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Corona-Impfstoff: Warum die neue Biontech-Studie problematisch ist


Geleaktes Manuskript
Warum die neue Biontech-Studie problematisch ist

Von dpa
Aktualisiert am 22.02.2021Lesedauer: 4 Min.
Biontech-Pfizer-Impfstoff: Der Pharmakonzern hat mit dem israelischen Gesundheitsministerium eine Studie durchgeführt (Symbolbild).Vergrößern des Bildes
Biontech-Pfizer-Impfstoff: Der Pharmakonzern hat mit dem israelischen Gesundheitsministerium eine Studie durchgeführt. (Quelle: agrarmotive/imago-images-bilder)
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Ein bislang unveröffentlichtes Manuskript von Biontech und Pfizer schätzt den Corona-Impfstoff als "hocheffektiv" ein. Warum diese Einschätzung tückisch ist und was noch in dem Dokument steht.

Bremst der Biontech-Impfstoff das Virus aus? Die Antwort auf diese Frage wird sehnsüchtig erwartet: Kann die Corona-Impfung die Pandemie eindämmen, indem sie Infektionen in größerem Maßstab verhindert? Zum Impfstoff von Biontech/Pfizer ist nun ein unveröffentlichtes Manuskript in Umlauf, das das nahelegt. Doch noch sind die Ergebnisse schwer zu interpretieren. Die wichtigsten Antworten dazu:

Ist nicht längst bekannt, wie gut die Impfstoffe wirken?

Ja und nein. Tatsächlich gibt es für die drei in der EU zugelassenen Impfstoffe belastbare Daten, wie gut sie vor einer Corona-Erkrankung schützen. Der Wirkstoff von Biontech/Pfizer kommt dabei auf Wirksamkeitswerte von mehr als 90 Prozent. Allerdings war bislang unklar, ob die Impfstoffe nur dafür sorgen, dass die Krankheit nicht ausbricht, oder auch vor der Infektion als solcher schützen. Das ist ein wichtiger Unterschied, denn um die Pandemie schnellstmöglich einzudämmen, sollten sich so wenig Menschen wie möglich infizieren. In Deutschland haben bislang rund zwei Prozent der Bevölkerung schon die zweite Impfdosis erhalten, die meisten das Biontech-Mittel.

Was für ein Manuskript kursiert da im Moment?

Es handelt sich um eine bislang unveröffentlichte Publikation von Biontech und Pfizer zusammen mit dem israelischen Gesundheitsministerium. Darin wurde anhand israelischer Gesundheitsdaten von Geimpften und Ungeimpften unter anderem untersucht, wie gut der Wirkstoff vor Erkrankungen schützt, aber auch vor Infektionen. Wichtig zu wissen dabei: Das Manuskript ist weder von den Unternehmen veröffentlicht noch in einem von Experten begutachteten Fachjournal erschienen. Es wurde israelischen Journalisten des Internetportals "ynet" zugespielt und liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Weder Biontech noch das israelische Gesundheitsministerium wollten sich dazu äußern.

Was steht im Manuskript?

Der Wirkstoff sei "hocheffektiv" bei der Verhinderung von Infektionen mit Sars-CoV-2, schreiben die Autoren. Sie hatten die Daten von Zehntausenden positiven Coronatests in Israel zur Verfügung und haben geschaut, wie viele der Infizierten geimpft oder eben nicht geimpft waren. Das Ergebnis: Der Anteil der Menschen mit vollem Impfschutz, der in einem bestimmten Zeitraum positiv auf Corona getestet wurde, war wesentlich niedriger als der Anteil bei den Nichtgeimpften. Die Studienautoren schreiben in Bezug auf diesen Schutz von einer "Effektivität" von 89,4 Prozent.

Warum ist diese Zahl mit Vorsicht zu genießen?

Die Ergebnisse der Studie sind nicht so eindeutig, wie die nackte Zahl zunächst vermuten lässt. So geben die Autoren selbst zu bedenken, ihre Herangehensweise könnte dazu geführt haben, dass der Effekt der Impfung auf Infektionen überschätzt wird. Denn in Israel werden Ungeimpfte häufiger getestet als Geimpfte. Allein aus diesem Grund könnte es also schon mehr positive Tests in der Gruppe der Ungeimpften gegeben haben. Das israelische Nachrichtenportal "ynet" schreibt zudem: "Im Gesundheitsministerium wurde klargestellt, dass die Daten zur Wirksamkeit gegen Infektionen im Vergleich zu den anderen Daten am wenigsten gewiss seien."

Was sagt ein deutscher Fachmann zu den 89,4 Prozent?

Impf-Experte Sebastian Ulbert vom Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI) tut sich mit einer Beurteilung im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur schwer. Er hält den Wert von 89,4 Prozent für wenig belastbar. So habe es bei der Untersuchung nicht zwei definierte Gruppen (Geimpfte und Ungeimpfte) gegeben, die in festgelegter Form regelmäßig getestet wurden. Stattdessen wurde auf Daten freiwilliger Tests zurückgegriffen, die Vergleiche nur schwer möglich machen. Zudem hofft der Experte, dass das Vorgehen der Studienautoren durch den nun folgenden wissenschaftlichen Begutachtungsprozess detaillierter und nachvollziehbarer dargestellt wird, als es in der momentanen Fassung der Fall ist.

Welche Bedeutung hätte es, wenn die Ansteckungsgefahr für Geimpfte wesentlich geringer wäre?

Die Hoffnung ist, dass sich Geimpfte nur noch selten mit Sars-CoV-2 anstecken und dadurch den Erreger auch nicht weitergeben. Das würde enorm helfen, um die Infektionslage in den Griff zu bekommen. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach interpretiert die Ergebnisse des Manuskripts dann auch in diese Richtung. "Diese Auswertungen sind von großer Bedeutung. Sie sind der erste klare Hinweis darauf, dass man sich nach der Impfung nicht ansteckt und auch nicht ansteckend ist", sagte der SPD-Politiker der "Bild am Sonntag". Damit würde die Impfung eine Herdenimmunität tatsächlich ermöglichen. "Und die Rückkehr zum normalen Leben möglich machen. Zumindest deuten das die Ergebnisse mit Biontech zum jetzigen Zeitpunkt an."

Wann könnte es mehr Klarheit geben?

Noch haben sich Pfizer und Biontech nicht zu der durchgesickerten Manuskript-Fassung geäußert. Es war erwartet worden, dass die beiden Unternehmen das Papier in den kommenden Tagen veröffentlichen. Israels Corona-Beauftragter Nachman Asch sagte dem Armeesender am Sonntag, es sei noch unklar, inwieweit die Corona-Impfung auch eine Ansteckung anderer verhindere. Er hoffe, dass man in den kommenden Wochen mehr darüber herausfinden werde. Auch andere Impfstoffhersteller haben Studien zu diesem Thema laufen.

Welche Ergebnisse stehen noch in dem Studien-Manuskript?

Die Untersuchung bestätigt noch einmal, dass der Impfstoff sehr wirksam Erkrankungen und auch Covid-Todesfälle verhindert. Zudem zeigte die Studie, dass der Impfstoff auch bei der ansteckenderen Variante B.1.1.7 wirkt, die erstmals in Großbritannien nachgewiesen wurde. Denn zum Zeitpunkt der Untersuchung waren bereits vier von fünf positiven Tests auf die Variante zurückzuführen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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