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Ampelkoalition stellt "Abwehrschirm" vor: Strom- und Gaspreisbremse kommen


"Doppel-Wumms"
Regierung einigt sich auf Gaspreisbremse

Von reuters, tos

Aktualisiert am 29.09.2022Lesedauer: 4 Min.
urn:newsml:dpa.com:20090101:220929-911-009621Vergrößern des Bildes
Wirtschaftsminister Habeck, Kanzler Scholz, Finanzminister Lindner: Die Ampel will einen wirtschaftlichen "Abwehrschirm" aufspannen. (Quelle: Kay Nietfeld/dpa)

Die Ampel kippt die Gasumlage – und will zur Entlastung der Bürger einen wirtschaftlichen "Abwehrschirm" aufspannen. Die wichtigsten Punkte im Überblick.

Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat sich auf einen Ersatz für die Gasumlage geeinigt: Eine Gaspreisbremse soll als Alternative dienen. Dafür sollen 200 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden.

Vorgestellt haben die neue Regelung Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Donnerstag auf einer Pressekonferenz.

Die Kosten für die Gaspreisbremse will die Bundesregierung über den Wirtschaftsstabilitätsfonds (WSF) finanzieren. Der war eigentlich im Sommer ausgelaufen, soll nun aber zusätzliche Mittel erhalten. Dafür sei kein Nachtragshaushalt erforderlich.

Regierung plant "wirtschaftlichen Abwehrschirm"

In einem Dokument beschreibt die Ampelregierung die Maßnahmen des neuen Entlastungspakets. Darin enthalten sind sieben zentrale Punkte, mit denen die steigenden Energiekosten abgefedert werden sollen.

  • Gaspreisbremse: Die Gaspreise für Verbraucher werden auf ein Niveau gebracht, "welches private Haushalte und Unternehmen vor Überforderung schützt". Anreize zur Reduktion des Gaspreises sollen demnach erhalten bleiben.
  • Strompreisbremse: Für Verbraucher und kleine sowie mittlere Unternehmen soll ein sogenannter "Basisverbrauch" subventioniert werden. Für den darüberhinausgehenden Verbrauch soll der aktuelle Marktpreis angelegt werden. So sollen die Stromrechnungen gesenkt werden.
  • Ausweitung des Energieangebots, Senkung des Verbrauchs: Die Ampelregierung will das Energieangebot durch "eine umfassende Ausschöpfung aller Potenziale der Erneuerbaren Energie, bei der Kohleverstromung, einschließlich Sicherstellung der entsprechenden Versorgungstransporte, die Ermöglichung eines 'Fuel Switch' und der Aufbau von Importstrukturen durch Flüssiggas-Terminals (LNG-Terminals)" ausweiten und dadurch einen zentralen Beitrag dazu leisten, dass die Gaspreise auf den Märkten wieder sinken.
  • Reaktivierung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF): Der WSF soll mit zusätzlichen Kreditermächtigungen ausgestattet werden. Damit soll unter anderem die Gaspreisbremse finanziert werden.
  • EU-Solidarabgabe für Energieunternehmen: Die Bundesregierung unterstützt den Vorschlag der Europäischen Kommission zur Einführung einer Solidarabgabe für Unternehmen im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich. Am 30. September soll sich auf dem Sonder-Energierat darüber geeinigt werden.
  • Reduzierung der Umsatzsteuer auf Gas: Die Bundesregierung begrenzt die Umsatzsteuer auf Gas bis zum Frühjahr 2024 auf den reduzierten Satz von 7 Prozent. Das gilt demnach auch für Fernwärme.
  • Vermeidung unnötiger Bürokratie: Da die aktuelle Krise bei vielen Unternehmen zu zusätzlichen Belastungen führt, will die Bundesregierung künftig darauf achten, die Wirtschaft nicht mit "unverhältnismäßigen Bürokratielasten" zu lähmen. Dafür will sich die Bundesregierung auch in der EU einsetzen.

Nicht mehr vorgesehen ist die Gasumlage. "Die Gasumlage geht in die Annalen der Geschichte ein", sagte Habeck. Sie sollte eigentlich ab dem 1. Oktober gelten und hätte zur Folge gehabt, dass sich die Gaspreise für die Kunden deutlich erhöhen, wodurch angeschlagene Gasimporteure unterstützt werden sollten. Falls die höheren Beträge Gaskunden in den kommenden Tagen bereits berechnet werden, werde das erstattet, kündigte Habeck an.

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"Doppel-Wumms" und "glasklare Antwort"

Mit Blick auf den Umfang des Pakets sprach Scholz am Donnerstag von einem "Doppel-Wumms". Der Kanzler betonte, die Preisentwicklung am Energiemarkt sei Folge des Vorgehens Russlands, das "seine Energielieferungen als Waffe" einsetze. Spätestens seit den Zerstörungen an den beiden Nord-Stream-Pipelines sei klar, dass "auf absehbare Zeit" kein Gas mehr aus Russland geliefert werde. Lindner bezeichnete den Plan als eine "glasklare Antwort an Russland".

Habeck sagte, die Energiekrise drohe sich zu einer Wirtschafts- und auch einer sozialen Krise auszuwachsen. Es gehe um einen "Angriff von Russland" und des "Regimes" von Präsident Wladimir Putin "auf unsere Volkswirtschaft". Hier ergreife die Bundesregierung mit dem Abwehrschirm nun Gegenwehr.

Lindner sagte, trotz der Kreditaufnahme für den 200 Milliarden Euro schweren Abwehrschirm werde die Schuldenbremse im kommenden Jahr eingehalten. Die neuen Kredite werden dem laufenden Jahr zugerechnet. "Solide Finanzpolitik ist auch eine Form der Freiheitspolitik", sagte Lindner. Wenn es gelinge, das Paket schnell zu verabschieden, fungiere dieses auch als Inflationsbremse.

Merz: "Das sind ziemlich komplexe Vorhaben"

Die oppositionelle Union im Bundestag sieht noch viele ungeklärte Fragen bei den geplanten zusätzlichen Entlastungen. "Wir haben jetzt ein Preisschild", sagte Fraktionschef Friedrich Merz (CDU). Man wisse aber nicht, welches Instrument damit angeschafft werden solle. Es sei nicht nachzuvollziehen, nach welcher Kalkulation diese Zahl ermittelt worden sei. Die 200 Milliarden Euro würden als weitere neue Schulden in Schattenhaushalten aufgetürmt, kritisierte Merz und sagte weiter: Völlig offen bleibe, wie die Gas- und Strompreisbremse gestaltet werden solle.

"Das sind ziemlich komplexe Vorhaben", sagte Merz. Zu rechnen sei mit einem Gesetzgebungsmarathon in den nächsten Wochen und Monaten. Er sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht auf Ablehnung festgelegt, es komme auf die Details und die Ausgestaltung an.

Nach Angaben von Insidern soll das Paket innerhalb von vier Wochen Bundestag und Bundesrat passiert haben. In einer Sondersitzung des Haushaltsausschusses des Bundestages kündigte die Regierung nach Angaben von drei Insidern am Donnerstagabend an, dass sie die Bundesratssitzung am 28. Oktober erreichen wolle.

Söder lobt Plan und fordert Ehrlichkeit

CSU-Chef Markus Söder lobte den Plan grundsätzlich. Er habe immer einen großen Wurf gefordert, "dies scheint der Fall zu sein", sagte der bayerische Ministerpräsident in München. Abschließend könne er die Ankündigung der Ampel-Regierung aber noch nicht bewerten.

Es seien aber zwei gute und grundsätzlich richtige Signale, dass die Gasumlage wegkomme und es auch einen Deckel für die Gaspreise geben solle. Faktum sei aber, dass zur Finanzierung 200 Milliarden Euro weitere Schulden aufgenommen werden müssten, sagte Söder. Dies müsse den Bürgern ehrlich gesagt werden. Letztlich sei es nun wichtig, dass es nach der langen Zeit des Drängens eine große Lösung gebe.

Verwendete Quellen
  • Bundesregierung: "Wirtschaftlicher Abwehrschirm gegen die Folgen des russischen Angriffskrieges"
  • Nachrichtenagenturen AFP, dpa und Reuters
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