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Zum journalistischen Leitbild von t-online."#Einkerzen" geht weiter Staatsschutz ermittelt wegen Kerzenprotest vor Söder-Residenz
Wie bedrohlich sind auf den Boden abgelegte Kerzen von NoCovid-Befürwortern? In München ermittelt deshalb der Staatsschutz. Der Protest geht offenbar trotzdem weiter.
Kerzen und Plakate vor der Staatskanzlei von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sind Auslöser von Ermittlungen des Staaatsschutzes. Deutschlandweit werden seit dem vergangenen Wochenende Kerzen an Regierungssitzen, Landtagen und Rathäusern unter dem Motto "Zündet eure Kerzen doch selbst an!" abgelegt. Damit soll unentschlossenes Handeln der Politik in der Coronakrise kritisiert werden. Die Kerzen waren eine Reaktion auf den Appell der Ministerpräsidenten, die Bürger sollten für die Opfer der Coronakrise Kerzen in die Fenster stellen.
In München ist deshalb aber die Polizei aktiv geworden. Am Söder-Amtssitz am Franz-Josef-Strauß-Ring 1 wären Kerzen auf dafür nicht genehmigten Flächen abgelegt worden, so die Polizei. Eine Sprecherin bestätigte am Freitag t-online, dass deshalb das entsprechende Kommissariat die Arbeit aufgenommen habe.
Ermittelt werde, weil der Vorfall im Kontext von Kritik an den Corona-Maßnahmen stehe. Deshalb sei der Staatsschutz zuständig. Ermittelt worden sei dort bisher vor allem wegen Aktionen aus dem Lager der vom Verfassungsschutz beobachteten "Querdenken"- und "Corona-Rebellen"-Szene, die gegen die Maßnahmen kämpft. Dabei geht es um Plakate, auf denen die Corona-Politik als zu wenig konsequent kritisiert wird. Eine Straftat wird den Beteiligten nicht vorgeworfen.
Initiator rechnet mit noch mehr Protest
Als die Nachricht von möglichen Ermittlungen des Staatsschutzes durch einen Bericht des Bayerischen Rundfunks bekannt wurde, löste das unter NoCovid-Befürwortern Empörung und eine Spendenaktion zum Ausgleich möglicher Bußgelder aus. Der Ideengeber der Aktion "#Einkerzen", der Krisenmanager Marcus Ewald, geht davon aus, dass am kommenden Wochenende erst recht in München wieder Kerzen abgelegt werden.
Deutschlandweit werde die Aktion noch deutlich größer als am vorigen Wochenende, so Ewald zu t-online. Da fand die Aktion – unterstützt von dem Aktionsbündnis "Grüne Zonen" – in 71 Städten statt, darunter in allen Landeshauptstädten. "Mir haben Menschen aus ganz Deutschland geschrieben, wie gut es getan hat, endlich ein Ventil für ihren Frust über die Langsamkeit der Entscheiderinnen und Entscheider zu haben."
An mehreren Standorten wurden die Kerzenberge immer wieder abgeräumt. Deshalb, so Ewald, gebe es am kommenden Wochenende auch die Idee von Mahnwachen. "Da kann dann von Rednern etwa das Konzept von NoCovid und das schnelle Senken von Infektionszahlen vortragen werden." Mit den aktuellen Entscheidungen habe sich wenig gebessert: "Das Infektionsschutzgesetz garantiert dauerhaft hohe Inzidenzen. Hoch genug, dass die Kliniken voll und unsere Leben leer bleiben."
Ermittlungen gegen zwei Frauen und Unbekannte
Laut Polizei München wurden zwei Frauen (36 und 40) angezeigt, die "beim Ablegen von Kerzen und Aufhängen von Kerzen und einem Plakat angetroffen werden konnten". Dabei gehe es um Verstöße gegen die Plakatierungsverordnung der Stadt München.
Die Frauen waren zunächst von der Polizei an der Staatskanzlei auf einen entfernten Platz verwiesen worden, aber dort dann erneut angehalten und angezeigt worden, wie es auf einer Unterstützerseite heißt. Den Ablauf kommentierte die Polizei nicht. Angeblich soll dort von Polizisten der Satz gefallen, es gebe "Anweisung von oben", gegen sie vorzugehen. Auch das kommentierte die Polizei nicht.
Bei drei weiteren Plakaten wird nun im Nachhinein ermittelt. Bisher seien dazu keine Tatverdächtigen ermittelt.
- Eigene Recherchen
- br24.de: Corona-Gedenken: Proteste gegen fehlenden Einsatz in Pandemie
- muenchen.de: Verordnung der Landeshauptstadt München über das Anbringen von Anschlägen und Plakaten
- GoFundMe: Helft #einkerzen Aktivistinnen