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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Politik "für Doofis" Lanz wirft SPD-Chef Klingbeil Wählerverdummung vor
"Wir sind schuld, dass Sie in NRW so schlecht abgeschnitten haben?" Lanz traute seinen Ohren nicht. Er attestierte SPD-Chef Klingbeil geradezu Wählerverdummung. Der argwöhnte: Berichtet Lauterbach an Lanz?
Markus Lanz und SPD-Chef Lars Klingbeil sind am Dienstagabend in der ZDF-Talkshow ungewöhnlich heftig aneinandergeraten. Es fing mit einem Disput über Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) an und wurde sehr schnell persönlich.
Klingbeil hatte angesichts des historisch schlechten Wahlergebnisses seiner Partei in Nordrhein-Westfalen gesagt, er müsse sich selbstkritisch fragen, was da in der Kommunikation mit den Wählern schiefgelaufen sei.
Womöglich sei in den vergangenen Wochen zu viel und zu detailliert über Waffenlieferungen an die Ukraine und zu wenig über die Sorgen der Bürger angesichts extremer Preissteigerungen geredet worden, mutmaßte er. Lanz fühlte sich da angesprochen und fragte ungläubig: "Wir sind schuld daran, dass Sie in NRW so schlecht abgeschnitten haben?"
Die Gäste
- Lars Klingbeil, SPD-Chef
- Kerstin Münstermann, Journalistin der "Rheinischen Post"
- Harald Welzer, Publizist
- Christoph Reuter, "Spiegel"-Auslandsreporter
"Jetzt verstehen Sie mich absichtlich falsch", warf Klingbeil dem Gastgeber vor. Der kam jedoch gerade erst in Fahrt. "Tut mir leid, ich teile diese Analyse wirklich zu null Prozent", bekräftigte Lanz. An den Einschaltquoten seiner Sendung zeige sich, welche Themen die Zuschauer interessierten und welche nicht.
"Meine Erfahrung ist: Wenn man den Leuten was zumutet, wenn man den Leuten differenzierte Kommunikation anbietet, verstehen die das erstaunlicherweise", spöttelte der Moderator.
Die SPD geht seiner Ansicht nach den entgegengesetzten Weg in Richtung Wählerverdummung. Er erregte sich insbesondere über den Dreh von Klingbeil und SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert, die am Wahlabend bemerkenswert selbstbewusst verkündet hatten: "Schwarz-gelb ist abgewählt worden."
Lanz: SPD-Politik "für Doofis"
"Wenn es so unterkomplex wird, so ganz schlicht – ehrlich gesagt, ein bisschen für Doofis, so nach dem Motto 'Guck mal, Schwarz-gelb ist abgewählt, war das nicht ein großartiger Abend für uns' –, dann kriegen die Leute einen Hals, weil sie sagen: 'Was wollen die uns jetzt eigentlich verkaufen?'", sagte Lanz. "Das ist Marketing. Das ist Politikverkaufen."
Lanz pries dagegen die differenzierte Kommunikation des Vizekanzlers Robert Habeck. Dessen Parteifreundin Aminata Touré, Spitzenkandidatin in Schleswig-Holstein, hatte allerdings ebenfalls von einer Abwahl der CDU-FDP-Landesregierung gesprochen. Klingbeil räumte in der ZDF-Talkshow ein, die Kommunikation am Wahlabend sei womöglich ein wenig "zu pushy" gewesen.
Möglicherweise hatte für Lanz das Ganze mit Lauterbach angefangen. Er konfrontierte Klingbeil zu Beginn der Sendung damit, dass dieser den Minister angeblich während einer Präsidiumssitzung nach der NRW-Wahl kritisiert haben soll – "weil der als Einziger aus der ersten Reihe direkt am Abend noch gesagt hat: Das ist eine saftige Klatsche".
Klingbeil: Keine Differenzen mit Karl Lauterbach
"Karl Lauterbach war gar nicht in der Sitzung", erwiderte der SPD-Chef ruhig. "Ich weiß, ist ja egal, Sie haben aber über ihn gesprochen", erwiderte Lanz. "Ich berichte nicht aus Präsidiumssitzungen", mauerte Klingbeil. Glücklicherweise würden das ja andere tun, sagte der Moderator. Da äußerte Klingbeil einen Verdacht. "Herr Lauterbach ist ja oft hier. Vielleicht berichtet der Ihnen ja. Aber ich tue das nicht", sagte er.
"Karl Lauterbach und ich haben ein super Verhältnis", schob Klingbeil rasch hinterher. "Wir haben gestern erst telefoniert. Wir haben keine Differenzen." Lanz ließ nicht locker. "Er hat getwittert, Karl Lauterbach hat gewittert", freute sich der Gastgeber. Bei Klingbeil verfing das nicht. "Ich habe den Tweet gesehen. Ich glaube, ich hab ihn sogar geliket." "Da versucht es einer mit Ehrlichkeit und zack, fängt er sich eine ein", bilanzierte Lanz.
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SPD-Chef verteidigt Lambrecht
Nach einer halben Stunde Sendezeit flachte Lanz' Konfrontationskurs bei Verteidigungsministerin Christiane Lambrecht (SPD) merklich ab. Er wiederholte eine Reihe von Vorwürfen, die die Eignung der Sozialdemokratin für das Amt in so anspruchsvollen Zeiten in Zweifel ziehen sollen. Hier gebe es "das ungute Gefühl, dass jemand nicht in seinem Job angekommen ist", behauptete der Moderator.
"Sie macht den Job gut", sagte Klingbeil hingegen und schloss einen Rücktritt der Ministerin aus. Was er aus der Bundeswehr höre, sei positiv. "Aber wir müssen nicht drum herumreden, dass es in den letzten Wochen natürlich auch Berichterstattung gab, die schwierig war", schränkte er ein.
Klingbeil: Lambrecht hat das Recht, Urlaub zu machen
Den umstrittenen Hubschrauberflug mit Lambrechts Sohn wollte der SPD-Chef nicht dazuzählen. Die Ministerin habe sich hier an Vorschriften gehalten und habe das Recht, Urlaub zu machen.
Bei anderen Politikern sei ein solcher Aufschrei in der Vergangenheit ausgeblieben, wunderte sich Klingbeil. Der frühere Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) etwa habe seine Frau häufig auf Auslandsreisen mitgenommen, was ja legitim sei: "Das hat nie jemand kritisiert."
"Aber das mangelnde Fingerspitzengefühl, Kinder mit in eine Regierungsmaschine zu nehmen, auch wenn sie das bezahlt: Das geht doch einfach nicht", warf Kerstin Münstermann von der "Rheinischen Post" ein.
- "Markus Lanz" vom 17. Mai 2022