Topökonom verteidigt Wirtschaftsminister "Verstehe Kritik an Aussagen von Habeck zu Insolvenzen nicht"
Die Kritik am Wirtschaftsminister reißt nicht ab. DIW-Chef Marcel Fratzscher gibt Robert Habeck und seinen Insolvenz-Äußerungen nun Rückendeckung.
Der Ökonom Marcel Fratzscher hat Wirtschaftsminister Robert Habeck gegen den Vorwurf verteidigt, dieser habe sich mit seiner Talkshow-Äußerung zur Insolvenzgefahr in der Energiekrise vergaloppiert. "Ich verstehe die Kritik an den Aussagen von Wirtschaftsminister Habeck zu Insolvenzen nicht, denn sie sind zutreffend", schrieb der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) am Mittwochabend auf Twitter.
Habeck hatte am Dienstagabend in der ARD-Sendung "Maischberger" auf die Frage, ob er mit einer Insolvenzwelle am Ende dieses Winters rechne, geantwortet: "Nein, das tue ich nicht. Ich kann mir vorstellen, dass bestimmte Branchen einfach erstmal aufhören zu produzieren."
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Als Beispiel nannte Habeck Blumenläden, Bioläden und Bäckereien, weil sie "darauf angewiesen sind, dass die Menschen Geld ausgeben". "Dann sind die nicht insolvent automatisch, aber sie hören vielleicht auf zu verkaufen", so Habeck.
Das hatte ihm den Vorwurf eingebracht, keine Ahnung zu haben. Vor allem die Union stichelte. Unionsfraktionsvize Johann Wadephul (CDU) kommentierte: "Es ist ein Segen, dass wir in dieser schwierigen Lage einen so hochkompetenten Wirtschaftsminister haben."
Fratzscher: Was Habeck bei Maischberger gesagt hat, ist richtig
Fratzscher nannte nun zwei Beispiele, bei denen Unternehmen nicht produzieren können, ohne zwingend insolvent zu werden. "Manche Hotels werden im Winter schließen müssen, weil Kunden ausbleiben (viele Menschen werden weniger reisen, da sie höhere Kosten für ihre Grundversorgung haben) und die Kosten massiv steigen (Beispiel Energie). Temporäre Schließungen sind in der Branche nicht ungewöhnlich", schrieb er.
Und: "Wenn es zu einer Gasknappheit kommt, dann werden eine Reihe von energieintensiven Unternehmen gezwungen werden, ihre Produktion einzustellen. Dies wird der Staat nur machen können, wenn er die Unternehmen ausreichend kompensiert, so dass diese in Zukunft wieder öffnen können."
Was Habeck gesagt habe, sei daher richtig. "Man könnte lediglich kritisieren, dass er nicht über die staatlichen Maßnahmen gesprochen hat, die in solchen Fällen greifen. Aber es ist bei dieser gegenwärtigen Unsicherheit eher klug, dies nicht zu tun", schrieb Fratzscher.
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Habeck kündigt größeren Schutzschirm für Firmen an
Habeck hat Unternehmen indes angesichts der Energiekrise mehr Unterstützung zugesagt. "Es gibt die Gefahr von Betriebsaufgaben, und der müssen wir begegnen. Deshalb werden wir die Hilfsprogramme erweitern", sagte der Vizekanzler dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) laut Vorabmeldung.
Zwar gebe es einen Schutzschirm, unter den auch kleine und mittlere Unternehmen schlüpfen könnten, sagte der Grünen-Politiker. "Aber es ist klar: Für den Herbst und Winter müssen wir den Schutzschirm größer aufspannen."
Man arbeite mit Hochdruck, damit Firmen zielgenau und wirksam unterstützt werden könnten. Eine Sprecherin Habecks hatte bereits am Mittwoch gesagt, drohende Betriebsaufgaben wegen der Energiekosten seien gerade für kleine und mittlere Unternehmen ein ernstes Problem.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag beklagte unterdessen, dass die Preise für viele Unternehmen ein existenzgefährdendes Niveau erreicht hätten. "Immer mehr Betriebe melden uns, dass sie überhaupt keinen Versorgungsvertrag bei Strom oder Gas mehr bekommen. Ihnen wird im wahrsten Sinne des Wortes der Hahn zugedreht", sagte DIHK-Präsident Peter Adrian dem RND. "Ohne Energie aber kann keine Wirtschaft laufen."
- Nachrichtenagentur dpa
- daserste.de: "Maischberger"-Sendung vom 6. September 2022
- twitter.com: @MFratzscher