder ist das unzureichend. Sie fordern weitere Mittel für den Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte am Abend, es mache keinen Sinn, ein billiges Ticket einführen, wenn die Länder gleichzeitig Züge abbestellen müssten, weil sie keine sogenannten Regionalisierungsmittel vom Bund bekämen. Nächste Woche werde geklärt, ob da eine Einigung komme. Der Bund hingegen wies Forderungen der Länder nach generell mehr Geld für den Nahverkehr zurück.
  • Die Finanzierung von Flüchtlingsunterkünften: In den vergangenen Wochen meldeten Kommunen und Länder immer wieder Engpässe bei der Unterbringung von Geflüchteten. Der Grund: Neben zahlreichen Ukrainern steigen die Einreisen auch aus anderen Staaten – etwa über die Balkanroute. Die Länder fordern hier deshalb mehr finanzielle Unterstützung. Kretschmann sagte am Abend, es solle bis Ende des Monats geklärt werden, wie sich der Bund an den Flüchtlingskosten beteilige.

Wüst kritisiert Bundesregierung scharf

Konkrete Beschlüsse galten schon vorab als wenig realistisch, wie t-online aus Regierungskreisen erfuhr. Die Ministerpräsidenten zeigten sich nach dem Treffen dennoch enttäuscht. "Die Bundesregierung hat heute trotz der konstruktiven Einstellung der Länder kaum Kompromissbereitschaft in ganz wesentlichen Fragen erkennen lassen", kritsierte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) nach den Beratungen mit dem Kanzler und den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder am Dienstag in Berlin. "Wir sind heute nur ganz wenige Schritte vorangekommen und noch längst nicht am Ziel." Aus Sicht vieler Länder sei das im Ergebnis einfach zu wenig. Die Länder seien nach Ansicht von Wüst "konstruktiv und mit ausgestreckter Hand" in diese Gespräche gegangen.

"Ich hätte gehofft, dass wir einen Knopf dran machen, das ist leider nicht erfolgt", sagte auch Kretschmann. Die Länder lägen mit dem Bund in einzelnen Fragen zu weit auseinander. "Die Verhandlungen heute mit Bundeskanzler Olaf Scholz sind aus meiner Sicht eine Enttäuschung gewesen", erklärte ebenso Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU). Schleswig-Holsteins Regierungschef Daniel Günther (CDU) monierte, der Bund habe keine der jetzt wichtigen Fragen beantworten können. "Angesichts der wirklich schwierigen Lage, in der wir uns in Deutschland befinden, mit großer Unsicherheit in der Bevölkerung, hätte ich erwartet, dass der Bund mit sehr viel konkreteren Vorstellungen in diese Konferenz reingeht."

Kanzler Scholz sprach hingegen von konstruktiven Beratungen und einem sachlichen Ton. Er mahnte zur Geduld. "Wir wollen eine Lösung, die sitzt", so Scholz. Auch Stephan Weil zeigte sich zufrieden mit den Gesprächen und nannte sie "sehr konstruktiv". In zwei Wochen soll die Runde wieder zusammentreffen. Weil sagte, dann solle ein qualifizierter Zwischenbericht der Bundesregierung vorliegen. "Wir hoffen, dass wir Ende des Monats, Anfang des nächsten Monats dann wirklich unter all das einen finalen Strich machen können." Das gesamte Gesetzespaket solle dann im November oder Dezember beschlossen werden.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Beschlussvorlage von Bund und Ländern (vom 26.09. und vom 4.10.)
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, AFP, Reuters
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